Hessen - Wirtschaft und Verkehr

Hessen - Hessen - Wirtschaft und Strukturwandel
978-3-14-100389-5 | Seite 20 | Abb. 1| Maßstab 1 : 1000000

Überblick

Wirtschaftliche Entwicklung Hessens

Das Land Hessen ist verhältnismäßig arm an Rohstoffen – ein gewichtiger Grund, weshalb die industrielle Entwicklung zunächst langsamer verlief als in anderen Regionen Deutschlands. Lediglich im Dilltal wurde ebenso wie im benachbarten Siegerland seit dem Mittelalter Eisenerz gefördert, sodass sich hier schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Zentrum der Eisenerzverhüttung entwickelte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die chemische Industrie aufgrund zahlreicher wissenschaftlicher Entdeckungen zu einem bedeutsamen Wirtschaftszweig in Hessen auf. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich zwei industrielle Zentren herausgebildet: einerseits der Ballungsraum um Kassel in Nordhessen und andererseits die Rhein-Main-Region in Südhessen. In der Rhein-Main-Region, zu der auch angrenzende Gebiete von Rheinland-Pfalz und Bayern zählen, wurden so bedeutende Firmen wie die Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt (Degussa), die Farbenwerke Hoechst und der Automobilhersteller Opel gegründet.

 

Seit dem Wirtschaftswunder der 1950er-Jahre war Hessen eines der ersten Bundesländer, in dem sich der wirtschaftliche Schwerpunkt schnell und umfassend in die aufstrebenden Dienstleistungen verlagerte. Dies hing auch mit der Verkehrsgunst des Bundeslandes und dem US-amerikanischen Einfluss als Besatzungsmacht nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Schon Ende der 1980er-Jahre waren in diesem Sektor mehr Menschen beschäftigt als in der industriellen Produktion.

 

1983 kam im Lahn-Dill-Gebiet die Eisenerzförderung zum Erliegen und die Eisenerzverhüttung wurde eingestellt. 2003 wurde die Braunkohlenförderung um Borken in Nordhessen aufgegeben; seither wird nur noch Kalisalz in Osthessen gefördert.

Wirtschaftszentren in Hessen

In Hessen, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, haben sich viele internationale Konzerne niedergelassen. Dazu kommt die Bedeutung Frankfurts als wichtigstes europäisches Finanzzentrum mit dem Sitz der Europäischen Zentralbank, der weltgrößten Terminbörse Eurex und der Frankfurter Börse sowie den Zentralen aller wichtigen deutschen Großbanken. Frankfurt am Main gilt zudem als älteste Messestadt der Welt. Jedes Jahr finden hier international bedeutende Messen statt, u. a. die Frankfurter Buchmesse oder die IAA (Internationale Automobil-Ausstellung). Überragende Bedeutung im Rhein-Main-Gebiet haben immer noch der Maschinen- und Fahrzeugbau, die chemische und pharmazeutische Industrie, die Elektro- und Elektronikindustrie, die Gummi- und Lederwarenindustrie, das Druckgewerbe sowie die Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Besonders gefördert werden Zukunftstechnologien (Bio- und Medizintechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Umwelt- und Nanotechnologie).

 

In und um Kassel in Nordhessen spielen Kraftfahrzeugbau (u. a. in Baunatal) und die Herstellung von Lokomotiven und Waggons sowie von Komponenten für Photovoltaikanlagen eine große Rolle. Das osthessische Fulda ist Standort von Betrieben der chemischen und Gummi-Industrie (Reifenfabrikation), der Textilindustrie (Filze und Teppiche) und der Nahrungsmittelindustrie. Im Lahn-Dill-Gebiet liegen die Schwerpunkte – nach Aufgabe der Eisenerzverhüttung – heute auf der optischen, feinmechanischen und elektrotechnischen Industrie. Daneben spielen Gießereien und der Automatenbau eine große Rolle.

Wissenschaftsstandort Hessen

In Hessen gibt es fünf staatliche und drei private Universitäten sowie zahlreiche Fachhochschulen und anerkannte Forschungsinstitute. Das südhessische Darmstadt entwickelt sich dabei immer mehr zum Wissenschaftsstandort (u. a. Weltraumforschung/ESA).

Hessen – eine Verkehrsdrehscheibe

Hessen hat durch seine räumliche Lage im Westen von Deutschland, die Bedeutung des Rhein-Main-Gebietes, die gute Verkehrsinfrastruktur und die hervorragende überregionale Verkehrsanbindung eine große Bedeutung für den Transitverkehr – im Bundesland selbst, innerhalb von Deutschland und Europa sowie, durch den Flughafen Frankfurt, sogar weltweit.

Straßenfernverkehr

In Hessen verlaufen und kreuzen sich einige der meistgenutzten Autobahnen Deutschlands. Eine wesentliche Verbindung stellt die Autobahn A 3 dar. Sie verbindet die Niederlande mit Deutschland, verläuft über das Ruhrgebiet und die südlich anschließenden Städte Düsseldorf und Köln bis in das Rhein-Main-Gebiet. Von dort führt die A 3 weiter über Bayern bis nach Österreich. Eine bedeutende Transit-Autobahn ist auch die A 7, die durch das östliche Hessen verläuft. Die A 7 ist die längste deutsche Autobahn; sie verläuft von der dänischen Grenze bei Flensburg bis zur österreichischen Grenze bei Kempten. Eine ähnlich hochrangige Funktion hat die von Nordosten nach Süden führende Autobahn A 5, die am Hattenbacher Dreieck (Schnittpunkt mit der A 7) beginnt und bis zur Schweizer Grenze bei Basel führt. Das Hattenbacher Dreieck selbst ist mit durchschnittlich rund 130 000 Fahrzeugen pro Tag einer der verkehrsreichsten Knotenpunkte außerhalb von Ballungsräumen. Weitere wichtige Autobahnen in Hessen sind die A 4 (östlicher Teil, ab Kirchheimer Dreieck), die A 44, die A 45, die A 66 und A 67.

 

Die südhessische Region (Rhein-Main-Gebiet) ist durch die Kreuzung im Frankfurter Raum einer der bedeutendsten Knotenpunkte des europäischen Straßenverkehrs. Das Frankfurter Kreuz ist das am meisten benutzte Autobahnkreuz in Deutschland und gilt auch europaweit zu den Autobahnkreuzen mit dem höchsten Verkehrsaufkommen. Pro Tag verkehren dort durchschnittlich über 300 000 Fahrzeuge.

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