Mittelmeerraum - Wirtschaft und Tourismus

Europa - Mittelmeerraum - Wirtschaft und Tourismus
978-3-14-100870-8 | Seite 144 | Abb. 1| Maßstab 1 : 10000000

Überblick

Im Mittelmeerraum lassen sich mehrere Wirtschaftsräume unterscheiden, die allerdings auch in sich heterogen sind, wie das Beispiel der europäischen Anrainerstaaten zeigt. Der Nordwesten Italiens rund um das Städtedreieck Mailand - Turin - Genua zählt zu den wirtschaftsstärksten Regionen Europas, während die süd-lichen Landesteile Italiens zu den wirtschaftlich unterentwickelten, strukturschwachen Regionen zählen.

In Spanien haben einige alte Industriereviere, die ihre Entstehung dem einstigen Reichtum an Bodenschätzen verdanken, einen ähnlichen Strukturanpassungsprozess hinter sich wie die Reviere in Mitteleuropa. Neue Industrie- und Dienstleistungszentren von internationaler Bedeutung haben sich rund um Madrid, Barcelona und Bilbao konzentriert. Wichtige Säulen der spanischen Wirtschaft neben dem Tourismus sind das Bauwesen, die Kommunikations- und Informationstechnik, der Maschinenbau, die Landwirtschaft und die Kraftfahrzeugindustrie.

Letztere spielt auch in Frankreich und Italien eine wichtige Rolle. Überdies gibt es in beiden Ländern noch immer eine bedeutende Textil- und Bekleidungsindustrie, die sich aufgrund des hohen internationalen Wettbewerbsdrucks vor allem auf die Herstellung hochwertiger Produkte spezialisiert hat.

Die Luft- und Raumfahrtindustrie zählt zu jenen "Hightech"-Branchen, die in Frankreich, Italien und Spanien stark an Bedeutung gewonnen haben. Die Bereiche Elektrotechnik und Elektronik sind vor allem in Ballungsräumen mit Agglomerationsvorteilen zu finden (zum Beispiel Rhône-Alpes, Lombardei), die sich durch eine stark diversifizierte, hochentwickelte Industriestruktur auszeichnen.

In Griechenland hat sich nach der Staatskrise der Tourismus zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige entwickelt; zu den Exportgütern des Landes zählen vor allem Öl-, Raffinerie- und chemische Produkte.

Die Türkei nimmt eine Mittlerstellung zwischen der EU und dem Nahen Osten ein. Augenfällig ist die Konzentration der Standorte an der Mittel- und Schwarzmeerküste, Schwerpunkte der türkischen Wirtschaft sind die Textil-, Fahrzeug-, Maschinen-, Elektro- und die Chemische Industrie. Im Südosten des Landes werden seit den 1980er-Jahren Entwicklungsanstrengungen unternommen (Südostanatolien-Projekt, kurz GAP), die das ausgeprägte West-Ost-Gefälle innerhalb des Landes jedoch kaum verringern konnten. Dafür ist die touristische Erschließung der Mittelmeerküsten weit fortgeschritten.

Syriens Wirtschaft mit den Schwerpunkten Erdöl, Textilien und Nahrungsmittel ist durch den Bürgerkrieg und den Zerfall staatlicher Strukturen stark geschwächt worden. Darunter leidet auch der Libanon als wichtiger Handelspartner, zumal der dortige Tourismus nahezu vollständig eingebrochen ist. Israel ist dagegen ein diversifiziertes, exportorientiertes Hightech-Industrieland mit bedeutenden Gasvorkommen; die wichtigsten Ballungsgebiete liegen rund um Tel Aviv, Haifa und Jerusalem.

Die Netze der Erdöl- und Erdgasleitungen in Nordafrika und die Standorte von Erdölraffinerien und Chemischer Industrie lassen deren Bedeutung für Länder wie Algerien, Libyen, Tunesien und Ägypten erkennen. Vielerorts dominiert die Textilien- und Nahrungsmittelindustrie, allerdings beschränken sich die Gebiete, in denen ein einträglicher landwirtschaftlicher Anbau möglich ist, auf einen vergleichsweise schmalen Küstenstreifen und wenige Oasen. Alle nordafrikanischen Länder leiden darunter, dass der Tourismus infolge innerstaatlicher Unruhen und islamistischer Attentate stark eingebrochen ist bzw. immer wieder starken Schwankungen unterliegt.

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