Perlflussdelta - Wirtschaftskraft

Asien - Ostasien (China) - Wirtschaft
978-3-14-100803-6 | Seite 187 | Abb. 2| Maßstab 1 : 1500000

Überblick

Die Karte zeigt den Bereich des Perlflussdeltas im Süden Chinas. Dort münden der Xi Jiang, drittlängster Fluss Chinas, und weitere Flüsse in einem stark verzweigten Netz von Wasserläufen in das Südchinesische Meer. Als Perlfluss wird der bis zu 30 Kilometer breite Mündungsabschnitt südlich der 11-Millionen-Stadt Guangzhou (Kanton) bezeichnet. Eine Besonderheit sind die beiden Sonderwaltungsregionen Macau (bis 1999 portugiesische Kolonie) und Hongkong (bis 1997 britische Kronkolonie). Noch immer bestehen zwischen der Volksrepublik und den Sonderverwaltungsregionen Grenzübergänge.

Die Region ist mit ihrer diversifizierten Wirtschaftsstruktur und den modernen Verkehrseinrichtungen von zentraler Bedeutung für die globalisierte Wirtschaft. Mit Shenzhen, Hongkong und Guangzhou liegen drei der acht größten Containerhäfen weltweit im Perlflussdelta, hinzukommen drei Großflughäfen mit mehr als 25 Millionen Passagieren pro Jahr (272.2). Im Kartenbild wird die wirtschaftliche Bedeutung durch Diagramme zu den einzelnen Städten verdeutlicht. Dabei zeigen sich unterschiedliche Schwerpunkte. Während Hongkong praktisch ausschließlich vom Dienstleistungssektor geprägt wird, wird in Städten wie Shenzhen und Zhuhai etwa die Hälfte der Wirtschaftsleistung durch die Industrie erbracht. Die Branchenschwerpunkte der Industrie sind der Karte 186.1 zu entnehmen: Mit Elektrotechnik / Elektronik / IT, Kfz-Bau, Maschinenbau, Textilindustrie, Chemischer Industrie, Biotechnologie, Optik und Photonik zeigt sich eine deutliche Konzentration von Wachstumsbranchen.

Im Perlflussdelta lebten 2012 rund 55 Mio. Einwohner (zwei Drittel der Bevölkerung Deutschlands) auf einer Fläche von rund 17 000 Quadratkilometern (entspricht etwa der Größe Thüringens). Allein in den drei Städten Guangzhou, Shenzhen und Hongkong leben rund 30 Mio. Einwohner, darüber hinaus gibt es sechs weitere Millionenstädte. Dies führt zu extrem hohen Besiedlungsdichten. Im Kartenbild zeigt sich, dass die Städte praktisch zu einem zusammenhängenden Kranz rund um das Perlflussdelta zusammengewachsen sind. Zu den bedeutendsten Infrastrukturprojekten zählt die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brücke (Baubeginn 2009; geplante Eröffnung 2016; Kosten 11 Mrd. US-$).

Zur Geschichte Hongkongs

Mit Unterstützung britischer Seestreitkräfte wurde China im Ersten Opiumkrieg von 1839 bis 1842 gezwungen, die Insel Hongkong an Großbritannien abzutreten. Nachdem 1860 auch noch die Halbinsel Kowloon hinzugekommen war, pachtete Großbritannien die sogenannten New Territories zum 1. Juli 1898 für insgesamt 99 Jahre.

Hongkong, zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch ein kleines Fischerdorf, hatte sich in der zweiten Hälfte dieses Säkulums zu einem der wichtigsten Handelsplätze in Fernost entwickelt. Noch bis zum Zweiten Weltkrieg diente die Stadt als Stützpunkt für den Ostasienhandel und als Durchgangs- und Zielland für chinesische Wanderungsströme. Der große, geschützt liegende und über zwölf Meter tiefe Reedehafen und der Status eines Freihafens begünstigten die Entwicklung der Stadt. Die Bevölkerung stieg von 33 000 im Jahre 1851 auf 1,6 Mio. Menschen am Vorabend des Zweiten Weltkriegs an.

Nach 1945 entwickelte sich Hongkong zu einer äußerst bedeutenden Industriekolonie. Hongkong spezialisierte sich auf die billige und arbeitsintensive Massenproduktion für den Weltmarkt. Anfang der 1980er-Jahre war die Kronkolonie einer der größten Exporteure für Spielwaren, Wäsche, Textilien und Uhren weltweit. Angesichts der enorm anwachsenden Bevölkerung bekam die Volksrepublik China als Lieferant von Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Wasser eine immer größere Bedeutung. Dadurch etablierten sich zahlreiche chinesische Geschäfte und Warenhäuser, die ihre Güter sowohl an die Hongkonger Binnenbevölkerung als auch an die große Anzahl ausländischer Touristen absetzten. Der Geschäfts- und Shopping-Tourismus blieb auch nach 1997 von großer wirtschaftlicher Bedeutung.

Begünstigt wurde der wirtschaftliche Aufschwung Hongkongs nach 1978 durch den politischen Wandel und die Öffnung Chinas. Die wirtschaftliche Vermittlungs- und Hafenfunktion der Kronkolonie für die Volksrepublik nahm dadurch erheblich zu. Große Teile der arbeitsintensiven verarbeitenden Industrie wurden nach China, vor allem in die angrenzende Sonderwirtschaftszone Shenzhen und die benachbarte Provinz Guangdong verlagert. Es entstanden intensive wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen.

Der Pachtvertrag zwischen Großbritannien und der Volksrepublik China lief am 30. Juni 1997 aus. Einen Tag später fiel die einstige Kronkolonie Hongkong mit ihren rund 7 Mio. Einwohnern (2012) und einer Fläche von 1095 Quadratkilometern zum 1. Juli 1997 an die Volksrepublik China. Bereits 1984 hatten sich die Volksrepublik und Großbritannien im Rahmen einer „Gemeinsamen Erklärung“ darauf geeinigt, dass Hongkong als Sonderverwaltungszone unter dem Stichwort „ein Land, zwei Systeme“ für weitere 50 Jahre einige Sonderrechte in Anspruch nehmen dürfe, darunter demokratische Grundrechte, eine eigene Währung und die internationale Vertragsfähigkeit unter dem Namen „Hongkong-China“; allerdings ausschließlich in der Außen- und Sicherheitspolitik.

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