Niederlande - Küstenschutz um 1300

Europa - Leben mit dem Wasser
978-3-14-100870-8 | Seite 133 | Abb. 2| Maßstab 1 : 2000000

Überblick

Am Ende der letzten Eiszeit, der Weichsel-Eiszeit (ca. 70 000 - 10 000 v. Chr.) transportierten die Schmelzwässer der Gletscher durch das Urstromtal des Rheins neben Kies, Sand und Schluff auch großen Mengen an Ton in Richtung Nordsee. Weil es keine geschlossene Vegetationsdecke gab, waren die feinkörnigen eiszeitlichen Ablagerungen den Winden ausgesetzt. Weite Teile des Landes wurden mit einer Schicht aus Flugsanden überdeckt, im südlichen Landesteil teilweise auch mit fruchtbarem Löss. Wo die Schmelzwässer nicht in den tonhaltigen Untergrund einsickern konnten, bildeten sich ausgedehnte Hochmoore, deren Restbestände sich heute vor allem im Osten des Landes finden.

Landesnatur und Küstenschutz um 1300

Durch das Abschmelzen der Gletscher kam es in der Nacheiszeit zu einem starken Anstieg des Meeresspiegels, der an der niederländischen Küste zu periodischen Überflutungen führte. In den küstennahen Bereichen wurden die eiszeitlichen Ablagerungen durch mehrere Meter starke Schichten von Meeressedimenten überlagert, aus denen fruchtbare Seemarschen entstanden. Ähnliche Prozesse vollzogen sich entlang der Unterläufe der großen Flüsse, wo sich durch Ablagerung der mit dem Flusswasser herangeführten Schwebefracht ausgedehnte Flussmarschen bildeten. Dies erklärt den für die Niederlande bis heute charakteristisch hohen Anteil von Fluss- und Seemarschen an der Landesfläche.

Etwa ab dem 11. Jahrhundert begannen die Bewohner der Küste, ihre Acker- und Siedlungsflächen durch die Anlage von Deichen vor Hochwassern zu schützen. Als Material für die Ausschüttungen verwendeten sie Marschboden. Der Name der Stadt Amsterdam beispielsweise geht auf einen solchen "Damm" zurück, der um 1270 errichtet wurde. Die mittelalterlichen Deiche waren den heutigen zwar im Querschnitt ähnlich, wenn auch mit einer anderen Außenböschungsneigung, aber sie waren nach heutigem Maßstab mit einer Höhe von nur 1 bis maximal 1,2 Metern sehr niedrig. Sie ähnelten damit den heutigen Sommerdeichen auf den Halligen, die das Land zwar vor der alltäglichen Flut schützen, aber bei Sturmfluten regelmäßig überspült werden. Noch bis ins 15. Jahrhundert wurden Deiche meist mit einer Höhe von nur einem Meter über dem mittleren Tidehochwasser ausgeführt.

Während die Maßnahmen zum Küstenschutz immer stärker ausgedehnt wurden, setzte in den Niederlanden um die Mitte des 13. Jahrhunderts auch die Gewinnung von Neuland ein. Ausgelöst wurde dieser Prozess dadurch, dass die alten Flussmündungen im Deltagebiet von Rhein, Maas und Schelde zunehmend verschlickten. In den Flussmündungen im Südwesten des Landes bildeten sich dadurch zahlreiche Inseln.

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