Spreewald - Tourismus im Biosphärenreservat

Deutschland - Deutschland - Tourismus
978-3-14-100800-5 | Seite 63 | Abb. 3| Maßstab 1 : 100000

Überblick

Der rund 50 000 Hektar große Spreewald ist seit 1991 als Biosphärenreservat unter Schutz gestellt und gehört zu einem weltumspannenden, von der UNESCO initiierten Netzwerk von Modelllandschaften. Er liegt in der Niederlausitz, etwa 100 Kilometer südöstlich von Berlin (s. 62.1). Dort bildet die Spree ein Binnendelta. Der Reichtum an kleinen Kanälen und Fließen sowie das typische Nutzungsmosaik aus Grünland, Wäldern, Mooren und traditionellen Siedlungen machen den Spreewald zu einer besonders reizvollen und artenreichen Kulturlandschaft. Dies ist eine wesentliche Grundlage für den Tourismus, der neben der traditionsreichen Landwirtschaft eine wichtige wirtschaftliche Rolle spielt. In den randlich zum Spreewald gelegenen Städten und Regionen der Niederlausitz treten Bergbau und Industrie hinzu.

Der im Kartenausschnitt dargestellte zentrale Teil des Oberspreewaldes ist kulturgeschichtlich durch die Besiedlung von Sorben und Wenden geprägt worden. Heute ist dieses Gebiet Teil des Siedlungsraums der Sorben, mit rund 60 000 Menschen eine der nationalen Minderheiten in Deutschland. Einen Hinweis darauf liefert die Doppelsprachigkeit der Ortsbezeichnungen (s. Karte). Die noch immer lebendigen Traditionen und Alltagsbräuche der Sorben tragen zur kulturellen Identität der Region und damit auch zur Anziehungskraft für die Gäste bei.

Aspekte der Landnutzung

Pleistozäne Vorgänge haben das Landschaftsbild im Spreewald geprägt. Die für Mitteleuropa relativ späten Eingriffe des Menschen in die Gewässerstrukturen verringerten die Überflutungsflächen der Spree im Oberspreewald auf 20 Prozent ihrer ursprünglichen Ausdehnung. Verantwortlich waren Flussbegradigungen, Kanalbauten, der Einbau von Wehranlagen, Schleusen, Poldern und Schöpfwerken sowie die Anlage eines Staugürtelsystems. Trotz dieser Eingriffe gibt es auch heute noch naturnahe Fließgewässer.

Bei der Nutzung ist zwischen dem Spreewald selbst und seinen Randregionen zu unterscheiden. Im Biosphärenreservat werden große Teile der agrarisch genutzten Flächen nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet. Gesellschaftliche Transferzahlungen an Landwirte berücksichtigen dort auch Leistungen zur Landschaftspflege. Es dominieren Grünlandwirtschaft, Milchviehhaltung sowie Gemüseanbau. Die höher gelegenen Randbereiche des Spreewalds werden vor allem für den Ackerbau und den Gemüseanbau genutzt. Der Verbund aus bestehender Lebensmittelverarbeitung und regionaler Erzeugung der Rohware hat die Dachmarke „Spreewald“ zum überregionalen Erfolgsmodell werden lassen; exemplarisch dafür ist die Produktion und bundesweite Vermarktung von Gurken.

Die zentralen Flächen nordöstlich von Lübbenau stehen als Naturschutzgebiete bzw. Kernzonen des Biosphärenreservats unter besonderem Schutz. Dort liegen Brutreviere von seltenen Tieren wie Seeadler oder Schwarzstorch. In ehemals intensiv genutzten Poldergebieten erfolgte eine teilweise Wiedervernässung aus Kosten- und Umweltschutzgründen (s. Karte; Sommerpolder).

Ein kontrovers diskutiertes Problem, die Verockerung, ergibt sich aus der Schließung von Braunkohlentagebauen im Einzugsgebiet der Spree oberhalb des Spreewalds. Seit etwa 2007 kommt es zu hohen Konzentrationen an Eisenhydroxid in der Spree, die das Flusswasser verfärben, zu ockerfarbenen Schlammablagerungen führen und damit die Lebenswelt in starkem Maße verändern. 2010 hat dieses Phänomen auch die südlichen Zuflüsse des Spreewalds erreicht, was ein großes Risiko für Natur und Tourismus darstellt. Erste Maßnahmen zur Gefahrenabwehr wurden getroffen. Hinzu kommt die steigende Sulfatbelastung des Wassers, die insbesondere die Trinkwassergewinnung in der Region gefährdet.

Tourismusentwicklung

Die wirtschaftliche Zukunft der Spreewaldregion ist stark mit der Entwicklung des Tourismus verbunden. Ein breites Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten verschiedener Kategorien, ein Radwegenetz, Reit- und Wandertouristik, Paddelboottouren und diverse Themenangebote in den Bereichen Gesundheit, Sport und Naturtourismus stehen den Besuchern zur Auswahl. Hinzu kommen ein differenziertes Angebot an spezialisierten Wellnesshotels und -einrichtungen und der tropische Freizeitpark Tropical Islands (s. 62.1).

Der Natur- und Erlebnistourismus wird auch in Zukunft ein Schwerpunkt für die Spreewaldregion sein. Zu den Angeboten zählen beispielsweise Rastplatzbeobachtung von Kranichen und Gänsen und botanische Führungen. Die Verwaltung des Biosphärenreservats sieht hier einen Wachstumsmarkt für nachhaltigen Tourismus, der sich mit den Interessen des Naturschutzes vereinbaren lässt.

Das breite touristische Angebot hat den Mehrtagestourismus gestärkt und die Übernachtungszahlen deutlich steigen lassen. Im Jahr 2013 besuchten 547 000 Gäste die Region (+ 23 % gegenüber dem Jahr 2006), die Zahl der Übernachtungen lag bei 1,45 Mio. (+ 27 %).

Schlagworte