Weltmeere - Meeresspiegeländerung

Erde - Erde
978-3-14-100870-8 | Seite 16 | Abb. 4| Maßstab 1 : 240000000

Überblick

Die Karte zeigt die durchschnittliche jährliche Veränderung des Meeresspiegels im Zeitraum 1993-2010. Eine Einordnung über einen größeren Zeitraum ermöglicht das Diagramm. Es zeigt, dass der Meeresspiegel seit 1880 um mehr als 20 Zentimeter gestiegen ist - im weltweiten Durchschnitt, regional werden auch weit höhere Anstiege erreicht. Der Meeresspiegelanstieg hat zwei Hauptursachen. Zum einen führen die gegenwärtig zunehmenden Lufttemperaturen zu einer Erwärmung vor allem des oberflächennahen Meerwassers. Das Wasser dehnt sich dabei aus, der Meeresspiegel steigt (thermische Expansion). Zum anderen schmelzen infolge der zunehmenden Lufttemperaturen Gletschereis und Eisschilde (Eisschmelze). Dies führt zu einem erhöhten Eintrag an Wasser in die Ozeane. Dadurch steigt deren Wassermenge und in der Folge auch der Meeresspiegel. (Zu den weiteren Einflussgrößen zählen Landhebungen und -senkungen.) Die gegenwärtigen Beiträge der beiden Hauptursachen lassen sich anhand der Periode 2003-2008 abschätzen. Der durchschnittliche Meeresspiegelanstieg betrug in diesem Zeitraum 2,5 Millimeter pro Jahr. Davon entfielen auf die thermische Expansion ein Viertel und auf die Eisschmelze drei Viertel (zwei Viertel aus polaren Eiskappen/-schilden plus ein Viertel aus Inlandsgletschern außerhalb der Polarregionen).

Das Zusammenspiel verschiedenster Faktoren - beispielsweise der weltweit unterschiedliche Anstieg der Lufttemperatur, die Dichteanomalie des Wassers, Veränderungen im Salzgehalt des Meerwassers und die Dynamik der Meeresströmungen - führt dazu, dass der Anstieg des Meeresspiegels weltweit nicht einheitlich ausfällt. Es gibt neben Gebieten mit überdurchschnittlich hohen Anstiegen (Westpazifik) auch Gebiete, in denen der durchschnittliche Meeresspiegel sinkt (Ostpazifik). Oftmals liegen diese Gebiete sogar in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander, zum Beispiel im südlichen Indischen Ozean und im Nordwestatlantik.

Große Meeresspiegelschwankungen in geologischen Zeiträumen sind vielfach belegt. So lag zum Beispiel der Meeresspiegel während der Weichselkaltzeit etwa 120 Meter tiefer als heute. Allerdings wird die Erde heute von mehr als sieben Milliarden Menschen bewohnt; die Küstengebiete zählen zu den bevorzugten, besonders dicht besiedelten Gebieten. Dies macht Veränderungen des Meeresspiegels so brisant. Nach aktuellen Prognosen wird sich der Meeresspiegelanstieg im 21. Jahrhundert infolge des Klimawandels fortsetzen. Modellrechnungen ergeben Anstiege von bis zu einem Meter bis zum Jahr 2100. Derartige Prognosen zeigen, wie dramatisch die Entwicklung für küstennahe Tiefländer und flache Inseln sein wird.

Zu den am stärksten gefährdeten Gebieten zählen zum Beispiel die Niederlande, Florida und Bangladesch sowie Inselgruppen im Indischen und Pazifischen Ozean. Dort wird nicht nur der normale Wasserstand steigen, sondern auch das Risiko von Schäden durch Überflutungen bei Stürmen. Das Ausmaß der Schäden wird ganz wesentlich davon abhängen, inwieweit die jeweiligen Staaten und Gesellschaften in der Lage sind, Vorsorge durch Anpassungsstrategien zu treffen und Bewältigungskapazitäten aufzubauen. Dies wird wirtschaftlich schwachen Ländern mit geringem Entwicklungsstand (wie Bangladesch und vielen der kleinen Inselstaaten) deutlich schwerer fallen als wirtschaftlich starken Ländern mit hohem Entwicklungsstand (wie den Niederlanden und den USA).

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