Rom - Stadtlandschaft

Europa - Südeuropa - Mediterrane Kulturlandschaften
978-3-14-100800-5 | Seite 136 | Abb. 1| Maßstab 1 : 50000

Überblick

Rom liegt rund 20 Kilometer von der Küste entfernt in einer Ebene zwischen dem Meer und den Ausläufern der Apenninen. Die Stadt, der Überlieferung nach 753 v. Chr. von Romulus gegründet, wurde in der Tiberebene auf einigen Anhöhen erbaut. Zu den berühmten „sieben Hügeln“ zählen Palatin, Kapitol, Quirinal, Viminal, Esquilin, Celio und Aventin; in späterer Zeit dehnte sich die Stadt auch auf weitere Erhebungen aus. Der Tiber trennt die Vatikanstadt und Trastevere vom Zentrum.

Die bauliche Entwicklung Roms

Als 27 v. Chr. mit Augustus die römische Kaiserzeit begann, war Rom schon längst nicht mehr ein Stadtstaat, sondern mit annähernd 1 Mio. Einwohnern das politische und kulturelle Zentrum eines Riesenreichs. In der heutigen Innenstadt finden sich zahlreiche bauliche Relikte dieser Blüteepoche, darunter das Colosseum, die Kaiserforen, das Forum Romanum und die Caracalla-Thermen. Die Aurelianische Stadtmauer aus dem 3. Jahrhundert umschließt diese Gebäude, markiert aber gleichzeitig auch die Grenzen des heutigen funktionalen Zentrums der Stadt.

Im südlichen Teil des Zentrums befinden sich ausgedehnte archäologische Zonen und Ausgrabungsflächen, in denen bis heute immer wieder bedeutende Entdeckungen gemacht werden.

Auch wenn das heutige Stadtzentrum mit dem römischen lagegleich ist, gibt es keine ungebrochene Kontinuität in der baulichen Entwicklung. Zwischen dem antiken und modernen Rom vermitteln die Strukturen der mittelalterlichen Stadt, die ihr Zentrum an einem anderen Ort hatte. Das mittelalterliche Rom blieb bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf den Tiberbogen und auf Trastevere beschränkt; seine Grenzen markiert die mittelalterliche Stadtmauer mit den Festungsbastionen. Das „centro storico“, der vor 1850 bebaute Teil der Stadt, füllt deshalb nur einen Bruchteil des von der Aurelianischen Stadtmauer umschlossenen Areals aus. Die mittelalterliche Stadt weist einen recht unregelmäßigen Straßengrundriss auf. Rom war zu dieser Zeit umgeben von den Villen und Parks des römischen Stadtadels, die heute eine Grünzone am Rande des Zentrums bilden. Zu den Adelsresidenzen aus dieser Zeit, die sich bis heute erhalten haben, zählen die Villa Doria Pamphili, die Villa Borghese und die Villa Torlonia im Westen und Norden. Dass die Gebiete außerhalb des Zentrums relativ jungen Datums sind, lässt sich an ihrem vergleichsweise regelmäßigen Straßengrundriss erkennen.

Hauptstadt Italiens

Erst als Rom 1871 zur neuen Hauptstadt des zehn Jahre zuvor proklamierten Königreichs Italiens wurde, begann ein rasantes Wachstum der Stadt. Zählte sie zum Zeitpunkt der nationalen Einigung rund 200 000 Einwohner, wuchs deren Zahl bis heute auf mehr als 2,6 Mio. an. Die um 1871 extrem hohe Bevölkerungsdichte im heutigen „centro storico“ ging zwar im Laufe der Zeit zurück, es fand aber kaum eine Verdrängung der Wohnbevölkerung und der Handwerksbetriebe durch hochrangige tertiäre Funktionen statt.

Das heutige funktionale Zentrum Roms liegt östlich außerhalb des mittelalterlichen Stadtkerns in den Neubaugebieten des 19. Jahrhundertsund endet etwa an der Aurelianischen Stadtmauer. Auch dieser Bereich hat noch immer Wohnfunktionen. Eine gewisse funktionale Spezialisierung lässt sich allenfalls in Gestalt einer Konzentration von Hotels und Pensionen um den Bahnhof Termini und rund um die Villa Borghese erkennen. Die übrigen hochrangigen tertiären Einrichtungen sind ohne räumliche Segregation über weite Stadtbereiche verstreut. Teile der Cityfunktionen sind sogar weit außerhalb des Stadtkerns in eigenen „centri direnzionali“ angesiedelt. In der Stadt hat sich weder ein Regierungs- noch ein Verwaltungsviertel herausgebildet; Ähnliches lässt sich auch im Hinblick auf die Wirtschaft und die kulturelle Einrichtungen konstatieren.

In dem weniger als einen Quadratkilometer großen Gelände der Vatikanstadt, dem Sitz des Papstes und dem Zentrum der römisch-katholischen Kirche, konzentriert sich das religiöse Leben. Der Vatikan liegt außerhalb der antiken und mittelalterlichen Stadt und auch außerhalb des heutigen funktionalen Zentrums.

Die baulichen Strukturen Roms sind aus den historischen Wurzeln, den heutigen Funktionen als Hauptstadt Italiens und aus ihrer Stellung als Zentrum der römisch-katholischen Kirche zu verstehen. Die römisch-antike Tradition hat für Rom große ideelle Bedeutung: Beispielsweise war bei der nationalstaatlichen Einigung Italiens nur Rom als endgültige Hauptstadt denkbar, obwohl es wirtschaftlich und kulturell zu dieser Zeit eine eher untergeordnete Rolle spielte. Auch für die gegenwärtige Stadtentwicklung ist das antike Rom noch immer von großer Bedeutung. Die zahlreichen historischen Denkmäler und die ausgedehnten archäologischen Zonen sind bedeutende Anziehungspunkte für den Tourismus, zugleich haben sie auch Verkehrsfunktionen, etwa in Gestalt der breiten Straßen, die heute den dichten Autoverkehr aufnehmen.

Die Regierungs- und Verwaltungsfunktionen, das kulturelle Leben und der Tourismus sind gegenwärtig die dominierenden Wirtschaftszweige. Hinzu kommen die Angestellten beim Vatikan, bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und bei den zahlreichen Unternehmenssitzen, die die Nähe der staatlichen Verwaltung suchen. Die Industrie hat hingegen nur eine untergeordnete Bedeutung.

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