Mitteleuropa - Deutsches Kaiserreich 1871

Geschichte - Geschichte - Deutschland im 19. Jahrhundert
978-3-14-100380-2 | Seite 208 | Abb. 2

Überblick

Die Geschichte des Deutschen Bundes endete 1866 mit dem Deutschen Krieg, einem Entscheidungskampf zwischen Österreich und Preußen um die Vorherrschaft in Deutschland. Der Auslöser war ein Streit um die nach dem siegreichen Krieg gegen Dänemark (1864) gemeinsam verwalteten Herzogtümer Schleswig und Holstein. Preußen hatte 17 Verbündete, Österreich 13. Nach dem Sieg von Königsgrätz annektierte Preußen Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt und bildete mit seinen Verbündeten nördlich der Main-Linie den Norddeutschen Bund. Österreich wurde aus dem deutschen Staatenverband ausgeschlossen. Nun begann Frankreich, um seine europäische Vormachtstellung zu bangen. Die spanische Thronkandidatur eines Hohenzollernprinzen gab im Juli 1870 den Anlass für den Deutsch-Französischen Krieg. Der entscheidende Sieg der deutschen Truppen wurde im September 1870 in Sedan errungen.

Gründung des Deutschen Kaiserreichs

Am 18. Januar 1871, noch vor dem endgültigen Waffenstillstand, riefen die deutschen Fürsten, angeführt vom bayerischen König Ludwig II., im Spiegelsaal von Versailles den preußischen König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser aus und begründeten damit ein in Deutschland umjubeltes und von vielen Hoffnungen begleitetes, diesmal kleindeutsches Kaiserreich. Es umfasste die vier Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg, sechs Großherzogtümer, fünf Herzogtümer, sieben Fürstentümer, einige Freie Städte und das Reichsland Elsass-Lothringen. Im deutschen Kaiserreich gab es auf der einen Seite zahlreiche einschneidende Veränderungen der Moderne – die Entwicklung zu einem Industriestaat von europäischer Bedeutung, die Entwicklung städtischer Zentren, die Entstehung eines Industrieproletariats und die Entfaltung einer allgegenwärtigen Öffentlichkeit durch die Entwicklung der Massenpresse. Auf der anderen Seite blieb das Land unter Bismarck und dem Kaiser zugleich ein autoritärer Obrigkeitsstaat. Die meisten Menschen erlebten Politik vornehmlich in der Rolle von Zuschauern und Untertanen, die den gekrönten Häuptern zujubelten, als Schüler, die vaterländische Gedichte auswendig lernen mussten, oder als Mitglieder der zahlreichen Krieger-, Flotten- und Kolonialvereine, die sich größter Beliebtheit erfreuten, wenn sie sich an Deutschlands Weltgeltung berauschten. Allein die Kriegervereine zählten 1895 etwa 1,3 Millionen Mitglieder.

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