Afrika - Afrika - Sahara und Sahel
978-3-14-100870-8 | Seite 189 | Abb. 6

Überblick

Am Beispiel Niamey lassen sich klimatische Hintergründe von Desertifikationsprozessen und Krisensituationen in der Sahelregion erarbeiten. Die Station zeigt typische Merkmale der wechselfeuchten Tropen im nördlichen Afrika. Die Temperaturen sind ganzjährig sehr hoch, die Niederschläge fallen fast ausschließlich während der Sommermonate, wenn sich die Glieder der atmosphärischen Zirkulation mit dem Zenitstand der Sonne nach Norden verlagern und die Sahelzone im Einflussbereich der Nördlichen Innertropischen Konvergenzzone liegt (s. 15.4 und 187.5).

Der mittle Jahresniederschlag liegt in Niamey mit 541 Millimetern deutlich über der klimatischen Trockengrenze von 250 Millimetern. Im Mittel sind vier Monate humid (die Niederschlagssäulen übersteigen die Temperaturkurve). Allerdings zeigen die Jahreswerte eine große Schwankungsbreite - sie liegen zwischen 230 und fast 1000 Millimetern. Zudem ist die Saisonalität hoch. Rund 60 Prozent der Niederschläge fallen allein in den Monaten Juli und August. Häufig handelt es sich um nur lokal wirksame, wolkenbruchartige Starkniederschläge, die in der Folge mit hohen oberflächlichen Abflüssen verbunden sein können und den Boden nicht immer dauerhaft durchfeuchten.

Das Diagramm der Jahresniederschlagssummen zeigt auch, dass einzelne Jahre mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen nicht sofort zu Dürren führen. Dies ist erst der Fall, wenn es über mehrere Jahre hinweg unterdurchschnittlich regnet. Solche Perioden hat es im 20. und 21. Jahrhundert immer wieder gegeben. Allerdings war die letzte dieser Dürren länger als die anderen beobachten Dürren zuvor. Das Diagramm zeigt auch Anhaltspunkte für einen Trend sinkender Jahresniederschläge. Dies deckt sich mit den Vorhersagen von Klimamodellen (s. 16.3) und legt einen Zusammenhang zum anthropogenen Klimawandel nahe, was die Desertifikationsbekämpfung deutlich erschweren würde.

Feuchtephasen und Dürren im 20. Jahrhundert

Die relativ lange Feuchtphase 1936-1969 war in der Sahelzone geprägt durch ein rasches Anwachsen der Viehbestände, aber auch durch ein Vordringen des Hirseanbaus weit über die agronomische Trockengrenze hinaus. Zugleich wurden immer mehr Menschen im Umkreis neu errichteter Brunnen sesshaft. Während der nachfolgenden Jahre 1970-1974 gingen die Niederschläge unter den langjährigen Mittelwert zurück. Die Fortführung der intensiven Landnutzung durch die inzwischen sesshafte Bevölkerung führte zu großflächigen Desertifikationsschäden rund um die Siedlungen herum. Es kam zu einer Hungerkatastrophe. Zwischen 1975 und 1983 lagen die Jahresniederschlagsmengen im Bereich des langjährigen Mittels. Die Menschen betrieben weiterhin riskanten Hirseanbau, auch im Bereich der Anbaugrenzen; die Zahl der Schafe, Ziegen und Kamele erhöhte sich. Der verbliebene Baumbestand wurde in bedrohlichem Umfang dezimiert. Eine erneute Hungerkatastrophe ereignete sich Mitte der 1980er-Jahre, als der Jahresniederschlag 1984 auf einen langjährigen Tiefststand fiel. Es kam zu einem Ernteausfall bei den Hirsebauern und viele Tiere starben. Internationale Hilfsprogramme dienten der Krisenhilfe (Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Nahrung). Eine Verbesserung der ökologischen Situation trat ein, als ab 1989 eine relativ stabile Feuchtphase folgte; Krisenjahre wie 1997 konnten abgepuffert werden.

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