Paris

Europa - London und Paris - Global Cities
978-3-14-100770-1 | Seite 111 | Abb. 4| Maßstab 1 : 50000

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Der Kartenausschnitt zeigt den Kernbereich von Paris, in dem sich sowohl Elemente der historischen Stadtentwicklung als auch der heutigen funktionalen Gliederung gut erkennen lassen. Eine markante Strukturlinie ist die Seine, die für die früheste Entwicklung der Stadt prägend war. Ausgangspunkt der Besiedlung war eine Passage über den Fluss im Bereich der Insel Ile-de-la-Cité, auf der es bereits unter dem keltischen Stamm der Parisi in vorchristlicher Zeit eine befestigte Siedlung gab.

Paris – Innenstadt
Das Straßennetz von Paris weist eine gewisse geometrische Regelmäßigkeit auf, die auf die gallo-römische Stadtanlage zurückgeht. Die großen Straßendurchbrüche, Platzanlagen, Parks und andere Infrastrukturmerkmale sind jedoch überwiegend das Ergebnis der neuzeitlichen Entwicklung. Dabei spielt die Stellung von Paris als Residenzstadt eine besondere Rolle. Am markantesten erscheint die von Ludwig XIV. konzipierte Ost-West-Achse, die vom Louvre aus als geradlinige Verbindung bis zum königlichen Jagdwald von Saint-Germain-en-Laye führen sollte. Der größte Teil der Boulevards entstand jedoch erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Stadtpräfekten Baron Haussmann.
Unter Haussmann wurde auch die große Nord-Süd-Achse zwischen dem Ostbahnhof und dem Montparnasse angelegt, die parallel zu zwei bereits in der Antike vorhandenen Straßenzügen – der Rue St. Denis und der Rue St. Martin / Rue St. Jacques – verläuft. Auffällig ist die große Zahl von Kopfbahnhöfen, die seit ihrer Anlage im 19. Jahrhundert wichtige Verkehrsträger für die Bevölkerung der Vorstädte sind.
Zu den besonderen Merkmalen von Paris zählt die klare funktionale Differenzierung der Innenstadt, die sich aus der historischen Entwicklung heraus erklärt. Sie schlägt sich teilweise in den Namen der Stadtviertel nieder, beispielsweise beim Quartier Latin, dem historischen Universitätsviertel, das seinen Namen von der im Mittelalter üblichen Lehrsprache der Universität, dem Lateinischen, herleitet.

Baron Haussmann und das moderne Paris
Die soziale und funktionale Differenzierung der Pariser Innenstadt verstärkte sich im 19. Jahrhundert. Unter Napoléon I. wurden bereits Strukturveränderungen eingeleitet. Die tiefgreifendsten Veränderungen, vor allem im Straßennetz, erfuhr die Innenstadt unter Napoléon III. und seinem Stadtpräfekten Baron Haussmann in der Mitte dieses Säkulums. In dieser Phase kam es unter anderem zur Verlängerung der West-Ost-Achse über die Rue de Rivoli bis zur Place de la Bastille, zur Anlage der Nord-Süd-Achse Boulevard de Strasbourg – Boulevard Sébastopol – Boulevard St. Michel und zur Anlage der inneren Boulevardringe. Idealtypisch für das neue Paris wurden sternförmige Straßenkreuzungen, in deren Zentrum ein möglichst markanter Blickfang lag; exemplarisch am Place Charles de Gaulle, dem früheren Place Etoile, mit dem zentralen Triumphbogen. Zu erwähnen ist auch die Neuanlage oder Ausgestaltung von Parkflächen.
Diese Maßnahmen begünstigten vor allem den Westteil der Innenstadt, in dem die "Nobelviertel" des 19. Jahrhunderts entstanden; hervorzuheben ist vor allem das 16. Arrondissement zwischen Bois de Boulogne, Trocadéro und Triumphbogen. Der Pariser Osten und die Außenbezirke verarmten hingegen und entwickelten sich auch deshalb zu dem berüchtigten "Ceinture rouge", dem "roten Gürtel", in dem die revolutionären Erhebungen des 19. Jahrhunderts ihren Ausgang nahmen – die Revolutionen von 1830 und 1848 ebenso wie die Pariser Kommune von 1870. Die Entwicklung von Saint Honoré zum Hauptgeschäftszentrum mit zahlreichen Großkaufhäusern entlang der Boulevards fällt vor allem in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Die Bevölkerungsentwicklung im Innenstadtbereich war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts von einem permanenten Wachstum gekennzeichnet. 1962 wurden 2,79 Mio. Menschen gezählt, doch dann setzte ein rückläufiger Trend ein. 1999 wurden noch 2,12 Mio. Einwohner registriert, seither stagnieren die Zahlen im Zentrumsbereich, während die Metropolregion ganz stark zugelegt hat (vgl. Diagramm). Die Bevölkerungsentlastung der Innenstadt hat die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen in den letzten 30 Jahren erleichtert, jedoch ein Hauptproblem, die tägliche Verkehrsbewältigung, nicht beseitigt. Das Metronetz wurde ab Ende der 1970er-Jahre durch immer neue Schnellbahn-Linien (RER) ergänzt, um die Verbindungen zu den Vororten zu verbessern. Mit den Stationen Magenta am Gare du Nord und Haussmann am Bahnhof Saint-Lazare wurden 1999 die beiden vorerst letzten Untergrundbahnhöfe in Betrieb genommen.
Während sich die Stadt in den letzten Jahrzehnten auch durch ambitionierte Bauprojekte wie Pariser Bastille-Oper verändert hat und für Besucher noch attraktiver geworden ist, haben die sozialen Spannungen zugenommen, wie die Ausschreitungen in den "Neuen Städte" immer wieder gezeigt haben.
A. Pletsch

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