Wettersteingebirge - Tourismus

Europa - Alpen - Tourismus
978-3-14-100870-8 | Seite 95 | Abb. 3| Maßstab 1 : 100000

Überblick

Garmisch-Partenkirchen liegt im Zentrum des Werdenfelser Landes, einer oberbayrischen Region an der Grenze zu Österreich. In ihrem Südwesten erhebt sich die 2962 Meter hohe Zugspitze, die als Hauptgipfel des Wettersteingebirges und höchster Berg Deutschlands ein wichtiger Anziehungspunkt für auswärtige Gäste ist. 2006 wurde das Werdenfelser Land in die Liste der "Nationalen Geotope" in Deutschland aufgenommen.

Anfänge des Tourismuss

Durch ihre periphere Lage und den Mangel an Industrie zählte die Region im 19. Jahrhundert zu den ärmsten in Deutschland. Ihr Hauptort Garmisch war zum Zeitpunkt der Reichsgründung 1871 mit gut 3000 Einwohnern kaum mehr als ein Dorf. Ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte der Region war 1889 die Eröffnung einer Bahnlinie von Garmisch über Murnau nach München. Mit der Ankunft erster Sommerfrischler, Ausflügler und Bergwanderer setzte langsam der Tourismus ein, zunächst allerdings nur im Sommer.

Wenig später eroberte der Skisport den Alpenraum, um 1900 entstanden erste Skivereine. Im Wintersport steckte ein großes wirtschaftliches Potenzial, weil er Orten wie Garmisch eine zweite Saison im Winter ermöglichte. Nach und nach entwickelte sich das Werdenfelser Land zu einem immer beliebteren Reisegebiet. Einen ersten Höhepunkt erlebt der Tourismus in der Weimarer Republik, als Künstler wie H. Mann, K. Tucholsky, E. Kästner und L. Feuchtwanger ihre Sommerfrische in Garmisch verbrachten oder, wie M. Beckmann, dem Skisport frönten. 1930 wurde die Zugspitzbahn eingeweiht, die Garmisch mit dem Schneefernerhaus unterhalb des Zugspitzgipfels verband.

Im Dritten Reich war Garmisch bevorzugtes Reiseziel für NSDAP-Funktionäre. 1936 wurden in Garmisch-Partenkirchen, 1935 zu einem Doppelort fusioniert, die Olympischen Winterspiele ausgetragen. Die Entwicklung zum Massentourismus begann jedoch erst mit dem Ausbau der Bergbahnen und Skilifte ab den 1950er-Jahren. 1963 wurde südwestlich von Grainau die Eibseeseilbahn eröffnet. Die verstreuten Schutzhütten für Wanderer oder Bergsteiger, überwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammend, wurden teils zu komfortablen Berggasthäusern ausgebaut. Mit Wanderwegen und Klettersteigen, Plätzen für Gleitschirmflieger, einer Vielzahl von Skipisten aller Schwierigkeitsgrade und diversen Angeboten für Aktivurlauber hat die Region inzwischen hohe Attraktivität für Sommer- und Winterurlauber.

Tourismus als Leitökonomie

Das Bayrische Staatsministerium für Wirtschaft sieht den Tourismus als "Leitökonomie" im Freistaat - das gilt insbesondere für Oberbayern und das Werdenfelser Land. Inzwischen zählt Bayern mehr als 30 Mio. Gäste und rund 85 Mio. Übernachtungen pro Jahr, von denen über 40 Prozent auf Oberbayern entfielen. Damit gehört der Regierungsbezirk zu den führenden Ganzjahreszielen in Europa, in Deutschland ist er die Tourismusregion Nummer eins. Von den 12,8 Mio. Einwohnern Bayerns sind mehr als 560 000 mit ihrem Einkommen vollständig vom Tourismus abhängig. Eine dominierende Stellung hat dieser Wirtschaftszweig insbesondere in Regionen wie dem Werdenfelser Land, die zwar über eine malerische Landschaft und ein reiches historisches Erbe in Gestalt von Baudenkmälern und Sehenswürdigkeiten verfügen, aber kaum über andere Industrien oder Wirtschaftszweige.

Der Tourismus hat im Laufe der Jahrzehnte einen hohen Wohlstand in die früher arme Region rund um Garmisch-Partenkirchen gebracht. Die Schattenseiten dieser Entwicklung sind irreversible Eingriffe in das sensible Ökosystem der Alpen, beträchtliche Belastungen durch den Reise- und Ausflugsverkehr, insbesondere zu den Stoßzeiten, und eine veränderte Siedlungsstruktur, etwa durch den Trend zum Zweitwohnungsbau. Überdies gibt es eine sehr einseitige Ausrichtung auf den Tourismus. So verfügt die 3500-Seelen-Gemeinde Grainau über fünf Vier-Sterne-Hotels und eine Vielzahl weiterer Hotels, Pensionen, Gasthöfe, Ferienhäuser, Ferienapartments und Privatvermieter.

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