Umbalacheri (Indien) - Landbesitz, Anbau

Asien - Südasien - Vielfalt der Raumstrukturen
978-3-14-100800-5 | Seite 182 | Abb. 2| Maßstab 1 : 25000

Überblick

Gegenwärtig leben 68 Prozent der indischen Bevölkerung in Dörfern (Stand 2013); knapp die Hälfte der Erwerbstätigen bezieht den Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft. Dies zeigt die Bedeutung des ländlichen Raums für Indien. Die Karte stellt dazu ein Fallbeispiel bereit.

Umbalacheri ist ein typisches südindisches Bauerndorf; dort leben rund 600 Familien bzw. 2300 Menschen (Stand: 2011). Das Dorf liegt 300 Kilometer südlich von Chennai im Kanalbewässerungssystem des Cauvery-Deltas (s. 174/175). Das Cauvery-Delta ist intensiv landwirtschaftlich genutzt und wird oft als „Reiskornkammer“ Südindiens bezeichnet. Es liegt in den sommerfeuchten Tropen.

Die lang gestreckte Straßensiedlung Umbalacheri ist von Reisland umgeben, das von einem Netz aus Bewässerungskanälen und Wassergräben durchzogen wird. Die modernen Anbaumethoden der „Grünen Revolution“ mit ihren Hochertragssorten und chemischen Düngemitteln, die zwei Ernten pro Jahr ermöglichen, haben sich in Umbalacheri nur beschränkt durchgesetzt. Traditionelle Anbauformen sind noch weit verbreitet. Das Dorf liegt nahe der Küste am Ende des Bewässerungssystems. Es leidet daher unter Problemen bei der Wasserversorgung. Neben der Siedlungsstruktur und den Anbauverhältnissen zeigt die Karte die dörfliche Sozialstruktur (Kastensystem), die wirtschaftlichen Akteure (Landbesitzer, Landarbeiter) und ihre Besitzverhältnisse (Großbauern, Kleinbauern).

Die dörfliche Siedlungs- und Sozialstruktur

Umbalacheri ist ein typisches indisches Kastendorf. An der Spitze der gesellschaftlichen Hierarchie stehen die Brahmanen, traditionell die Priester, die heute zumeist Großbauern sind. Das Beispiel Umbalacheri zeigt, dass es auch unter ihnen Familien ohne Landbesitz gibt. Die meisten dieser Brahmanen arbeiten außerhalb des Dorfes als Lehrer oder in der staatlichen Verwaltung. Typisch für sie ist die „räumliche Segregation“, die isolierte Lage ihrer Wohnplätze an den Enden der Dorfstraße.

Ebenso abgegrenzt sind in aller Regel die Quartiere der Unberührbaren, der „Harijans“. Sie sind landlos und verdingen sich als Landarbeiter; ihre Situation ist von chronischer Unterbeschäftigung gekennzeichnet. Das geringe Einkommen aus der Landarbeit macht die Gruppe der Unberührbaren zu Menschen, die unter der Armutsgrenze leben müssen.

Auch in den Bauernkasten gibt es Landlose und Kleinstbauern mit nur wenig Land, die als arm einzustufen sind. Mit den Unberührbaren konkurrieren sie um die knappen Arbeitsplätze. Rund ein Achtel der Menschen in Umbalacheri gibt an, nur einer marginalen Beschäftigung in weniger als sechs Monaten pro Jahr nachgehen zu können.

Viele Landlose und Kleinstbauern stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu größeren Bauern, die ihnen bei Bedarf Geld leihen und dafür hohe Zinsen verlangen. Der beträchtliche Anteil von Landlosen aus den Bauernkasten ist ein Anzeichen dafür, dass kleine Bauern bei Schuldabhängigkeit ihr Land an den Geldverleiher veräußern und auf diese Weise den Abstieg zu Landarbeitern hinnehmen, ggf. sogar ihr Dorf in Richtung der großen Städte verlassen müssen. Die starke Zersplitterung des Landbesitzes – gerade Kleinbauern besitzen oft mehrere winzige, in der gesamten Gemarkung verstreute Parzellen – ist ein Hindernis für eine rationelle Landbewirtschaftung.

Probleme bei der Agrarentwicklung

Das Cauvery-Delta zählt eigentlich zu denjenigen Regionen Südindiens, in denen sich die „Grüne Revolution“ mit Hochertragssorten, Kunstdüngereinsatz und moderner Brunnenbewässerung besonders früh und schnell durchgesetzt hat. Innerhalb weniger Jahre ab dem Beginn der „Grünen Revolution“ Ende der 1960er-Jahre verdoppelten sich in der Deltaregion die Produktionsziffern von Reis. Grundlage des Erfolgs waren die überaus günstigen Bewässerungsmöglichkeiten.

Dass der Ort Umbalacheri nur beschränkt an der „Grünen Revolution“ partizipierte und auf die Hochertragssorten bis heute nur ein Teil der Anbauflächen entfällt, liegt in erster Linie an der unzureichenden und häufig zu späten Kanalbewässerung. Der Grund hierfür ist die Lage des Dorfes am Rand des Bewässerungssystems im Cauvery-Delta nahe der Küste und die Tatsache, dass die Bauern im oberen Deltabereich oft übermäßig viel Wasser auf Kosten der unteren Anrainer verbrauchen. Außerdem leidet Umbalacheri häufig an Überschwemmungen, wenn herbstliche Wirbelstürme Meerwasser in die Bewässerungskanäle drücken.

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