Europa - Migration

Europa - Europa - Bevölkerung
978-3-14-100384-0 | Seite 91 | Abb. 4

Überblick

Die gegenwärtigen Wanderungsbewegungen in bzw. nach Europa speisen sich aus mehreren Quellen.

Migration innerhalb Europas

Innerhalb der Mitgliedsstaaten können EU-Bürger ihren Wohn- und Arbeitsort frei wählen; daraus resultieren Wanderungsbewegungen zwischen den EU-Staaten. Nicht alle dieser Wanderungen sind dauerhaft (z. B. bei Aufnahme eines Studiums). Insbesondere aus Ländern wie Polen, Rumänien und Bulgarien pendeln viele junge Menschen zum Arbeiten nach West-, Mittel- und Südeuropa. Eingeleitet wurde die Öffnung der europäischen Binnengrenzen 1985 mit dem Schengener Abkommen, in dem sich die ersten Unterzeichnerstaaten – Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg – auf einen Verzicht auf Grenzkontrollen im Personenverkehr einigten. Dem Schengener Abkommen sind im Laufe der folgenden Jahre die meisten europäischen Staaten beigetreten (siehe Karte). Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Öffnung der europäischen Grenzen war die 1992 mit den Maastrichter Verträgen eingeführte EU-Bürgerschaft.

Migration nach Europa

Eine weitere große Gruppe von Migranten stellen Asylsuchende dar. Die Asylsuchenden stammen vor allem aus Bürgerkriegs- und Konfliktregionen in Afrika und Asien (Syrien, Irak, Nigeria, Afghanistan, Iran, Türkei, Somalia …). Die Zahl der Asylsuchenden ist zwischen 2012 und 2015 stark gestiegen, seitdem geht sie wieder etwas zurück. Die EU-Staaten haben ein einheitliches Regelwerk geschaffen, nach dem Menschen, die zum Beispiel aus politischen oder religiösen Gründen aus ihren Heimatländern fliehen, in der EU Aufnahme finden. Im Rahmen eines Asylverfahrens wird unter anderem geprüft, ob anerkannte Fluchtgründe vorliegen. Um den Zustrom von Flüchtlingen aus Afrika und Westasien nach Europa zu begrenzen, agiert die EU auf verschiedenen Ebenen. Entlang der Grenzen findet eine Land-, See- und Luftüberwachung statt (gemeinsame Grenzsicherung). Mit Nachbarstaaten der EU wurden im Rahmen der Nachbarschaftspolitik Abkommen getroffen. Die EU verfolgt damit das Ziel, Flüchtlingsströme bereits auf deren Territorium zu unterbinden. An einigen Stellen haben die EU-Staaten Grenzbefestigungen errichtet, zum Teil auch innerhalb des Schengen-Raumes (Ungarn, Slowenien, Griechenland). Seit 2016 bestehen an den Außengrenzen zentrale Erstaufnahmelager der EU für Flüchtlinge. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass die Flüchtlingsströme nach der Umsetzung neuer Maßnahmen oft nur kurzzeitig zurückgehen. Zu beobachten ist eine Verlagerung auf andere Fluchtwege. So kam es 2014 verstärkt zu Fahrten von schrottreifen „Geisterschiffen“, die ohne Besatzung, aber mit mehreren hundert Flüchtlingen an Bord auf die europäischen Küsten zutrieben. Nach Abkommen zwischen der EU und der Türkei über die Rücknahme von Flüchtlingen und der De-facto-Unterbrechung der Balkanroute Anfang 2016 stiegen die Zahlen der über Libyen kommenden Bootsflüchtlinge im Mittelmeer wieder stark an. Häufig agieren kriminelle Schlepper- und Schleuserbanden im Hintergrund, die mit der Not der Flüchtlinge ihr Geschäft machen. Fluchtgründe in den Herkunftsländern reduzieren zu wollen, ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation vor allem ein langfristig zu verfolgendes politisches Ziel der EU, von dem keine kurz- oder mittelfristigen Änderungen erwartet werden können. Vielmehr werden Faktoren wie die Verschärfung der Wassersituation in Trockenräumen oder die Folgen des Klimawandels und daraus resultierende Konflikte zunehmend Fluchtgründe sein.

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