Randstad - Raumstruktur, Raumordnung

Europa - Niederlande - Mehrkernballung Randstad
978-3-14-100800-5 | Seite 123 | Abb. 2| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Der Name Randstad wurde in den 1930er-Jahren für einen nicht vollständig geschlossenen Ring von Städten geprägt, die im Westen der Niederlande den Außenrand eines weitgehend ländlich geprägten Kerngebietes – des sogenannten Grünen Herzens – bilden. Die Gesamtfläche der Randstad mit Städtering und Grünem Herz beträgt etwa 5600 Quadratkilometer (15 % der Landesfläche). Die rund 6,6 Mio. Einwohner der Region stellen rund 40 Prozent der niederländischen Bevölkerung; 700 000 von ihnen wohnen im Grünen Herz. Die Bevölkerungsdichte liegt bei rund 1200 Einwohnern/km2.

Entstehung und Strukturmerkmale

Die Struktur der Randstad ist eine Folge der naturräumlichen Gegebenheiten. Das heutige „Grüne Herz“ war lange Zeit ein nahezu unbetretbares Moor. Die Städte entwickelten sich in etwas höher gelegenen Gebieten: Haarlem und Den Haag in den Dünen im Westen, Amersfoort und Hilversum auf den pleistozänen Sandgebieten im Osten, Utrecht, Amsterdam, Rotterdam und Leiden schließlich auf den Uferwällen entlang der Flüsse. Im Mittelalter begann die Urbarmachung des zentral gelegenen Moorgebiets. Es wurden Polder angelegt, die etwa auf Höhe des Meeresspiegels lagen oder – sofern es sich um trockengelegte, durch Torfablagerung entstandene Seen handelte – auch mehrere Meter darunter. Im Laufe der Zeit wuchsen die Städte zu einem Ring zusammen. Dennoch behielten sie jeweils ihre eigene Identität.

Die Randstad besteht aus einzelnen Stadtregionen, die ringartig angeordnet und nur begrenzt miteinander vernetzt sind. Die Einwohner dieser Regionen machen ihre Einkäufe fast ausschließlich im jeweils eigenen Zentrum. Die Unternehmen stehen vor allem mit Betrieben in anderen Teilen der Niederlande oder dem Ausland in Verbindung. Es gibt zwar viele Pendler, insbesondere in Richtung Amsterdam, dennoch arbeiten drei Viertel der Berufstätigen in der Stadt, in der sie auch wohnen. Die Randstad ist also keine Netzwerkstadt mit komplementären Zentren, im Gegenteil, mehr und mehr kann man in allen größeren Städten dieselben Betriebe und Geschäfte vorfinden.

Stellung der Randstad

Auf nationaler Ebene bildet die Randstad dennoch eine räumliche Einheit, wobei die großen Städte eine jeweils eigene Bedeutung haben.Amsterdam ist Landeshauptstadt und zugleich das bedeutendste finanzielle und kulturelle Zentrum der Niederlande, Rotterdam hat eine ähnliche Bedeutung als Industrie- und Transportzentrum, Den Haag ist der Sitz der Regierung und verschiedener internationaler Institutionen wie Internationaler Gerichtshof und Internationaler Strafgerichtshof; Utrecht schließlich ist vor allem ein Verkehrszentrum und deshalb bevorzugte Messe- und Tagungsstadt.

Die Randstad firmiert auch unter dem Namen „Deltametropole“, was ihren Anspruch unterstreicht, eine prominente Rolle unter den europäischen Metropolen zu spielen. Nach der Wirtschaftsleistung gehört die Randstad zu den stärksten Regionen der EU. Die vorhandene Logistik- und Kommunikationsinfrastruktur gehört zu den besten in der Welt, und die Wirtschaftsstruktur der Randstad weist traditionell einen Schwerpunkt im Bereich der spezialisierten Dienstleistungen auf. Daher ist es nicht verwunderlich, dass zahlreiche Unternehmen aus den USA und Japan die Randstad zum Standort ihrer europäischen Hauptverwaltungen gemacht haben.

Grenzen und Ausblick

Ein Grundproblem der Randstad ist und bleibt, dass ein polyzentrischer Raum mit einem grünen Zentrum verkehrstechnisch schlechter zu entschließen ist als ein monozentrischer Ballungsraum, besonders dann, wenn eine Zerschneidung der zentralen Grünflächen vermieden werden soll. Berufspendler werden deshalb auch weiterhin tagtäglich mit Stau und Verspätungen leben müssen. Es gab viele Versuche, die innere und äußere Erreichbarkeit der Randstad zu verbessern. An die Stelle des früheren Bahnnetzes trat ein differenziertes Hochgeschwindigkeits-, IC- und Stadtbahnnetz (Randstadrail), die Autobahnen wurden verbreitert.

Ansätze für künftige Entwicklungsstragien der Metropolregion werden im Rahmen der „Strukturvision Randstad 2040“ des niederländischen Ministeriums für Wohnungswesen, Raumordnung und Umwelt entwickelt, diskutiert und umgesetzt.

In der landwirtschaftlichen Nutzung spielen Glashauskulturen und Anbau von Blumenzwiebeln eine wichtige Rolle. Zu den Zukunftsaufgaben der Region gehört angesichts der Lage unterhalb des Meeresspiegels auch, sich auf die zu erwartenden Folgen der anthropogenen Klimaveränderung einzustellen.

Trotz dieser strukturellen Schwierigkeiten und Herausforderungen verfügt die Randstad über ein einzigartiges Potenzial: die starke innere Differenzierung, die kulturelle und architektonische Vielfalt, die Nähe zur Nordsee und die Lage rund um das Grüne Herz garantieren der Region im allgemeinen „Wettbewerb der Regionen“ sowohl aufgrund ihrer „harten“ als auch ihrer „weichen“ Standortfaktoren einen Vorzugsplatz.

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