Europa - Zeit der ersten Kreuzzüge Ende 12. Jahrhundert

Europa - Europa - Mittelalter
978-3-14-100870-8 | Seite 102 | Abb. 2| Maßstab 1 : 30000000

Überblick

Bis 1200 hatte sich der christliche Glaube in fast ganz Europa durchgesetzt, lediglich in den noch nicht christianisierten Gebieten im Ostseeraum gab es noch Stammesreligionen und im maurischen Spanien eine muslimische Herrschaft. Die Christenheit war allerdings seit dem Großen Morgenländischen Schisma (1054) in die lateinische und die orthodoxe Kirche gespalten und wurde im Osten durch die Ausdehnung des muslimischen Machtbereichs bedroht.

Das Zeitalter der Kreuzzüge begann, als Papst Urban II. einen Hilferuf des byzantinischen Kaisers erhielt, weil dessen Reich von den muslimischen Seldschuken bedroht wurde. Im Jahre 1095 rief das Oberhaupt der lateinischen Kirche die gesamte Christenheit zu einem Heiligen Krieg zur "Befreiung" Jerusalems auf. Die aufgebrachten Massen fielen daraufhin in Deutschland und Frankreich mordend und plündernd über Judenviertel her, doch auf ihrem unorganisierten Vormarsch ins Heilige Land wurden sie von den Seld-schuken in Kleinasien vernichtend geschlagen. Der 1. Kreuzzug, der im darauffolgenden Jahr begann, führte zur Errichtung verschiedener Kreuzfahrerstaaten - des Königreichs Jerusalem sowie der Fürstentümer und Grafschaften Antiochia, Edessa und Tripolis -, war aber außerordentlich verlustreich. Während sich die christlichen Herrschaften im Nahen Osten in der Folgezeit durch Rivalitäten und Thronwirren selbst schwächten, sammelten die islamischen Herrscher ihre Kräfte. Die Rückeroberung Edessas durch die Seldschuken im Jahre 1146 löste den 2. Kreuzzug aus. Er endete mit einem militärischen Desaster und politischen Zerwürfnissen unter den beteiligten Franzosen und Deutschen.

Der Anlass des 3. Kreuzzugs war die Einnahme Jerusalems durch Sultan Saladin. Unter der Führung von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, König Philipp II. von Frankreich und Richard Löwenherz von England verließ eine eindrucksvolle Armee Europa, um das Königreich Jerusalem zurückzuerobern. Der deutsch-römische Kaiser, der die Landroute gewählt hatte, ertrank 1190 bereits auf dem Weg durch Kleinasien in einem Fluss. Richard Löwenherz, der den Seeweg gewählt hatte, nahm zunächst Zypern ein. 1191 gelang ihm die Eroberung eines schmalen Küstenstreifens rund um Akkon, wo ein neues Königreich entstand. Größere militärische Erfolge dieses Kreuzzugs wurden jedoch durch die Uneinigkeit der Beteiligten verhindert.

Die folgenden Kreuzzüge scheiterten schon unterwegs oder brachten kaum Erfolg. Der 7. Kreuzzug von 1248 und der 8. Kreuzzug von 1270 waren die beiden letzten großen Anstrengungen des Abendlandes, den Kreuzfahrerstaaten zu Hilfe zu kommen. Zwar konnte Akkon bis zu seinem endgültigen Fall 1291 noch ein wenig gestärkt werden, aber Jerusalem und die Heiligen Stätten mussten die Kreuzfahrer verloren geben. Allerdings hatte sich der Kreuzzugsgedanke unterdessen in Europa ausgebreitet, wo man nun im Namen des Kreuzes gegen die ketzerischen Albigenser und die heidnischen Pruzzen und Esten im Baltikum zog.

Für die große Kreuzzugsbegeisterung im 11. bis 13. Jahrhundert gab es neben den religiösen auch soziale, demographische und wirtschaftliche Gründe. Die Entwicklung des Lehnswesens (Feudalismus) hatten in vielen europäischen Ländern zu sozialen Spannungen geführt. Durch die starke Zunahme der Bevölkerung im 11. Jahrhundert waren zahlreiche Bauern und ein Teil des niederen Adels landlos geworden, was ihre Auswanderungsbereitschaft stark begünstigte. Für die Kreuzzüge gab es aber auch wirtschaftliche Motive. Mit der Gründung städtischer Siedlungen im Schutz von Ritterburgen und Klöstern war es ab dem 10. Jahrhundert zu einer allgemeinen Belebung und Ausweitung des Handelsverkehrs gekommen. Für den Orienthandel brauchten insbesondere die italienischen Hafenstädte gesicherte Stützpunkte im Mittelmeer, die durch die seldschukischen Eroberungen bedroht wurden.

Ein Ziel der Kreuzzüge, die Wiedervereinigung der lateinischen und der orthodoxen Kirche, wurde allerdings nicht erreicht.

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