London - Innenstadt

Europa - London und Paris - Global Cities
978-3-14-100800-5 | Seite 127 | Abb. 3| Maßstab 1 : 50000

Überblick

Die Übersichtskarte zu London zeigt das flächenhafte Wachstum der Hauptstadt Großbritanniens im suburbanen Raum. Um die verhältnismäßig kleine City of London, in der um 1700 bereits 500 000 Einwohner lebten, dehnte sich die Bebauung ringförmig zu einer Weltstadt mit inzwischen 8,2 Mio. Einwohnern (2014) aus. Dabei verjüngt sich die Bebauung zunehmend bis zum inneren Rand des Grüngürtels, der London umschließt. In diesem Bereich ist die Neubebauung strengen Auflagen unterworfen. Der „Green Belt“ geht in eine Reihe von Landschaftsschutzgebieten über, die sich radial in die Region South East ausdehnen.

Außenbezirke, Flughäfen und Hafen

Jenseits des Grüngürtels liegen zahlreiche Siedlungen unterschiedlichen Alters, die durch ein radiales System von Eisenbahnlinien und Regionalstraßen mit den inneren Teilen Londons verbunden sind. Die Eisenbahnlinien enden in mehreren Kopfbahnhöfen, die Autobahnen münden in die Ringautobahn, die das Zentrum in etwa 17 Kilometern Entfernung umgibt. Drei Viertel des britischen Fluggastaufkommens werden allein auf den fünf Londoner Flughäfen abgewickelt.

Aufgrund seiner Lage nahe der Themse-Mündung war London über Jahrhunderte eine bedeutende Hafenstadt. Technische, städtebauliche und wirtschaftliche Gründe haben in den letzten Jahrzehnten zur Aufgabe der alten Hafenanlagen geführt. Gleichzeitig entstanden themseabwärts moderne neue Häfen wie der Containerhafen von Tilbury und die Ölhäfen an den Raffinerie-Standorten Coryton und Shell Haven.

Unmittelbar jenseits des Grüngürtels liegen Städte, die in den vergangenen Jahrzehnten entweder wie die „New Towns“ unter funktionalen Gesichtspunkten als Planstädte neu gegründet wurden oder in denen zur Entlastung des Ballungsraumes die Bevölkerungsansiedlung gefördert wurde. Große Teile der Bevölkerung dieser Ortschaften arbeiten in London; nahezu der gesamte Südosten Englands gehört zum Pendlereinzugsbereich der Metropole.

Suburbanes Wachstum und Stadtentwicklung

Um die starke, vornehmlich durch Zuwanderung verursachte Bevölkerungszunahme (vgl. Diagramm) und das damit verbundene, flächenintensive suburbane Wachstum einzudämmen, wurden nach 1945 verschiedene Planungskonzepte zur Dezentralisierung von Industrie, Gewerbe und Bevölkerung entwickelt. Eines der vordringlichen Ziele dabei war, durch Entlastung des Zentrums den monozentralen Ballungsraum in einen polyzentrischen Raum mit urbanen Gegenpolen zu verwandeln. Ab Ende der 1970er-Jahre rückte die Entwicklung benachteiligter Stadtbezirke verstärkt in den Fokus. Der „London Plan“ von 2004 hatte das erklärte Ziel, durch die Sanierung bestehender Gebäude die Wohnsituation zu verbessern und durch Revitalisierung ehemaliger Gewerbe- und Industriestandorte zudem die räumlichen Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum zu schaffen.

Der im Nordosten der City gelegene Olympiapark, Hauptveranstaltungsort der Olympischen und Paralympischen Spiele 2012, war eines der Bauprojekte, die auf einer solchen Industriebrache errichtet wurden. Um das Olympiagelände herum soll in den nächsten Jahren ein neues Viertel mit rund 8000 Wohnungen und vollständiger Infrastruktur entstehen. Unmittelbar neben den Sportstätten ging 2009 der neu errichtete Fernbahnhof Stratford International Station in Betrieb. Er sollte ursprünglich durch den Eurotunnel eine Verbindung zum europäischen Festland herstellen, aber diese Pläne konnten bislang nicht realisiert werden.

Die Innenstadt von London

Die Innenstadtkarte zeigt die funktionale Gliederung von „Central London“ und die westlichen Teile der Docklands an der Themse. Die römische Siedlung, die den historischen Kern der Metropole bildete, war annähernd flächenidentisch mit der „City of London“, die trotz ihrer überschaubaren Größe zu den wichtigsten Wirtschafts- und Finanzzentren der globalisierten Moderne zählt.

Zwischen der City und dem politischen Zentrum Großbritanniens, der „City of Westminster“, befinden sich Wohn- und Büroviertel mit Funktionsdurchmischung, durchzogen von Geschäftsstraßen. Diese Quartiere zählen heute zu den bedeutendsten Zielen der Touristen. Neben den königlichen Palästen im Stadtteil St. James’ befinden sich hier auch zahlreichen Ministerien, das Parlamentsgebäude (Westminster) und, wie vor allem in Mayfair, diverse diplomatische Vertretungen. Überdies gibt es im nahen Soho eine große Anzahl von Theatern und in Marylebone viele Hotels und Restaurants. Ein nicht unbedeutender Teil der Fläche von Central London wird von Parks eingenommen, die häufig historische Repräsentationsbauten beherbergen und heute fast immer öffentliche Grünanlagen sind.

Während sich in der Nähe der innerstädtischen Grünflächen und flussaufwärts am Nordufer der Themse die traditionellen Wohnquartiere der Oberschicht befinden, dominierten in den Gebieten südlich der Themse und im Osten der Stadt früher die Arbeiterviertel – die es heute in der klassischen Form kaum noch gibt. Angesichts der exorbitanten Immobilienpreise in der britischen Hauptstadt sind immer mehr der einstmals ärmeren Bezirke von Gentrifizierung betroffen, was dazu führt, dass einkommensschwache Haushalte nach und nach verdrängt werden.

Über Jahrzehnte war London extrem vom Pkw-Verkehr belastet. 2003 wurde mit der „Congestion Charge Zone“ eine Citymaut-Zone eingerichtet, die 2007 auf Westminster, Kensington und Chelsea ausgedehnt wurde. Das Durchfahren des Gebietes ist heute nur noch gegen eine Tagesgebühr von 10 Pfund (ca. 12,70 Euro) erlaubt. Der Autoverkehr hat dadurch stark abgenommen zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs; auch Fahrräder werden wieder stärker genutzt.

Strukturwandel im Hafenviertel

Nirgendwo in London war der Funktionswandel in den letzten Jahrzehnten so einschneidend wie in den Docklands, dem östlich des Towers gelegenen Hafenviertel. Die überalterten Hafenanlagen wurden angesichts der zunehmenden Konkurrenz neuer Hafenstandorte zwischen 1967 und 1981 stillgelegt. Zehntausende Arbeiter, die in den Docks und Hafenunternehmen beschäftigt gewesen waren, verloren ihre Jobs, die Docklands entwickelten sich zum innerstädtischen Problemgebiet.

Ab 1981 wurde die Infrastruktur modernisiert, partiell auch neu aufgebaut. Teile der Isle of Dogs wurden zur „Enterprise Zone“ erklärt, in der ansiedlungswillige Unternehmen – vor allem aus den Bereichen Leichtindustrie, Großhandel und private Dienstleistungen – besondere Planungs- und Steuerpräferenzen erhielten. Im gesamten Gebiet der Docklands entstanden neue Wohngebiete in großer architektonischer Vielfalt, in direkter Ufernähe meist solche der gehobenen Preisklasse. Alte Lagerhäuser wurden durch Umwandlung in Büros oder Luxusappartements neuen Nutzungen zugeführt, an verschiedenen Standorten öffneten wasserbezogene Freizeiteinrichtungen ihre Tore. Zum architektonischen Flaggschiff der Revitalisierung entwickelte sich der Hochhauskomplex Canary Wharf an der Westseite der Isle of Dogs, der die Skyline Londons veränderte. Verkehrlich erschlossen wurden die Docklands durch die auf einem Stelzenbau verlaufende Docklands Light Railway. Diente die Isle of Dogs zunächst als Erweiterungsgebiet von Citynutzungen, so hat sie sich mittlerweile durch die Konzentration hochrangiger Finanzdienste zu einem Konkurrenzstandort der City of London entwickelt.

Mit der Aufgabe der gewerblichen Wasser- und Uferbereiche in den Docklands wurden auch oberhalb des Tower alte Gewerbestandorte entlang der Themse für Büro-, Handels- oder Wohnnutzungen frei. Zeitgleich hat sich südlich der Themse seit den 1970er-Jahren mit der Tate Gallery an der Vauxhall Bridge, dem London Eye vor der Old County Hall, der Royal Festival Hall, dem National Theatre, dem Globe Theatre sowie der Tate Modern ein imageträchtiges Ensemble von Kultureinrichtungen etabliert.

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