Rotterdam - Hafen

Europa - Niederlande - Mehrkernballung Randstad
978-3-14-100803-6 | Seite 123 | Abb. 3| Maßstab 1 : 250000

Überblick

Rotterdam ist nach dem Güterumschlag der viertgrößte Seehafen weltweit (nach Shanghai, Singapur und Tianjin) und der größte Tiefseehafen Europas. Nach dem Containerumschlag belegt Rotterdam Platz 11. Die Hafenanlagen erstrecken sich innerhalb und westlich der Stadt über ein Gebiet von rund 40 Kilometern Länge, der Schwerpunkt liegt auf der südlichen Uferseite. Das Hafengebiet lässt sich in drei große Bereiche unterteilen. Im Osten liegen die älteren Häfen, die hauptsächlich vor dem Zweiten Weltkrieg entstanden, am Ufer der 1872 fertig gestellten Neuen Maas (Nieuwe Maas). Westlich davon, am Neuen Wasserweg (Nieuwe Waterweg), liegen die vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren angelegten Erweiterungen, die heute das Kerngebiet von Europoort, dem Hafen von Rotterdam, bilden. Der jüngste Teil des Hafengebiets ist die ab den 1970er-Jahren ins Meer gebaute Maasvlakte (Maasebene) im Mündungsbereich zur Nordsee, die derzeit um rund 1000 Hektar Gewerbegebiet erweitert wird, um den prognostizierten Flächenbedarf bis 2030 zu decken. Die zunehmenden Schiffsgrößen (bis 400 Meter lang, 60 Meter breit und 80 Meter hoch) haben in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass zur Mündung hin immer größere und tiefere Hafenbecken angelegt wurden.

Räumliche Gliederung

Durch den Ausbau der Hafen- und Industriegelände kam es zu einer räumlichen Trennung nach der Art der umgeschlagenen Güter. Die Abfertigung von Containern konzentriert sich auf der Maasvlakte und auf einige wenige Bereiche am südlichen Ufer. Bei den großen Containerschiffen, die auf interkontinentalen Strecken verkehren, erfolgt die Verladung auf der Maasvlakte. Die älteren Stückguthäfen wurden speziell für den Shortsea-Containerverkehr in Europa umgebaut (meist küstennaher Kurzstrecken-Containerverkehr).

Die Abfertigung von Flüssig- und Massengütern geschieht vor allem in den jüngeren Hafenbereichen im Westen. Ein Drittel der Steinkohle und der sogenannten Agribulk-Produkte wie Getreide, Saatgut, Sojabohnen, Mais oder Tapioka gelangen über Rotterdam auf die Märkte in Westeuropa; gleiches gilt für rund 45 Prozent aller Erze, Schrottprodukte, Mineralstoffe und sonstigen Trockenmassengüter. Im Hafen sind vier Ölraffinerien von internationalem Rang sowie rund 40 Unternehmen der Chemie- und Ölbranche ansässig; Rotterdam gehört mit Houston und Singapur zu den drei wichtigsten Öl- und Chemiezentren der Welt.

Erweiterungen bis 2014

Das Hafengebiet ist allein in den letzten 50 Jahren erheblich gewachsen. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs umfasste es 1400 Hektar, 1975 waren es 7500 und 2013 bereits 12 500 Hektar (ohne Maasvlakte 2). Der Umschlag stieg parallel dazu von 30 Mio. Tonnen im Jahr 1950 auf 225 Mio. Tonnen 1970 und schließlich auf 450 Mio. Tonnen 2013; allein das Rohöl hatte daran einen Anteil von rund 91 Mio. Tonnen. Rotterdam ist zugleich mit einem Umschlagsvolumen von rund 11,6 Mio. TEU (Twenty Feet Equivalent Unit) im Jahre 2013 der wichtigste europäische Containerhafen.

„Maasvlakte 2“ soll zum neuen Spitzenstandort insbesondere für Containerumschlag, Logistik und chemische Industrie werden, dort haben 2013 die ersten Unternehmen den Betrieb aufgenommen. Mit einer Fahrwassertiefe von 23,5 Metern wird das neue Hafengebiet für die größten derzeit verkehrenden Öltanker und Containerschiffe zugänglich sein. Diese Schiffsgiganten können bis zu 380 000 Tonnen Erdöl laden oder bis zu 13 000 Container transportieren – für diese Anzahl Container müsste ein Güterzug eine Länge von über 80 Kilometern haben.

Wasserstraßen und Verkehrsanbindung

Zwischen Rotterdam und Maasvlakte gibt es heute vier parallel zueinander liegende Gewässer. Von Norden nach Süden sind dies der Neue Wasserweg für die Schifffahrt zwischen Nordsee und östlichem Hafengebiet, der Calandkanal für die Seeschifffahrt von und nach Europoort, der Hartelkanal südlich des Europoorts für die Binnenschifffahrt von und nach Europoort (rheinaufwärts bis nach Basel ohne Hindernisse) und schließlich das von einem Grüngürtel umgebene Brielse Meer, das heute Erholungszwecken dient.

Da der Tidenhub im Rotterdamer Hafengebiet nicht größer als etwa 1,60 Meter ist, war es nicht nötig, die Hafenbecken mittels Schleusen vom offenen Wasser zu trennen, wie etwa in London und Antwerpen. Die offene Verbindung zum Meer, die sehr tiefe Fahrrinne, die strategisch günstige Lage in Europa und die perfekten Hinterlandverbindungen sind gemeinsam mit dem hochwertigen Dienstleistungsangebot die Garanten für den Erfolg von Rotterdam.

Jedes Jahr legen rund 35 000 Seeschiffe und weit mehr als 100 000 Binnenschiffe im Rotterdamer Hafen an. Dieser verfügt über eine große Zahl von Feeder-Diensten zu anderen europäischen Häfen; diese fungieren als Zubringer für Containerladungen und Autos im internationalen Hochseeverkehr. Dank ihnen laufen die großen Seeschiffe der global operierenden Schifffahrtsgesellschaften nur eine kleine Zahl von europäischen Großhäfen an.

Rotterdam verfügt über ein gut entwickeltes Netz von Wasserwegen, Pipelines, Eisenbahn- und Straßenverbindungen. Über Maas, Rhein, zahlreiche Kanäle und die Donau erreichen die Binnenschiffe große Teile Mittel-, Ost- und Westeuropas. Pipelines verbinden den Hafen mit dem Süden der Niederlande, dem Ruhrgebiet, Süddeutschland und Belgien. Das Schienennetz dient vor allem der Beförderung von Containern und Massengütern (Eisenerz, Kohle).

Weil Dienstleistungen auch im Hafen eine immer größere Rolle spielen, gibt es drei „Distriparks“ für die Lagerung und den Vertrieb von Handelsgütern, die in Containern nach Rotterdam gelangt sind. Es handelt sich um Gelände mit großen Lagerhäusern und IT- und Kommunikationsinfrastruktur, die nahe bei Containerterminals liegen und zugleich gut an das Straßen-, Wasserstraßen- und Schienennetz angebunden sind. Darin können Güter vor dem Weitertransport gelagert, sortiert, montiert, verpackt und etikettiert werden.

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