Weltmeere - Fischfang und Fischzucht

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978-3-14-100380-2 | Seite 167 | Abb. 1

Überblick

Die Weltmeere sind eine wichtige Nahrungsquelle. Auf den begrenzten Fischbeständen lastet ein Nutzungsdruck wie nie zuvor. Im Laufe weniger Jahrzehnte hat sich der industrielle Fischfang von den traditionellen Fischereigebieten auf der Nordhalbkugel über alle Ozeane ausgebreitet. Die Folgen dieser Entwicklung für die Ökologie der Meere werden von der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) beobachtet und alle zwei Jahre in einem SOFIA-Report (The State of World Fisheries and Aquaculture) veröffentlicht. Weltweit werden etwa 1500 Fischbestände kommerziell befischt, doch nur für etwas mehr als 500 von ihnen gibt es umfassende Daten. Nach dem SOFIA-Report 2018 ist der Anteil der Bestände, die als „überfischt“ oder „zusammengebrochen“ gelten, von 10 Prozent im Jahr 1974 auf 33,1 Prozent im Jahr 2015 gestiegen. Der Anteil der „voll genutzten“ Bestände erhöhte sich im selben Zeitraum von 51 auf 59,9 Prozent, der Anteil der „gemäßigt genutzten“ ging dagegen von knapp 40 auf nur noch 7 Prozent zurück. Trotz aller Bemühungen um Nachhaltigkeit nimmt die Überfischung der Meere auch gegenwärtig noch zu.

Ausweitung der Fanggründe

Dennoch liegt die jährliche Gesamtfangmenge an Fisch seit ungefähr 25 Jahren relativ konstant zwischen gut 50 und 60 Millionen Tonnen (inklusive Garnelen, Muscheln und Tintenfische bei etwa 80 Mio. t). Für diese quantitative Stabilität trotz Überfischung gibt es vor allem zwei Gründe. Weil die Bestände in den Küstenregionen immer mehr schrumpften, wurde die Fischerei von den klassischen Fangrevieren im Nordatlantik und Nordpazifik immer weiter nach Süden ausgedehnt. Zum anderen werden immer größere Tiefen befischt. Noch vor wenigen Jahrzehnten war es technisch kaum möglich, die Netze bis in 500 Meter Tiefe auszubringen, heute liegt die Grenze bei 2000 Metern. Die erschöpften Bestände der klassischen Zielarten konnten infolgedessen durch andere Arten ausgeglichen werden. Die Erträge sind dadurch statistisch stabil, ihre Zusammensetzung ist es nicht.

Fanggebiete

Die FAO teilt die Weltmeere traditionell in 19 große Fanggebiete ein. Das bedeutendste unter ihnen ist der Nordwestpazifik. 2016 wurden in dieser Region 22,4 Millionen Tonnen Fisch gefangen, ein Viertel der globalen Gesamtfangmenge. An zweiter Stelle folgte der westliche Pazifische Ozean (12,7 Mio. t), in dem die Fangmengen seit 1970 kontinuierlich zugenommen haben, der Nordostatlantik (8,3 Mio. t) und der östliche Indische Ozean (6,4 Mio. t). Allein in diesen vier Gebieten wurden somit 55 % Prozent der weltweiten Fänge erzielt. Der östliche Pazifische Ozean und der Südostpazifik sind ebenfalls sehr produktiv, weil dort vor der Küste Südamerikas nährstoffreiche Auftriebsgebiete liegen, in denen Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche steigt. Diese Gebiete zeichnen sich allerdings auch durch besonders heftige Bestandsschwankungen aus. Schwächt sich der Wasserauftrieb ab, zum Beispiel infolge von Klimaanomalien wie El Niño, sorgt der Planktonmangel für einen Einbruch der Bestände, zum Beispiel 2014 in Peru und Chile. Im mittleren Ostatlantik und im Südwestatlantik ist die Situation besonders angespannt. Mindestens die Hälfte der Bestände in diesen Gebieten ist überfischt, mehr als 40 Prozent gelten als voll genutzt, nur ein geringer Teil wird noch als gemäßigt genutzt eingestuft. Vergleichsweise positiv ist die Entwicklung dagegen im Nordostpazifik, wo vor allem Alaska-Pollack, Kabeljau und Seehecht gefangen werden. Hier gelten zwar 80 Prozent der Bestände als voll genutzt, aber nur noch 10 Prozent als überfischt; weitere 10 Prozent werden gemäßigt genutzt. Zu den Gebieten, in denen die Fangmengen im Laufe der Jahre immer mehr abgenommen haben, zählen unter anderem das Mittelmeer und das Schwarze Meer.

Fangquoten

Wenn die Anlandungen in einem Fanggebiet schrumpfen, heißt dies nicht zwingend, dass Bestände zusammengebrochen sind. Zum Teil gehen sie zurück, weil der Fang durch Fischereimanagement beschränkt wird. Nachdem in den 1970er- und 1980er-Jahren immer mehr Bestände kollabiert waren, wurde offensichtlich, dass Überfischung nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Problem ist. Die Europäische Union und Länder wie Australien, Kanada, Neuseeland und die USA haben daraufhin Managementpläne entwickelt, die den Fang so regulieren, dass sich die Bestände reproduzieren können. Allerdings werden diese positiven Ansätze durch eine fortdauernde Überfischung in manchen Gebieten konterkariert. Im Mittelmeer sind viele Bestände massiv überfischt, auch im Golf von Biskaya werden einige Arten wie der Europäische Seehecht in viel zu hohen Mengen entnommen.

Aquakulturen

Eine Möglichkeit zur Entlastung bietet die Fischerzeugung in Aquakulturen, die in den letzten Jahrzehnten rasant zugenommen hat. In der Boomphase der Hochseefischerei in den 1970er-Jahren war der Anteil von Aquakulturen an der Fischerzeugung noch marginal. In den 1980er-Jahren wuchs dieser Wirtschaftszweig zunächst langsam, doch ab den 1990er-Jahren verzeichnete er ein ebenso rasantes wie kontinuierliches Wachstum. 2016 wurden weltweit 80 Millionen Tonnen Meeresfrüchte erzeugt, mehr als dreimal so viel wie 1995 (24 Mio. t). Produziert wird vor allem Fisch (54 Mio. t), gefolgt von Muscheln (17 Mio. t) und Krustentieren (8 Mio. t). Mit großem Abstand führend bei Aquakulturen ist Asien (insbesondere China) mit einem Anteil von 89 Prozent an der Weltproduktion. Europa trägt knapp 4 Prozent zur Weltproduktion bei.

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