Punjab - Bewässerung und Versalzung

Asien - Südasien - Vielfalt der Raumstrukturen
978-3-14-100800-5 | Seite 183 | Abb. 6| Maßstab 1 : 6000000

Überblick

Das Punjab (Sanskrit: „Fünfstromland“) umfasst den nordöstlichen Teil des Industieflandes, das vom Indus und seinen tributären Flüssen – Jhelum, Chenab, Ravi, Sutlej und Beas – gequert wird. Es handelt sich um das größte geschlossene Bewässerungsgebiet der Erde, das mit einer Fläche von 102 000 Quadratkilometern annähernd viermal so groß ist wie das Bewässerungsgebiet des Nils und knapp 30 Prozent der Fläche Deutschlands entspricht. Neben der Baumwolle sind Reis, Getreide, Obst und Gemüse wichtige Anbauprodukte.

Der Indus ist einer der größten Flüsse der Erde (Länge 3180 km bzw. das 2,6-fache des Rheins; mittlerer Abfluss 7160 m3/s bzw. das 2,5-fache des Rheins). Er entspringt im Himalaya und mündet nahe Karachi, der Hauptstadt Pakistans, ins Arabische Meer. Der Abfluss des Indus schwankt aufgrund der Lage seiner Quellgebiete im Hochgebirge stark (Schneeschmelze). Auf langen Strecken seines Laufs durchquert der Fluss Trockengebiete und ist dort Grundlage der Wasserversorgung.

Ausweitung der Anbauflächen

Jahrhundertelang wurden im Punjab lediglich die unmittelbar an die Flussauen angrenzenden Felder durch Ableiten der Monsunhochfluten im Frühsommer bewässert. Erst während der britischen Kolonialherrschaft, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann und bis Mitte des 20. Jahrhunderts andauerte, wurden durch den Bau umfangreicher technischer Anlagen (Kanäle, Dämme) die Voraussetzungen für den Übergang zu einer ganzjährigen Bewässerung geschaffen. Dadurch konnten auch die höhergelegenen Zwischenstromplatten landwirtschaftlich genutzt und siedlungsmäßig erschlossen werden.

Die Regulierung und Verteilung des Wassers erfolgt durch ein weitverzweigtes Bewässerungssystem auf der Grundlage des Indus-Water-Treaty von 1960. Dieses Abkommen regelt die Wassernutzung zwischen Pakistan und Indien. Indien erhielt die Erlaubnis, die Oberläufe der Flüsse Ravi, Sutlej und Beas durch den Rajasthankanal und andere Verbindungskanäle auf sein eigenes Territorium abzuleiten, musste aber im Gegenzug garantieren, dass Pakistan das Wasser von Indus, Chenab und Jehlum nutzen kann.

Abgesehen von einem schmalen, niederschlagsreicheren Landstreifen am Fuße des Himalayas, auf dem ein natürlicher Regenfeldbau möglich ist, muss der obere Teil der Indusebene künstlich bewässert werden. Zu diesem Zweck wurden in dem das Industiefland umrahmenden Gebirge bzw. in der Übergangszone zwischen Gebirge und Vorland Staudämme angelegt, um die Abflussverhältnisse zu regulieren und Überschwemmungen vorzubeugen. Sie sorgen dafür, dass der Landwirtschaft das ganze Jahr über ausreichend Wasser zur Verfügung steht. Zahlreiche Stauwehre verlangsamen den natürlichen Abfluss und leiten das Wasser in die Bewässerungskanäle ab.

Ökologische Folgen

Die Umwandlung von unbestelltem Land in bewässertes Kulturland ist ein schwerwiegender Eingriff in die ökologischen Verhältnisse, der vor allem den Wasserhaushalt verändert. Durch die reichliche Bewässerung steigt der Grundwasserspiegel an. Es kommt dadurch nicht nur zur Versumpfung ausgedehnter Flächen, sondern auch – aufgrund der klimatischen Bedingungen mit hohen Temperaturen, einer entsprechend starken Verdunstung und geringer Niederschläge – zu einer Versalzung großer Areale (s. 141.3). Mit dem kapillaren Aufsteigen des Wassers gelangen gelöste Salze an die Oberfläche, wo sie ausgeschieden werden. Dadurch aber verändert sich die Struktur der Böden. Sind sie feucht, quellen sie auf und werden zu einer zähklebrigen, wasserundurchlässigen, schlecht durchlüfteten Masse. Herrscht hingegen Trockenheit, werden sie steinhart und springen rissig auf. Die landwirtschaftliche Nutzung wird dadurch erschwert, schließlich sogar unmöglich.

In den 1960er-Jahren gingen auf diese Weise pro Jahr rund 400 Quadratkilometer Kulturland verloren – mehr als durch neue Bewässerungsanlagen hinzugewonnen werden konnten. Alarmierend war dies vor allem angesichts der Tatsache, dass die Bevölkerung Pakistans schon damals rasch wuchs, weshalb nutzbarer Boden dringend benötigt wurde, um die Ernährung zu sichern. Außerdem wird im Punjab unter anderem Baumwolle als Grundlage der exportorientierten pakistanischen Textilindustrie angebaut. Diese steuert 56 Prozent zu den Exporten Pakistans bei und ist damit eine wichtige Quelle zur Erwirtschaftung von Devisen.

Rein agrikulturelle Gegenmaßnahmen wie die Einführung des Fruchtwechsels oder der Anbau salzresistenter Kulturpflanzen blieben in der Vergangenheit weitgehend wirkungslos. Auch die horizontale Drainage durch Tonröhren und Entwässerungskanäle versagte im Punjab aufgrund des geringen Gefälles der Stromoase. Als eine wirksame Rekultivierungsmaßnahme erwies sich hingegen die – allerdings teure und deshalb auf relativ kleine Areale beschränkte – vertikale Drainage. Durch die Anlage elektrisch betriebener Tiefbrunnen mit einer Tiefe von bis zu 100 Metern konnte der Grundwasserspiegel abgesenkt werden. Dadurch wurde einerseits der kapillare Bodenwasserstrom unterbunden und andererseits das aus der Tiefe heraufgepumpte Wasser zusätzlich zur Bewässerung genutzt.

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