Nord- und Mittelamerika - Landwirtschaft

Amerika - Nord- und Mittelamerika - Landwirtschaft
978-3-14-100800-5 | Seite 209 | Abb. 5| Maßstab 1 : 36000000

Überblick

Die Übersichtskarte zur Landwirtschaft zeigt die strukturelle Vielfalt, die für den Pflanzenbau und die Tierhaltung in Nord- und Mittelamerika kennzeichnend ist. Die Länder in diesem Teil des Kontinents zählen zu den besonders wichtigen Agrarexporteuren und -importeuren. Auf sie entfällt insgesamt etwa ein Drittel des Weltagrarhandels. Die USA sind mit rund zehn Prozent Anteil der mit Abstand größte Akteur im Weltagrarhandel, dies entspricht dem Anteil Chinas und Brasiliens zusammen. Dabei sind sowohl die Importe (120 Mrd. US-$) als auch die Exporte (140 Mrd. US-$) sehr hoch (Stand: jeweils 2013).

Anbauzonen in Nord- und Mittelamerika

In Nordamerika können große Bereiche Kanadas ebenso wie Alaska aus klimatischen Gründen nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Auch innerhalb der Anbaugrenze von Getreide werden in Kanada große Flächenanteile vom borealen Nadelwald eingenommen und unterliegen somit vornehmlich der forstlichen Nutzung.

In den gemäßigten Breiten Nordamerikas sind der Anbau von Zuckerrüben, Mais und Weizen ebenso verbreitet wie die Rinder- und Schweinehaltung. Der Weizenanbau konzentriert sich vor allem auf die Steppenzone, die sogenannten Great Plains. Im Mittleren Westen überwiegt eine Kombination von Futterpflanzenanbau (Mais, Soja) und Viehhaltung (Rinder und Schweine).

Im trockenen Südwesten der USA ist der Anbau von Baumwolle und Zuckerrüben nur bei künstlicher Bewässerung möglich. Im feuchtwarmen Südosten der USA werden vor allem Baumwolle, Zuckerrohr, Erdnüsse und Tabak angebaut. Aufgrund des außerordentlich hohen Wasserbedarfs beschränkt sich der Reisanbau auf Flächen im Mississippital. In den subtropisch geprägten Teilen der USA, insbesondere in Kalifornien und Florida, ermöglicht das Klima den Anbau von Zitrusfrüchten und Gemüse, wobei in Kalifornien künstlich bewässert werden muss (s. 221.6).

Der Einfluss des Reliefs auf die Anbaustrukturen im Pflanzenbau wird anhand des Gebirgssystems von Küstenkette und Rocky Mountains deutlich. Die Gebirge wirken als Regenfänger, besonders an der Küste. In ihrem Windschatten – östlich der Gebirgsketten bzw. in den eingelagerten intermontanen Becken – fallen dagegen nur sehr geringe Niederschläge. Gibt es regionale Wasserressourcen (Flüsse, Grundwasserspeicher), dann kann dieser Nachteil ausgeglichen werden (Bewässerungsland).

Die Landwirtschaft in Mittelamerika, in der Karibik und im nördlichen Teil Südamerikas wird durch den Anbau tropischer und subtropischer Früchte wie Zuckerrohr, Banane, Baumwolle, Kaffee, Kakao und Kautschuk dominiert.

Einfluss des Klimas

Der bestimmende Einfluss des Klimas auf die landwirtschaftliche Produktion lässt sich durch Vergleiche des Vorkommens unterschiedlicher Anbaupflanzen in den gemäßigten, subtropischen und tropischen Bereichen illustrieren.

Optimale Anbaugebiete für Zuckerrüben finden sich in der gemäßigten Zone mit warmem, sonnigem, nicht zu feuchtem Klima. Im sonnigen Binnenland werden die qualitativ besten Rüben erzeugt und die höchsten Erträge erzielt. Vorteilhaft ist ein trockenes Frühjahr, der Sommer sollte Temperaturen um 23 bis 25 °C aufweisen. Im Spätsommer kommen kühle Nächte der Qualität der Rüben sehr zugute, da sie den Zuckergehalt erhöhen. Die besten Voraussetzungen für den Anbau bieten tiefgründige, humose, leicht erwärmbare und gut drainierte Böden, die mit Nährstoffen und Wasser gut versorgt sind. Die Jahresniederschlagsmenge muss mindestens 500 Millimeter betragen, optimal sind 600 bis 800 Millimeter pro Jahr.

Das Zuckerrohr ist hingegen eine typische Pflanze der Tropen und Subtropen. Als solche benötigt sie möglichst konstante Temperaturen zwischen 25 °C und 28 °C. Unterhalb von 20 °C verlangsamt sich das Wachstum beträchtlich, bei 15 °C kommt es vollkommen zum Stillstand. Schon bei Temperaturen von 4 °C wird die sehr frostempfindliche Pflanze deutlich geschädigt. Der Jahresniederschlag muss bei mindestens 1200 Millimetern liegen; bei geringen Mengen ist künstliche Bewässerung erforderlich.

Infrastruktur und Weltmarkt

Die Agrarstrukturen der einzelnen Länder dürfen allerdings nicht nur in Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen gesehen werden. Zu berücksichtigen sind vielmehr auch die infrastrukturellen Voraussetzungen und die unterschiedlich starke Einbindung in den Weltagrarhandel. Kennzeichnend für die USA ist beispielsweise eine technologisch außerordentlich stark entwickelte Landwirtschaft mit großer Weltmarktorientierung, während die Landwirtschaften einiger Länder in Mittelamerika eher traditionell strukturiert und auf regionale Märkte bzw. den Binnenmarkt orientiert sind.

Nach Ländern betrachtet, belegen die USA im Weltagrarhandel Platz 1. Unter den nord- und mittelamerikanischen Staaten folgt Kanada mit einem Anteil am Weltagrarhandel von drei Prozent.

In einigen Staaten ist die hohe Spezialisierung auf einzelne Exportprodukte und die große Abhängigkeit von den Entwicklungen des Weltmarktes ein Problem. Letzteres zeigte sich besonders in Kuba, wo schon vor der Revolution von 1959 rund 80 Prozent der Exporterlöse aus dem Zuckerexport resultierten. In der Folgezeit konnte Kuba im Zuge der sozialistischen Arbeitsteilung seinen Zucker vor allem in die Sowjetunion absetzen und erhielt dafür (Verrechnungs-) Preise, die um ein Mehrfaches über dem Weltmarktpreis lagen (s. 227.3). Nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Fortfall dieser speziellen Wirtschaftsbeziehungen geriet die Zuckerwirtschaft Kubas in eine schwere Krise, in deren Verlauf die Exporterlöse temporär um nahezu 90 Prozent zurückgingen.

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