Mittelamerika - Bananenanbau

Amerika - Amerika - Landwirtschaft
978-3-14-100770-1 | Seite 195 | Abb. 3| Maßstab 1 : 16000000

Informationen

Der kommerzielle Bananenanbau beschränkt sich auf die regenreichen, heißen Tiefländer der Tropen, die ein ähnliches Klima aufweisen wie Puerto Limón in Costa Rica. Zum guten Gedeihen der Staude sind gleichmäßig hohe Temperaturen um 28 °C, monatliche Niederschläge von 160 bis 180 Millimetern und tiefgründige, mineralreiche, gut drainierte Böden erforderlich. Erhöhte Risiken ergeben sich durch Windbruch und Pilzbefall. Die weniger günstigen Standorte wurden im Verlaufe des 20. Jahrhunderts aufgegeben.

Entstehung und Merkmale des Anbaus
Ausgangspunkt der Bananenproduktion in Plantagen war das Hinterland von Puerto Limón, wo nach 1883 in größerem Umfange Anbauflächen im Bereich einer neuen Bahnlinie erschlossen wurden. Die Ausweitung des Anbaus an der karibischen Küste setzte vor allem im Bereich günstiger Häfen ein. Die Verlagerung ins Landesinnere erfolgte mit dem Ausbau der Bahn. In den 1920er und 1930er-Jahren traten in den alten Anbaugebieten verstärkt Probleme durch Pflanzenkrankheiten und Übernutzung durch Monokultur auf. Dadurch kam es zu größeren Verlagerungen an die Pazifikküste Panamas, Costa Ricas und Guatemalas. An den aufgegebenen Standorten wurden Nachfolgekulturen wie Kakao, Zitrusfrüchte, Ölpalmen, tropische Hölzer und Gummibäume angepflanzt, die Gebiete wurden von Kleinbauern besetzt oder sich selbst überlassen und erneut von Wald eingenommen.
Der kommerzielle Anbau konzentriert sich heute auf das Hinterland der Ausfuhrhäfen. Aufgrund des hohen Kapitalbedarfs für den Ausbau der Infrastruktur und den laufenden Betrieb sowie der besonderen Produktionsrisiken erfolgt der Bananenanbau meist in Großbetrieben. Zeitweise hatte bereits die 1899 gegründete United Fruit Company Produktion den Transport und die Vermarktung der Banane monopolisiert. Auch heute dominieren multinationale Konzerne den Anbau in Mittelamerika, allerdings erfolgt die Produktion meist durch nationale Partner. Auch die Vermarktung wird nicht nur einseitig durch die multinationalen Gesellschaften wahrgenommen. Die Versuche einer Nationalisierung der Produktion und Distribution sind allerdings weitgehend gescheitert, weshalb die auswärtigen Gesellschaften wieder an Einfluss gewonnen haben. Von den Erlösen der Bananenwirtschaft bleibt nur ein geringer Teil im Produktionsland – auch wenn sich für die Kleinstaaten Zentralamerikas aufgrund des prägenden Einflusses der Plantagenwirtschaft zwischenzeitlich die Bezeichnung "Bananenrepubliken" einbürgerte.

Bananen für den Weltmarkt
Die wichtigsten Bananen-Importeure sind die EU und die USA. Bis 1993 hatten die EU-Länder abweichende Regelungen hinsichtlich der Bananenimporte, die bei der Schaffung des Europäischen Binnenmarktes eine Vereinheitlichung erforderlich machten. Nach kontroversen Diskussionen und schwierigen Verhandlungen entschieden sich die EU-Gremien zugunsten eines komplizierten Systems von Vorausschätzungen, Referenzmengen, Quoten, Lizenzen, Zollsätzen und Beihilfen. Der erwartete Verbrauch von 3,7 Mio. Tonnen wurde auf die drei wichtigsten Produzentengruppen aufgeteilt, wobei überseeische Besitzungen und ehemalige Kolonien der EU-Länder stark begünstigt wurden ("EU-Bananen").
Durch die Reduzierung des Anteils der vormals dominierenden Lieferanten, vor allem aus Lateinamerika, und die Begrenzung ihrer Einfuhrquote auf 66,5 Prozent ergab sich eine gravierende Umverteilung des Einfuhrgeschäfts. Daraufhin wurde von den Betroffenen eine Flut von Prozessen vor Gerichten ausgelöst.
Aufgrund der im Vorfeld erwarteten Entscheidung zugunsten freier Märkte und auch wegen der raschen Integration der osteuropäischen Länder in die Weltwirtschaft hatten die wichtigsten Erzeugerländer wie Costa Rica, Kolumbien und Panama rechtzeitig Förderprogramme zur Ausweitung der Produktion eingeleitet und auch die multinationalen Konzerne hatten sich wieder stärker auf den Anbau der Früchte verlegt. Die Säulen in den Diagrammen belegen den rasanten Produktionsanstieg, den es in den letzten zwei Jahrzehnten vor allem in Ecuador, Costa Rica und Kolumbien gegeben hat.
Wegen der restriktiven EU-Regelung mussten die Produzentenländer die nicht durch Quoten abgedeckten Mengen zu Billigpreisen auf anderen Märkten anbieten und wieder Flächen stilllegen. Die Weltmarktpreise sanken deshalb stark, während sich die Marktpreise in der EU wegen Verknappung erhöhten. Der Streit hält noch immer an; seine Hauptakteure sind die USA – als Sitz vieler multinationaler Konzerne – und die EU. Die WTO entschied 1999 zugunsten der USA, dass die Handelsordnung der EU gegen die WTO-Grundsätze des freien Handels verstößt. Daraufhin wurden Strafzölle im dreistelligen Millionenbereich (in US-Dollar) gegen die EU verhängt.
Ganz unabhängig von den Entwicklungen auf dem Weltmarkt waren die starken Exporteinbrüche in Honduras unmittelbar vor der Jahrtausendwende. Ihre Ursache war der Hurrikan "Mitch", einer der schlimmsten tropischen Wirbelstürme der jüngeren Geschichte, der in Honduras und Nicaragua annähernd 10 000 Menschenleben forderte, große Teile der Infrastruktur zerstörte und auch die Plantagen verwüstete.
H. Nuhn

Schlagworte