Moskau - Machtzentrum Russlands

Asien - Russland / Zentralasien
978-3-14-100770-1 | Seite 132 | Abb. 2| Maßstab 1 : 50000

Informationen

Die Karte der Innenstadt zeigt die radial-ringförmige Grundstruktur innerhalb des sogenannten Gartenringes und die funktionale Gliederung.

Stadtentwicklung
Der älteste ausführliche Bericht über Moskau, derjenige des Freiherren von Herberstein aus dem 16. Jahrhundert, charakterisiert die Stadt treffend als "Russlands Haupt und Mitte". Diese Mittellage spiegelt sich bis heute in den sternförmig auf den Kreml zulaufenden Radialstraßen. Sie sind weit älter als die aus dem 16. Jahrhundert stammenden Ringstraßen, und sie verhelfen zum Verständnis des raschen Wachstums der 1147 erstmals schriftlich erwähnten Siedlung. Diese Straßen führten bereits im Mittelalter in allen Himmelsrichtungen, und damit in Regionen mit unterschiedlicher naturräumlicher Ausstattung, wirtschaftlicher Eignung und wirtschaftsgeschichtlichem Entwicklungsniveau. Die wirtschaftlichen und kriegerischen Aktivitäten im Umland spielten sich zu einem nicht geringen Teil auf diesen Straßen ab und beeinflussten das Schicksal der Stadt.
Der Arbat war die Haupthandelsstraße nach Westen; über Smolensk führte sie bis nach Polen und dann weiter bis Mitteleuropa. Der arabische Name hat sich bis heute gehalten, er steht inzwischen jedoch für eine der modernen Wohn- und Geschäftsstraßen Moskaus. Die Twerer Straße führte nach Novgorod in den Handelsbereich der Hanse. Sie wurde 1935 in Gorkistraße umbenannt und zum Vorbild für viele Prachtstraßen der "sozialistischen Städte" der Stalinzeit. Nach Norden führten wichtige Handelsstraßen zur oberen Wolga und in das frühe Gewerbegebiet um das Dreifaltigkeitskloster. Die Ordynska Straße verband Moskau mit dem fruchtbaren Waldsteppenland des Südens, dessen Getreide und Viehtriften wesentlich zur Ernährung der Stadt beitrugen – sie folgte aber auch der Richtung, aus der die Strafexpeditionen der Tataren in das Moskauer Land gelangten.
Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an verkehrten auch Eisenbahnen auf diesen Hauptrouten. Dadurch entwickelte sich Moskau zum großen Verkehrs- und Transportzentrum erst Osteuropas, später der Sowjetunion und schließlich, nach deren Zusammenbruch, von Russland. Hier treffen auf 9 Kopfbahnhöfen 11 Eisenbahnlinien zusammen. Der Flugverkehr auf vier Flugplätzen verbindet die Stadt mit allen Landesteilen. Hauptziel der internationalen Flüge ist der Flughafen Scheremetjewo. Der Moskwa-Wolga-Kanal bindet die Stadt an das osteuropäische Wasserstraßennetz an.
Moskau ist die bedeutendste Industriestadt Osteuropas mit Schwerpunkt der Maschinen- und Verbrauchsgüterbranche. Mit dem Zerfall der Sowjetunion im Dezember 1991 verlor Moskau die Hauptstadtfunktion für die ehemalige gesamte UdSSR und ist seitdem nur noch Hauptstadt Russlands.
Obgleich Moskau seine Funktion als Sitz des Zarenhofes von 1712 bis 1918 an Sankt Petersburg abtreten musste, gilt die Stadt als ein Paradebeispiel für das "Hauptstadtsyndrom", wonach sich die Denkweisen und der Lebensstil einer Epoche in der Hauptstadt ausdrückt und von hier aus ins gesamte Land ausstrahlt. Auch die politische Wende zu Beginn der 1990er-Jahre hat in der Stadt schnell ihre Spuren hinterlassen, etwa im sich rasch ausbreitenden Einzelhandel in der Innenstadt.
A. Karger

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