Entwicklung des Lebens (Modell)

Erde - Erde - Entwicklung der Kontinente und des Lebens
978-3-14-100870-8 | Seite 12 | Abb. 2

Überblick

Vermutlich entstand das Leben in einem Milieu, wie es vor etwa 3,8 Mrd. Jahren auf der Erde herrschte. Aus dieser Zeit stammen die ersten einfachen Einzeller aus der Gruppe der Prokaryonten, die uns als Fossilien überliefert sind. Etwas später, vor etwa 3,5 Mrd. Jahren, traten mit den Cyanobakterien die ersten Sauerstoffproduzenten in Erscheinung. In den folgenden Jahrmillionen vollzog sich sehr langsam die Entwicklung von kernlosen Einzellern über solche mit Zellkern bis zu vielzelligen Organismen (z. B. Eukaryoten).

Den größten Entwicklungsschub nach dem Erscheinen erster Mehrzeller gegen Ende des Präkambriums erlebte die Erde vor rund 542 Mio. Jahren im Zuge der "Kambrischen Revolution". Zu dieser Zeit war die Lage der Kontinente noch grundverschieden zu heute: Abgesehen von Sibirien, China und Australien lagen alle großen Festlandmassen südlich des Äquators, die meisten waren zu einem großen Kontinent vereinigt. Unter klimatisch günstigen Bedingungen bildeten sich im Zuge der Kambrischen Revolution innerhalb weniger Jahrmillionen die grundlegenden Baupläne vieler mehrzelliger Tierstämme heraus. Leitfossilien dieser Epoche sind die Trilobiten, die in großer Zahl die Meere bevölkerten und erste räuberische Formen hervorbrachten. Evolutionärer Höhepunkt der kambrischen Entwicklung waren die Chordatiere, die ersten noch sehr primitiven Wirbeltiere.

Den Beginn einer beschleunigten Evolution unter den Wirbeltieren markierte das Auftreten der Ostracodermi, der kieferlosen Fische. Zu den frühesten Vertretern der Kieferfische zählten die Panzerfische (Placodermi) und Stachelhaie (Acanthodii). Nachdem zahllose Familien und Arten am Ende des Ordoviziums durch eine lange Kaltzeit ausstarben, leitete eine Verbesserung des Klimas im Silur einen Wendepunkt in der Evolutionsgeschichte ein. Während in den Meeren die Ammoniten, Brachiopoden, Muscheln und Fische einen großen Formenreichtum erlangten, kündigte sich in den ausgedehnten Flachwasser- und Gezeitenzonen, die eine weltweite Transgression hervorgebracht hatte, die Eroberung des Festlandes an. Die drei großen Kontinentalmassen - Sibirien und Mongolei, Europa und Nordamerika sowie Gondwanaland aus Südamerika, Afrika, Antarktika, Australien und großen Teilen Asiens - rückten enger aneinander, bis sie im Verlauf des Karbons vollständig verschmolzen.

Leben an Land

Die Pioniere bei der Besiedlung des Festlandes waren die Nacktpflanzen und Farne, ihnen folgten langsam die ersten wirbellosen Gliederfüßer. Die stammesgeschichtlich bedeutendste Neuerung bei den Wirbeltieren im frühen Devon war die Herausbildung der Fleischflosser - zu denen heute noch die Quastenflosser und Lungenfische zählen -, von denen einige die Fähigkeit entwickelten, atmosphärische Luft zu atmen. Als das erste amphibische Landwirbeltier gilt der etwa einen Meter lange Ichthyostega, ein Ur-Lurch, der gegen Ende des Devons die Flachwasserzonen besiedelte.

Nachdem die Tier- und Pflanzenwelt Jahrmillionen benötigt hatte, um das Festland zu erobern, setzte in der üppigen Sumpfvegetation des Karbons eine stürmische Entwicklung ein. Ein herausstechendes Merkmal der Pflanzenentwicklung war eine enorme Steigerung des Größenwachstums. Eine große Zahl neuer Formen und Stammeslinien brachten die Spinnen und Insekten hervor, die in dieser Periode den Luftraum eroberten; die imposanten Urlibellen erreichten Spannweiten von 75 Zentimetern. Neue Ordnungen, Familien und Gattungen brachten auch die Amphibien hervor. Die in evolutionärer Hinsicht wichtigste Entwicklungslinie führte zu den Reptilien, die sich von ihren amphibischen Vorfahren dadurch unterschieden, dass sie hartschalige und nährstoffreiche Eier legten und sich damit vom Lebensraum Wasser emanzipierten - die evolutionären Vorzüge ihrer Reproduktionsstrategie traten vor allem in den folgenden Trockenzeiten hervor.

Dinosaurier und erste Säugetiere

Mit dem Beginn des Erdmittelalters änderten sich die klimatischen Bedingungen erheblich. Durch den Zerfall Gondwanalands wurden Nordamerika und Europa in einen Trockengürtel verschoben. Während der Stammbaum der Amphibien verarmte, brachten die Reptilien viele neue Formen hervor. Einige kehrten in das Wasser zurück, wie die Vorläufer der frühesten Krokodile, Schildkröten und Fischsaurier, während die Flugsaurier den Luftraum eroberten. Mit den bis zu vier Meter langen Archosauriern setzte die Herrschaft der Dinosaurier ein, die die größten Landlebewesen aller Zeiten hervorbrachten und das Leben auf der Erde im gesamten Mesozoikum unangefochten dominierten. Eine anfangs unscheinbare Entwicklungslinie der Reptilien führte zu den archaischen Säugetieren, die über Jahrmillionen im Schatten der Riesenechsen lebten, durch ihre große Zahl an Feinden aber zwei wichtige evolutionäre Vorzüge entwickelten: scharfe Sinne und ein großes Gehirn.

Als das Zeitalter der Dinosaurier vor rund 65 Mio. Jahren mit einem gewaltigen Aussterbeereignis endete und die Erdneuzeit begann, entwickelten sich die Mammalia zur erfolgreichsten Klasse der Wirbeltiere, wobei sie phasenweise ebenfalls wahre Giganten hervorbrachte, zum Beispiel das bis zu acht Meter lange asiatische Riesennashorn Inricotherium und das bis zu sechs Meter lange Riesenfaultier Megatherium. Diese Großtierfauna, die ihren Höhepunkt im Oligozän und Miozän erlebte, starb aus, ohne entwicklungsgeschichtlich Nachkommen zu hinterlassen, während sich in allen Wirbeltierklassen zunehmend die neueren Formen durchsetzten.

Mit dem Neogen begann vor rund 23 Mio. Jahren der jüngste Abschnitt in der geologischen Zeitskala (Miozän, Pliozän, Quartär). Er reicht bis in die Gegenwart und wird in Hinblick auf die Tierwelt durch die Weiterentwicklung der Vögel sowie die Entwicklung der Säugetiere gekennzeichnet. Vor etwa 7 Mio. Jahren trat mit dem zentralafrikanischen Sahelanthropus tschadensis der erste Vertreter der Hominiden in Erscheinung. Die ersten Hominiden, die in der Phase einer starken Klimaabkühlung selbst gefertigte Werkzeuge benutzten, waren vermutlich Homo rudolfensis (2,4 - 1,8 Mio.) und Homo habilis (2,0 - 1,5 Mio.). Als der ebenfalls aus Afrika stammende Homo sapiens sapiens, der anatomisch moderne Mensch, vor rund 40 000 Jahren Europa erreichte, traf er hier auf den Neandertaler, der 10 000 Jahre später aus bislang unbekannten Gründen von der Erde verschwand.

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