Saarland/Lothringen/Luxemburg (Saar-Lor-Lux) - Dienstleistungsregion 2018

Saarland - Saar-Lor-Lux - Strukturwandel
978-3-14-100382-6 | Seite 23 | Abb. 2

Überblick

Der Kartenausschnitt zeigt den Kernbereich des sogenannten Saar-Lor-Lux-Raumes, der sich zusammensetzt aus vier lothringischen Departements, der belgischen Provinz Luxemburg, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Saarland und dem Westen von Rheinland-Pfalz. Nach der Wiederangliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik Ende der 1950er-Jahre wurden der im Saar-Lor-Lux-Raum einstmals dominierende Bergbau und alle Bereiche der Eisenindustrie durch die einsetzende Stahlkrise schwer erschüttert. Der gemeinsame Niedergang dieser beiden wichtigsten Wirtschaftszweige führte zu einem Strukturwandel in der ganzen Region.

Niedergang des saarländisch-lothringischen Kohlereviers

Das saarländisch-lothringische Kohlerevier ist geologisch eine Einheit, allerdings sind die Abbaubedingungen auf französischer Seite aufgrund der geologisch-tektonischen Verhältnisse ungleich schwieriger als im Saarland. Das lothringische Revier der Houillières du Bassin de Lorraine (HBL) trug 1957 etwa ein Viertel zur gesamten französischen Steinkohlenproduktion von insgesamt 58 Millionen Tonnen bei. Der Höchststand der Eisenerzförderung in Luxemburg und Lothringen wurde Ende der 1950er-Jahre erreicht. Aufgrund sinkender Transportkosten, geringerer Preise sowie höherer Qualität verdrängten jedoch Erze aus Übersee immer stärker die lothringisch-luxemburgischen Minette-Erze (mit maximal 32 Prozent Eisengehalt). Die Eisen- und Stahlindustrie geriet vor allem ab 1974 in eine existenzielle Krise, die durch externe Einflüsse, aber auch durch mangelnde Rationalisierung verursacht wurde; beispielsweise wurden 1974 im Saarland nur noch vier Hochöfen benötigt, dennoch waren 17 in Betrieb. Als gravierender Nachteil erwies sich die einseitige Spezialisierung der meisten Hütten auf Profil- und Massenstähle. Zwischen 1960 und 1983 wurden im Saarland 23 000 Arbeitskräfte freigesetzt, in Lothringen gingen innerhalb von nur 15 Jahren mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze in den Bereichen Steinkohle und Stahl verloren. Seit 1986 wird Roheisen im Saarland nur noch in Dillingen, Stahl ausschließlich in Dillingen und Völklingen produziert. Im lothringischen Kohlerevier wurde der schrittweise Rückzug von der Kohle ab den 1990er-Jahren vollzogen. Als 2005 die letzte lothringische Schachtanlage geschlossen wurde, war durch die frühzeitige Ausgründung bergbaunaher Betriebe wenigstens für einen Teil der Belegschaft eine Weiterbeschäftigung gesichert worden. Im Saarland wurde 2012 im Rahmen des vom Bundestag beschlossenen Ausstiegs aus der Steinkohlenförderung mit der Schließung des Bergwerks Saar die Kohleförderung eingestellt.

Versuche zur Ansiedlung neuer Industrien

Die 1957 als Nachfolgegesellschaft der „alten“ Saarbergwerke gegründeten Saarbergwerke Aktiengesellschaft (Saarberg) hatte sich schon frühzeitig um eine möglichst enge Zusammenarbeit mit dem französischen Konkurrenten HBL bemüht. Mit der „Saarlor“ gründeten beide Unternehmen eine gemeinsame Verkaufsgesellschaft, die Saarberg noch bis zu Beginn der 1980er-Jahre alljährlich einen Export von 5–7 Millionen Tonnen Steinkohle nach Frankreich ermöglichte; in den 1990er-Jahren liefen diese Exporte aus. Neben der „Saarlor“ wurden in den 1960er-Jahren auch andere Gemeinschaftsunternehmen ins Leben gerufen. In Klarenthal (Völklingen) und Metz wurden Raffinerien gebaut, die über einen Anschluss an die SEPL, die „Südeuropäische Pipeline“ von Marseille bis Karlsruhe, mit Rohöl versorgt wurden. Doch diese Versuche, neben der Kohle ein zweites wirtschaftliches Standbein aufzubauen, scheiterten; 1985 war auch für die Saarland-Raffinerie Schluss. Die Kohleaktivitäten des Saarberg-Konzerns, der sich zu 74 Prozent in Bundes- und zu 26 Prozent in Landeseigentum befand, wurden 1998 in die Deutsche Steinkohle AG eingebracht. Unter den Nachfolgeindustrien tritt besonders der Kraftfahrzeugbau hervor (mehrere große Standorte in Saarlouis, Homburg, Neunkirchen, Metz und Umgebung).

Strukturwandel in der Region

Die gesamte Region hat in den letzten Jahrzehnten einen Strukturwandel erlebt, dessen große Verlierer der Steinkohlenbergbau und die Stahlindustrie sind, wie im Vergleich beider Karten am massiven Rückgang sowohl der Bergwerke als auch der Eisenhütten, Stahlwerke, Gießereien und Walzwerke deutlich zu sehen ist. Diese Entwicklung spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider: Wurden beispielsweise 1960 im Saarland noch 42 100 Beschäftigte in der Eisen- und Stahlindustrie gezählt, waren es 1992 nur noch 15 400, im Jahre 2000 noch 11 100 und im Jahr 2010 lediglich noch 4 500. Von den einstmals mehr als 20 Steinkohlengruben im Raum Saarbrücken wurde 2012 mit dem Bergwerk Saar die letzte geschlossen. Hinsichtlich der Aufteilung nach Wirtschaftsbereichen ist die Zahl der Industriebeschäftigten in der Saar-Lor-Lux-Region zwar noch immer vergleichsweise hoch – insbesondere im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Lothringen –, dennoch nimmt die Bedeutung dieses Bereiches tendenziell ab. Der Stellenrückgang in den traditionellen Industriebereichen wurde begleitet von einem beständigen Wachstum des Dienstleistungssektors. Gegenwärtig sind bereits mehr als 70 Prozent aller Beschäftigten in der Saar-Lor-Lux-Region im Dienstleistungsbereich tätig, wobei Luxemburg mit rund 80 Prozent den Spitzenplatz belegte. Die Stadt konnte sich als internationales Finanzzentrum und als Verwaltungsstandort für Einrichtungen der EU behaupten. Hauptgrund für das Wachstum des tertiären Sektors ist die Entstehung neuer Dienstleistungsbereiche, etwa auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien und im Bereich der Dienstleistungen für Unternehmen.

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