Walldorf - Suburbaner Raum

Deutschland - Wirtschaftsraum Rhein-Neckar - Dezentrale Konzentration
978-3-14-100800-5 | Seite 47 | Abb. 3| Maßstab 1 : 35000

Überblick

Walldorf ist eine Stadt mit rund 15 000 Einwohnern in der Metropolregion Rhein-Neckar (s. 47.4). Das benachbarte Wiesloch hat rund 26 000 Einwohner. Beide Städte liegen sehr verkehrsgünstig im Oberrheinischen Tiefland. Per Bahn, auf der Straße und mit Binnenschiffen auf dem nahen Rhein bestehen sehr gute Verbindungen in die andere deutsche und europäische Wirtschaftszentren. Der internationale Flughafen Frankfurt/Main ist gut erreichbar. Innerhalb des Raummodells der „Blauen Banane“ liegen Walldorf und Wiesloch zentral im wirtschaftlichen Kernraum Europas.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Entwicklung der Rhein-Neckar-Region vor allem von den urbanen Zentren Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg und Karlsruhe bestimmt. Danach setzte eine Suburbanisierung des Wohnens ein, die durch den wirtschaftlichen Aufschwung, den Ausbau des Straßennetzes und die zunehmenden Verbreitung von Autos in Privatbesitz ermöglicht wurde. Das Wohnen im Umland meist in Einfamilienhäusern mit Garten, gewann an Attraktivität. Da die Arbeitsorte weiterhin in den Kernstädten lagen, bildeten sich Pendlerströme und -beziehungen heraus. Diese Entwicklung führte zu einer starken Ausdehnung der Siedlungsflächen in Walldorf und Wiesloch. Im Grundriss der nach 1950 errichteten Stadtteile von Walldorf sind typische Straßenmuster solcher Erschließungen zu erkennen. Das Bevölkerungswachstum erforderte eine zunehmende Zahl an Einrichtungen des täglichen Bedarfs und den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, in der Karte zum Beispiel erkennbar am Schulzentrum Wiesloch und an den Einzelhandelsstandorten.

Der suburbane Raum verzeichnete dadurch einen erheblichen Bedeutungsgewinn, der in den 1960er-Jahren durch die einsetzende Suburbanisierung des Gewerbes weiter verstärkt wurde. Während in den Kernstädten das Bauland für große, zusammenhängende Gewerbestandorte knapp war und vielerorts Flächen für Betriebserweiterungen fehlten, wiesen die Gemeinden im Umland großzügig Gewerbegebiete „auf der grünen Wiese“ aus. Eine erste Unternehmensansiedlung in Walldorf / Wiesloch erfolgte 1957 mit der Heidelberger Druckmaschinen AG (s. Karte).

Ab den 1980er-Jahren schloss sich eine dritte Suburbanisierungswelle an, nun im tertiären Sektor. Sie erstreckte sich nicht nur auf Einzelhandelsstandorte (s. Karte und auch 79.4), sondern auch auf andere Dienstleistungsbranchen. Größter Arbeitgeber in Walldorf ist heute das Softwareunternehmen SAP mit rund 10 000 Beschäftigten. Damit hat die Stadt etwa so viele Einwohner wie sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Gemeinden sind bei solchen Entwicklungen entscheidende Akteure, profitieren sie doch bei gelungenen Ansiedlungen von steigenden Steuereinnahmen.

Im Ergebnis der Suburbanisierungswellen sind in den Metropolregionen Deutschlands vielerorts dezentrale Raumstrukturen entstanden, allerdings in enger Anbindung an die Kernstädte und an die anderen Standorte im suburbanen Raum. Dadurch liegen wichtige Einrichtungen wie Flughäfen, Hochschulen und Kooperationspartner in unmittelbarer Nähe der Unternehmensstandorte (Agglomerationsvorteile). Man spricht allgemein vom Modell der dezentralen Konzentration. Entwicklungen, wie sie für Walldorf oder Wiesloch beschrieben wurden, sind in peripheren Räumen nicht möglich.

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