Langzeitarbeitslosigkeit und Binnenwanderung 1996 und 2006

Deutschland - Deutschland - Bevölkerung
978-3-14-100770-1 | Seite 69 | Abb. 4| Maßstab 1 : 7000000

Informationen

Im Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2005 waren in Deutschland von 100 abhängig beschäftigten Erwerbspersonen 4,0 Personen bereits länger als ein Jahr arbeitslos. Waren in den alten Ländern im Schnitt 2,9 Erwerbspersonen betroffen, so lag dieser Wert in den neuen Ländern mit 8,1 fast dreimal so hoch. Bei der amtlichen Arbeitslosenquote (Arbeitslose insgesamt je 100 abhängig beschäftigten Erwerbspersonen) zeigen sich die Ost-West-Unterschiede hingegen nicht ganz so extrem (September 2003: Alte Länder 9,0 Prozent, Neue Länder 19,3 Prozent), woraus sich der Schluss ziehen lässt, dass sich die strukturellen Probleme einer Region vor allem im Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit widerspiegeln.
Wenn man berücksichtigt, dass das Niveau der regionalen Disparitäten, gemessen am Variationskoeffizienten, im Osten zudem noch wesentlich niedriger als im Westen liegt, wird deutlich, dass die strukturellen Schwächen hier noch immer eher flächendeckenden Charakter haben. Während sich in den alten Ländern beim Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit ein klares Stadt-Land-Gefälle zeigt, weisen die ostdeutschen Agglomerationsräume ein deutlich niedrigeres Niveau als die verstädterten und ländlichen Regionen auf.
Diese gravierenden Unterschiede schlagen sich natürlich auch auf der Ebene der Raumordnungsregionen nieder. So kann sich einzig die Raumordnungsregion Südthüringen in die Phalanx der westdeutschen Regionen einreihen. Mit einer Langzeitarbeitslosenquote von 4,7 Prozent fallen die Arbeitsmarktprobleme hier etwas niedriger aus als in den strukturschwachen und/oder altindustrialisierten Regionen, die in Westdeutschland das mit Abstand höchste Niveau aufweisen wie das Ruhrgebiet (Emscher-Lippe, Dortmund, Duisburg/Essen) oder die Regionen Bremen, Bremerhaven und Göttingen. Südthüringen profitiert offensichtlich von der Nähe zum westdeutschen Arbeitsmarkt, weist aber auch selbst eine relativ günstige Wirtschaftsentwicklung auf. Die Stadt Eisenach steht für eine der noch seltenen Erfolgsgeschichten in den neuen Ländern.
Während ostdeutsche Regionen von der räumlichen Nähe zu westdeutschen Arbeitsmärkten profitieren, werden diese durch die Konkurrenz ostdeutscher Arbeitnehmer zusätzlich belastet. Das überdurchschnittlich hohe Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit in den westdeutschen Raumordnungsregionen Braunschweig, Schleswig-Holstein Ost, Nordhessen, Göttingen, Lüneburg und Braunschweig ist sicherlich auch ein Ergebnis der zusätzlichen Arbeitsmarktbelastungen durch ostdeutsche Arbeitseinpendler, die dort um das knappe Gut "Arbeitsplatz" konkurrieren.
Das höchste Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit findet man in den ostdeutschen Raumordnungsregionen Mecklenburgische Seenplatte, Oberlausitz-Niederschlesien und Halle/Saale, wo die Langzeitarbeitslosenquote mindestens 10 Prozent erreichte. Demgegenüber konzentrieren sich die Regionen mit dem niedrigsten Niveau vor allem im süddeutschen Raum; in den Raumordnungsregionen Ingolstadt, Südostoberbayern, München, Landshut und Oberland waren nicht einmal 1,5 Prozent der abhängig beschäftigten Erwerbspersonen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen.
S. Maretzke

Schlagworte