Silicon Valley (Kalifornien) - Informationstechnologie-Cluster

Amerika - Vereinigte Staaten von Amerika (USA), Kanada - Wirtschaft
978-3-14-100803-6 | Seite 214 | Abb. 2| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Das Silicon Valley gilt weltweit als Musterbeispiel eines modernen Wirtschaftsclusters. Es ist gekennzeichnet durch eine einzigartige Standortkonzentration der Informationstechnologie (Entwicklung von Hardware, Software, Internetdienstleistungen). Hinzu kommen Unternehmen der Bio- und Umwelttechnologie, der Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtindustrie sowie des Fahrzeugbaus (Elektromobilität). Prägend sind Global Player der Informationstechnologie wie Apple, Hewlett-Packard, Oracle, Intel, AMD, Google, Facebook, Ebay oder Yahoo, um die sich mehrere tausend weitere Firmen unterschiedlichster Größen gruppieren. Ähnliche Clusterstrukturen wie das Silicon Valley weisen zum Beispiel der Großraum Boston oder das „Research Triangle“ in North Carolina auf, teils aber mit anderen Branchenschwerpunkten.

Geografische Lage und Bevölkerung

Das Silicon Valley, dessen Name auf das bei der Halbleiterproduktion benötigte Silicium zurückgeht, liegt südöstlich von San Francisco in Fortsetzung der San Francisco Bay durch das breite Santa Clara Valley zwischen zwei Gebirgszügen der kalifornischen Küstenketten. Auf die hohe Erdbebengefährdung weist die unmittelbar westlich verlaufende San-Andreas-Verwerfung hin. 

Das Zentrum des Silicon Valley, das weitgehend mit dem Santa Clara County identisch ist, aber auch Teile der benachbarten Alameda und San Mateo Counties umfasst, bildet San Jose, die drittgrößte Stadt Kaliforniens, die 2010 rund 950 000 Einwohner zählte. Unter dem Einfluss des wirtschaftlichen Booms der vergangenen Jahrzehnte stieg die Einwohnerzahl des Santa Clara County zwischen 1950 und 2010 von 290 000 auf 1,78 Mio. Hinsichtlich der durchschnittlichen Jahreseinkommen belegt das Santa Clara County einen Spitzenplatz in Kalifornien bzw. den USA.

Zum Forschungsumfeld

Die Mehrzahl der großen Firmen konzentriert sich mit ihren Zentralen auf den Industriegürtel von San Jose über Sunnyvale bis nach Palo Alto, dem Standort der Stanford University. Ausschlaggebend für die Entwicklung des Silicon Valley zu einem Informationstechnologie-Cluster war das Zusammentreffen verschiedener Faktoren. Eine zentrale Rolle spielten bereits ab den 1930er-Jahren die Stanford University und ihr damaliger Vizepräsident Frederick Terman, der seine Studenten zum Unternehmertum animierte und nebst Flächen auch Kapital zur Ansiedlung der Betriebe bereitstellte. Exemplarisch dafür ist die Gründung der Firma Hewlett-Packard durch die gleichnamigen Studenten in einer Garage in Palo Alto 1939. Auch die Anlage des Stanford Research Park als Schnittstelle zwischen Forschung und Produktion im Jahre 1951 geht auf die Initiative von Frederick Terman zurück. Daraus ergaben sich wichtige Impulse für die Entwicklung der Elektronikindustrie im Silicon Valley. Typisch waren und sind bis heute ständige Neu- und Ausgründungen aus der Universität und bereits existierenden Unternehmen, sogenannte Spin-offs (zum Beispiel die Entwicklung der Halbleitertechnologie durch den Nobelpreisträger W. B. Shockley und die Gründung der Firma Fairchild Semiconductor im Jahre 1957).

Eine wichtige Rolle spielen bis heute staatliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Der Aufstieg des Silicon Valley wurde seitens der US-Regierung entscheidend begünstigt durch die Vergabe lukrativer Aufträge an die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie, die einen Standortschwerpunkt in Kalifornien hat. Davon geht eine starke Nachfrage nach spezialisierten und innovativen Elektronik- und Softwareprodukten aus, die von den ständig neu entstehenden und höchst flexiblen Kleinbetrieben in idealer Weise bedient werden kann.

Zum Finanzumfeld

Ein entscheidender Faktor ist die Verfügbarkeit von Risikokapital. Die großzügige Gewährung von Kapital an junge Unternehmen mit einem zukunftsträchtigen „Businessplan“ durch spezielle Finanzdienstleister – auch ohne die üblichen Sicherheiten – begünstigte den raschen Aufschwung von Unternehmen der Informationstechnologie. Die enge Verflechtung von Großkonzernen, mittelständischen Unternehmen und einer Vielzahl hoch spezialisierter Kleinunternehmen mit häufig nur kurzer Lebensdauer ist bis heute ein charakteristisches Merkmal dieses Clusters geblieben. Neben Partnern aus Industrie und Forschung zählen dazu auch Dienstleister, zum Beispiel in den Bereichen Design, Marktforschung, Marketing, Finanzierung, Versicherung oder Patentrecht. Innerhalb der Unternehmensnetzwerke kommt es sowohl über formelle wie informelle Kontakte zu einem stetigen Personaltransfer und Wissensaustausch. Die Kehrseite dieser Partnerschaften und Allianzen ist ein scharfer Wettbewerb um Kapital, die Entwicklung von neuen Produkten, die Gewinnung von Kunden und die Erschließung von Märkten.

Wandel im Silicon Valley

Es gehört zu den strategischen Aufgaben von Informationstechnologie-Clustern, dass sie sich eine hohe Flexibilität und stetige Innovationsbereitschaft bei der Entwicklung neuer Produkte erhalten müssen, um ihre ökonomische Spitzenstellung dauerhaft zu sichern. Deshalb ist auch das Silicon Valley einem ständigen Wandel unterworfen. Spielte anfangs noch die Produktion von Mikrochips und Computern eine große Rolle, so hat sich die Fertigung von ausgereiften Produkten in Großserien unter dem Druck der hohen Produktionskosten in Niedriglohnregionen der USA oder ins Ausland verlagert. Waren in der Frühzeit noch alle Stadien der Wertschöpfungskette vertreten, so spaltete sich diese bei den großen Firmen zunehmend auf, wobei die wissensintensiven Aufgaben (wie Entwicklung) sowie kundenspezifischen Aufgaben (wie Marketing) im Silicon Valley verbleiben. In der jüngeren Vergangenheit wird die Entwicklung vor allem durch den Aufstieg von Internetdienstleistern wie Google, Ebay oder Facebook bestimmt.

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