Klima

Deutschland - Deutschland - Klima und Landwirtschaft
978-3-14-100770-1 | Seite 70 | Abb. 1| Maßstab 1 : 3500000

Informationen

Der Wärme- und der Wasserhaushalt sind die wichtigsten Steuerungsgrößen des Klimas. Sie beeinflussen in entscheidendem Maße das Pflanzenwachstum und zahlreiche weitere Prozesse in der Natur. Letztlich entscheiden diese beiden Parameter über die klimatische Gunst oder Ungunst eines Raumes, nicht zuletzt für den Menschen. Der Temperatur als Ausdruck der Wärmeverhältnisse und den Niederschlägen als wichtigem Anzeiger der Feuchtigkeitsbedingungen kommt deshalb bei der Charakterisierung verschiedener Klimate eine besondere Bedeutung zu.

Zum Aufbau der Klimakarte
Die Klimakarte von Deutschland zeigt diese beiden Klimafaktoren in einer kombinierten Darstellung. Die durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmengen dienen dabei zur hygrischen Klimadifferenzierung. Sie sind nach ökologischen Gesichtspunkten in sieben Stufen gegliedert. Obwohl die Niederschläge nur ein Glied der klimatischen Wasserbilanz eines Raumes sind und ihnen eigentlich die entsprechenden Verdunstungswerte der betreffenden Landschaft gegenüber gestellt werden müssten, kann bei einer mittleren jährlichen Niederschlagsmenge von unter 500 Millimetern (1 Millimeter = 1 Liter pro m²) von ariden Klimaverhältnissen ausgegangen werden. Die trockenen Perioden sind im Jahresablauf länger als die feuchten. Erst ab einer Niederschlagsmenge von etwa 800 Millimetern pro Jahr steht genügend Feuchtigkeit für das Pflanzenwachstum zur Verfügung, sodass Schäden durch Trockenheit in der Land- und Forstwirtschaft weitgehend ausgeschlossen sind. Niederschlagsmengen von mehr als 1200 Millimetern deuten in Mitteleuropa auf ein ganzjährig humides Klima hin.
Zur thermischen Klimaeinteilung wird in der Karte die Zahl der Monate mit einer Durchschnittstemperatur von mindestens 10 °C herangezogen. Dieser Wert gilt für weite Teile der mitteleuropäischen Pflanzenwelt, insbesondere für die Waldbäume wie die Buchen, aber auch für Kulturpflanzen wie den Mais, als Schwellenwert für die thermische Hauptvegetationszeit. (Neue Maiszüchtungen erlauben schon bei Durchschnittstemperaturen von 7 °C ein deutliches Wachstum.) Während dieser eigentlichen Wachstumsphase erreichen die Pflanzen durch die verstärkte Photosynthese ihren stärksten Stoffgewinn und beginnen zu fruchten. Bei Monatsdurchschnittstemperaturen unter 10 °C erzielt die Vegetation hingegen kaum Zuwachsraten, auch wenn Wiesen und Weiden oder auch Nadelwälder zum Teil grün erscheinen.
Aus der Überlagerung der sieben Niederschlagsklassen und der Zahl der Monate mit Durchschnittstemperaturen von mindestens 10 °C als Ausdruck der thermischen Hauptvegetationszeit ergeben sich in der Klimakarte für Deutschland theoretisch 49 verschiedene Klimatypen, von denen in der Realität jedoch nur 22 auftreten. Jeder dieser Typen ist durch eine Buchstaben-Zahlen-Kombination gekennzeichnet. Der Großbuchstabe (in der Farbmatrix waagerecht aufgeführt) gibt dabei die Klasse der jährlichen Niederschlagssumme an, die Ziffer (senkrecht abzulesen) die Zahl der Monate der thermischen Hauptvegetationszeit. Die entsprechende Kombination steht im Schnittfeld der beiden Achsen. Auf dieser Basis wurde für Deutschland eine Karte der hygrischen und thermischen Klimaverhältnisse entwickelt, Datengrundlage war der Standard-Messzeitraum von 1901 bis 1960.

Zum Klima Deutschlands
Da sowohl die Niederschläge als auch die Temperatur eine starke Abhängigkeit von der Höhenlage zeigen, zeichnet die Klimakarte gleichsam das Großrelief von Deutschland nach. Deutlich treten die Mittelgebirge und der Alpenraum als feucht-kühle Klimainseln hervor (G2/G3). Dort geht die Zahl der thermischen Hauptvegetationsmonate bis auf zwei zurück. Die Niederschläge erreichen indes in den Hochlagen des Schwarzwaldes, der Vogesen, des Bayerischen und Böhmerwaldes, vor allem aber im Alpenraum mittlere Jahressummen von über 1600 Millimetern. Da die Bodenreibung mit zunehmender Höhe abnimmt, steigen die Windgeschwindigkeiten entsprechend an. Dadurch kann in einer bestimmten Zeiteinheit mehr Luft – und damit mehr Feuchtigkeit – herantransportiert werden als in tieferen Lagen; eine Folge dieser Konstellation sind erhöhte Niederschläge.
Neben der Höhenlage spielt aber auch der Verlauf der Gebirgszüge eine wichtige Rolle für die Niederschlagsmengen. So steigen die Niederschläge an den Westflanken der Gebirge (Luvseite) wegen der in mittleren Breiten in der Höhe vorherrschenden Westwinde deutlich an. Hier werden die Luftmassen durch Staueffekte zum Aufstieg gezwungen, kühlen sich dabei ab und beginnen zu kondensieren; dadurch entstehen Wolken, aus denen Niederschläge fallen. Die den Winden abgewandten Leeseiten der Gebirge liegen hingegen im Regenschatten. Aus diesem Grund nehmen die Niederschläge in den geschützten Tallagen (wie etwa im Inntal) deutlich ab.
Dem feucht-kühlen Klimacharakter des Mittelgebirgs- und Alpenraumes steht der Oberrheingraben als ausgesprochen trocken-warme Klimaregion gegenüber (A7-C7). Hier fallen im langjährigen Mittel z. T. weniger als 500 Millimeter Niederschlag. Die geschützte Leelage zu den Vogesen und zum Pfälzer Wald spielt hierbei eine wichtige Bedeutung. Die über sie hinweg streichenden Westwinde sinken im Bereich des Oberrheingrabens föhnartig ab, sodass sich die Wolken teilweise auflösen. Die thermische Hauptvegetationszeit mit monatlichen Durchschnittstemperaturen von mindestens 10 °C erreicht im Oberrheingraben mit bis zu sieben Monaten die höchsten Werte innerhalb Deutschlands. In weiten Teilen Ostdeutschlands fallen im Mittel zwischen 500 und 600 Millimeter Jahresniederschlag, wobei die Werte im Bereich der Magdeburger Börde und um Halle zum Teil noch niedriger liegen.
In weiten Teilen Westdeutschlands liegen die Durchschnittswerte bei etwa 600 bis 1000 Millimetern (hygrische Kontinentalität). Die thermische Hauptvegetationsperiode erreicht dabei etwa vier bis fünf Monate. Der Grad der thermischen Kontinentalität kommt im Vergleich der mittleren Januar- und Julitemperaturen zum Ausdruck, die in der Karte für einige Klimastationen eingetragen sind.
Helgoland zeigt mit einer Jahresschwankung von 13,3 °C einen für die mittleren Breiten ausgesprochen maritimen Charakter. Mit zunehmender Entfernung vom Meer nimmt diese Jahresschwankung der monatlichen Durchschnittstemperaturen zu. Östlich der Linie Rostock–Braunschweig–Kassel–Schwarzwald fallen die durchschnittlichen Januartemperaturen unter den Gefrierpunkt. Berlin zeigt mit einer Jahresamplitude von 18,3 °C bereits deutlich einen kontinentalen Klimacharakter.
Die im Atlas abgebildeten fünf Klimadiagramme dienen zur Verdeutlichung des Jahresganges von Temperatur, Niederschlag und potenzieller Landschaftsverdunstung. Aus ihnen kann die Zahl arider und humider Monate sowohl nach dem System von Walther/Lieth (Temperatur-Niederschlags-Verhältnis) als auch nach dem Verfahren von Lauer/Frankenberg (Verhältnis von potenzieller Landschaftsverdunstung und Niederschlag) abgelesen werden. Dabei fällt auf, dass die Zahl der ariden Monate bei dem physikalisch exakteren Verfahren von Lauer/Frankenberg in der Regel größer ausfällt als bei Walther/Lieth (z. B. Oberrotweil: fünf aride Monate nach Lauer/Frankenberg, kein arider Monat nach Walther/Lieth).
A. Siegmund, P. Frankenberg

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