Erde - Entdeckungsreisen und koloniale Eroberungen (15. Jahrhundert bis Mitte 17. Jahrhundert)

Erde - Erde - Geographische Entdeckungen
978-3-14-100870-8 | Seite 26 | Abb. 2| Maßstab 1 : 90000000

Überblick

Dargestellt sind die wichtigsten Entdeckungsfahrten der europäischen Mächte von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in das 17. Jahrhundert hinein. Ein besonderer, oftmals vernachlässigter Aspekt ist das Vordringen Russlands in Nordasien, das bisher kaum als koloniale Eroberungspolitik gesehen wurde. Neben den wichtigsten Entdeckungsfahrten zeigt die Karte die bedeutendsten Kolonialmächte des 16. und 17. Jahrhunderts sowie sonstige bestimmende Mächte in Europa und Asien.

Eine der wesentlichen Antriebskräfte für die Entdeckungen kam aus dem Handelsleben. Durch das Erstarken des Osmanischen Reiches war der bis ins 15. Jahrhundert funktionierende Fernhandel zwischen den europäischen Seestädten und Asien unterbrochen. Dadurch kam es vor allem bei den Gewürzen, einem damals kostbaren Handelsgut, zu einem starken Preisanstieg. Die ersten Initiativen zu Entdeckungsfahrten gingen vor allem von den iberischen Mächten Spanien und Portugal aus, während Italien und auch Deutschland wegen der starken inneren Zersplitterung keine Impulse geben konnten.

Entdeckungen der Portugiesen

Unter König Johannes begann im 15. Jahrhundert der Aufstieg zur Seemacht. Sein Sohn, Heinrich der Seefahrer, ermöglichte eine Grundlagenforschung, die an der Nautikschule und in der Sternwarte am Kap Sagres betrieben wurde. Erste Unternehmungen waren die Besetzung der Kanaren und Azoren. Anschließend begann die Suche nach einem Seeweg nach Indien entlang der afrikanischen Westküste. Bis 1460 wurden rund 50 Fahrten unternommen, die schrittweise bis zur Guineaküste vorankamen. Wichtige Punkte waren das Kap Bojador und das Kap Verde, wo die Portugiesen von der üppigen Vegetation überrascht wurden. 1482 erreichte Diego Cão die Kongomündung. Erst 1487 gelangte Bartolomeu Diaz zur Südspitze Afrikas, wurde aber durch eine Meuterei an der Weiterfahrt gehindert. Die entscheidende Fahrt unternahm Vasco da Gama, der im Mai 1498 Calicut in Indien erreichte.

Eine Besonderheit stellte die Expedition Cabrals dar, der weit in den Atlantik hinausfuhr, dabei die Ostküste Brasiliens entdeckte und damit den Grundstein für das portugiesische Kolonialreich legte. In Indien begann man in dieser Phase mit der Anlage erster Stützpunkte (Goa und Calicut); auch in Ostafrika wurden zur Sicherung der Seeroute in Sofala und Malindi erste befestigte Lager errichtet. Von Indien aus drangen die Portugiesen weiter nach Osten vor, 1511 erreichte der Seefahrer Sequeira das malaiische Malakka. Von hier aus stießen 1512 Abreu und Serrao bis zu den Molukken vor, die als Gewürzinseln große Bedeutung für den Fernhandel erlangten. Malakka wurde darüber hinaus auch Ausgangshafen für Fahrten nach China, wo Macao zu einem Stützpunkt ausgebaut wurde. Schließlich erreichte Pinto 1543 das südliche Japan.

Die Portugiesen erwarben zunächst keine flächenhaften Kolonien, sondern bauten ein Kolonialreich auf Stützpunktbasis auf, das im 16. Jahrhundert von Ostafrika über Aden bis zu den Molukken reichte. Erst im 17. Jahrhundert wurden sie von den Niederländern und Engländern verdrängt.

Entdeckungen der Spanier

In Spanien kam der Antrieb zu den Entdeckungsfahrten von außen. Der Genuese Christoph Kolumbus plante, angeregt durch die Erdkarte des Florentiner Geographen Toscanelli, die Suche des Seewegs nach Indien in westlicher Richtung. Nach dem Fall von Granada und der Einigung Spaniens gab das Herrscherpaar Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragonien die Zustimmung zu einer Expedition. Am 3. August 1492 startete Kolumbus vom Hafen Palos und erreichte am 12. Oktober 1492 die Insel Guanahani auf den Bahamas. Kolumbus glaubte in Asien zu sein und gab den Bewohnern den Namen Indianer. Bei dieser Fahrt kam Kolumbus noch nach Kuba und Haiti. Im März 1493 kehrte er zurück und wurde jubelnd empfangen.

Kolumbus unternahm noch drei weitere Fahrten nach Westen, wo er zahlreiche Inseln Westindiens und die Küste Mittelamerikas entdeckte. Die Spanier begannen schon frühzeitig mit der Anlage von Siedlungskolonien, und sie trachteten nach Erwerbung größerer Gebiete. Von Bedeutung war die Expedition Balboas, der 1519 die Landenge von Panama überquerte und so den Beweis erbrachte, dass Kolumbus einen neuen Kontinent entdeckt hatte. Mit den Eroberungszügen von Hernando Cortés und Francisco Pizarro wurde die Eroberung Mexikos und Perus eingeleitet. Mitte des 16. Jahrhunderts beherrschten die Spanier den amerikanischen Kontinent von Mexiko bis nach Mittelchile.

Eine Ausweitung des spanischen Machtbereichs brachte die erste Weltumsegelung Magellans zwischen 1519 und 1522, bei der die Philippinen erobert wurden. Interessant ist, dass die Kontakte mit der Kolonie in Asien von Mexiko aus gepflegt wurden.

Franzosen, Engländer und Niederländer als Konkurrenten

Im 16. Jahrhundert begannen andere europäische Mächte den Portugiesen und Spaniern Konkurrenz zu machen. Die Franzosen unter Cartier gelangten an die Ostküste Nordamerikas im Bereich von Neufundland und drangen entlang dem St.-Lorenzstrom in das Gebiet der Großen Seen vor. Die Anlage von Quebec und Mont Royal sind erste Zeichen der französischen Präsenz im heutigen Kanada.

Die Engländer unternahmen zahlreiche Fahrten in den nördlichen Inselbereich auf der Suche nach der Nord-West-Passage. Hudson und Frobisher waren die bekanntesten Seefahrer. Schon frühzeitig begann die englische Besiedlung der Ostküste Nordamerikas zwischen dem heutigen Maine und Virginia - die Neuenglandstaaten entstanden. Zunächst war die Mitte des Gebietes durch die niederländische Ansiedlung Neu-Amsterdam besetzt. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts gelang den Engländern die Eroberung des Raumes der Hudson-Mündung (New York). Die Weltumsegelung von Francis Drake brachte eine große Erweiterung des geographischen Wissens der Engländer. Um 1640 legten sie mit der Eroberung von Madras und Stützpunkten an der Gangesmündung den Grundstein für die spätere Erwerbung des indischen Subkontinents.

Neben ihren Unternehmungen an der Ostküste Nordamerikas drangen die Niederländer schon frühzeitig in den portugiesischen Machtbereich im Indischen Ozean ein. Sie erwarben bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts weite Teile des Sunda-Archipels und bauten Java zum Mittelpunkt ihres Kolonialreiches aus. Als Stützpunkte auf dem Weg nach Südostasien erwarben die Niederländer das Kapland und die Insel Ceylon. Von den ostindischen Besitzungen aus unternahm der Seefahrer Tasman um die Mitte des 17. Jahrhunderts ausgedehnte Entdeckungsreisen, die ihn bis Australien, Polynesien und Neuseeland führten.

Russlands Vordringen in Nordasien

Die Durchdringung der Weiten Nordasiens in Richtung Osten ist vor allem das Werk von Kosaken, die nach Überschreiten des Ural bis 1639 den Pazifik erreichten. Die Zaren sanktionierten nachträglich die Erwerbungen der selbstständig handelnden Kosakenabteilungen. Südlich davon bahnten sich Kontakte mit China an, nachdem Ivan Petlin 1618 als erster russischer Gesandter in Peking eingetroffen war. Den Kosaken in Sibirien folgten Beamte, Kaufleute, Geistliche, geflohene Bauern und schon Ende des 16. Jahrhunderts ersten Verbannte. Deshnew gelang 1648 die Fahrt durch die Beringstraße.

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