Wirtschaft - Europa

Erde - Erde - Entwicklungsstand der Staaten
978-3-14-100800-5 | Seite 274 | Abb. 2| Maßstab 1 : 90000000

Überblick

Die Karte ermöglicht das Einordnen von Staaten in Bezug auf ihre Wirtschaftsleistung. Der Vergleich der Daten zum Bruttonationaleinkommen (BNE) offenbart außerdem große Disparitäten zwischen den Staaten.

Vergleich der Wirtschaftsleistung anhand des BNE pro Kopf

Das Bruttonationaleinkommen pro Kopf und Jahr ist ein weit verbreiteter Standardindikator, mit dem die Wirtschaftsleistung von Ländern verglichen werden kann. Das Bruttonationaleinkommen eines Jahres gibt den Wert aller Waren und Dienstleistungen an, die in diesem Jahr durch Unternehmen, Behörden und Einzelpersonen eines Landes produziert wurden, sowohl im In- als auch im Ausland. Um direkte Vergleiche durchführen zu können, wird das BNE in Beziehung zur Einwohnerzahl gesetzt (BNE pro Kopf). Für das BNE ist der Ort der Leistungserbringung irrelevant.

(Ein weiterer Indikator für die Wirtschaftsleistung ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Jahres. Es gibt den Wert aller Waren und Dienstleistungen an, die durch eine Volkswirtschaft in diesem Jahr innerhalb der Landesgrenzen des jeweiligen Staats produziert wurden. Es spielt dabei keine Rolle, ob dies durch in- oder ausländische Unternehmen, Behörden oder Personen geschehen ist. Für das BIP ist der Ort der Leistungserbringung entscheidend.)

Im Kartenbild zum BNE pro Kopf und Jahr zeigen sich räumliche Strukturen, die denen des HDI ähneln. Auf globaler Ebene bestehen Gegensätze zwischen den OECD-Staaten, Westasien und Teilen Lateinamerikas einerseits (jeweils überdurchschnittliche Werte) und weiten Teilen Afrikas, Asiens und den anderen Teilen Lateinamerikas andererseits (unterdurchschnittliche Werte). Überseeterritorien wie Französisch-Guyana nehmen eine Sonderstellung ein und sind ihren Nachbarstaaten nicht direkt vergleichbar. Innerhalb Europas zeigt sich ein deutlicher West-Ost-Gegensatz.

Kaufkraft

Seit in vielen Ländern Europas mit dem Euro bezahlt wird, können Preisunterschiede direkt verglichen werden. Ein Essen in einem Restaurant kostet in Deutschland schnell 25 Euro pro Person. In Polen sind es dagegen oft nur rund 12 Euro. Allerdings sind die Einkommen der Menschen in Deutschland viel höher als in Polen.

Um solche Unterschiede in der Kaufkraft zu erkennen und zu berücksichtigen, wird das Bruttonationaleinkommen nach Kaufkraft (KKS) berechnet. Dafür wählen Statistiker einen fiktiven „Warenkorb“. Er enthält wichtige Dinge des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Telefonkosten. In Deutschland ist so ein Warenkorb teurer als im EU-Durchschnitt, in Polen billiger. Aber: Für zum Beispiel 15 KKS bekommt man in Deutschland und Polen genau die gleiche Ware, zum Beispiel ein T-Shirt.

KKS ist also eine künstliche Währung, die es nur in der Statistik gibt. Gibt man das BNE nach Kaufkraft an, dann kann man es international gut vergleichen. Im Jahr 2013 beispielsweise hatte Deutschland ein BNE pro Kopf/Jahr von 47 250 US-$ bzw. 45 010 Dollar nach Kaufkraft. Für Polen waren es 13 240 US-$ bzw. 22 830 Dollar nach Kaufkraft. Tatsächlich war also das BNE pro Kopf im Jahr 2013 in Deutschland nur rund 2-mal höher als in Polen und nicht 3,6-mal, wie es der Wert in US-$ ohne Berücksichtigung der Kaufkraft aussagt.

Zur Darstellung von Armut

Um die Anzahl von Menschen zu ermitteln, die in Armut leben, sind unterschiedliche Daten einsetzbar. Neben absoluten Indikatoren (Einkommen < 2 US-Dollar pro Tag) werden auch relative Indikatoren (Einkommen, die deutlich unter dem Durchschnitt der Einkommen eines Landes) und kombinierte Indikatoren verwendet.

Im Kartenbild ist erkennbar, dass Länder mit einem sehr niedrigen BNE pro Kopf und Jahr auch sehr oft hohe Anteile armer Bevölkerung aufweisen. Einige Länder, zum Beispiel Angola, Namibia, Botsuana und Südafrika im südlichen Afrika, Algerien, Kolumbien und China, bilden eine Gruppe mit relativ hohen Armutsanteilen, aber BNE-Werten nahe dem Weltdurchschnitt. Dies ist ein Indiz dafür, dass sich für einen relativ großen Teil der Bevölkerung die Wirtschaftsleistung nicht in entsprechenden Einkommen widerspiegelt. Es sind Länder, in denen die Einkommensverteilung ungerecht sein kann und soziale Gegensätze bestehen.

Öffentliche Entwicklungshilfe

Ein Instrument, die großen wirtschaftlichen Disparitäten in der Welt (vgl. 274.2) auszugleichen, ist die Entwicklungshilfe. Deren Höhe ist unter anderem abhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Staaten, die sich am Bruttonationaleinkommen (BNE) bemisst, aber auch von politischen Faktoren (s. Westjordanland, Afghanistan).

Die Karte zeigt Geber- und Nehmerländer öffentlicher Entwicklungshilfe. Unter Entwicklungshilfe im engeren Sinne wird dabei die Gewährung von Nettoauszahlungen in Form von Zuschüssen und Krediten an ein Nehmerland verstanden, um dort die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand zu fördern. Die öffentliche Entwicklungshilfe umfasst aber neben der Kapitalhilfe auch humanitäre Hilfsmaßnahmen in aktuellen Notsituationen, die Beratung und Unterstützung auf technischem Gebiet durch Bereitstellung von Fachkräften, Material und Aus- oder Weiterbildungsangeboten, Infrastrukturmaßnahmen und Handelshilfen.

Dargestellt sind Werte pro Kopf der Bevölkerung (und nicht absolute Werte), sodass diese direkt vergleichbar sind. Als Länder mit besonders hohen Beiträgen zur öffentlichen Entwicklungshilfe erweisen sich die skandinavischen Staaten, Großbritannien, die Niederlande und die Schweiz. Alle Geberländer gehören zu den Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), während zum Beispiel die Mitgliedsländer der Organisation ölexportierender Staaten (OPEC) keine öffentliche Entwicklungshilfe leisten.

Die Auswahl der Empfängerländer erfolgt meist nach politischen, strategischen, kommerziellen und traditionellen Bindungen, und die Zahlungen werden häufig auch mit politischen Auflagen verknüpft. Das ideelle Ziel öffentlicher Entwicklungshilfe ist es, die Empfänger in die Lage zu versetzen, im Rahmen ihres eigenen Wirtschaftssystems perspektivisch ohne Entwicklungshilfe auszukommen.

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