Lagune von Venedig, Podelta - Küstenlandschaften

Europa - Italien - Venedig
978-3-14-100803-6 | Seite 135 | Abb. 3| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Seit Jahrhunderten wächst das Podelta entlang seiner Flussarme in die Adria hinein. Durch Sedimentation hat der Po auch sein eigenes Bett beständig erhöht, sodass er inzwischen – nach seiner Eindeichung – als Dammfluss höher liegt als das umgebende Land. In der Lagune von Venedig ist der schleichende Aufschüttungs- und Verlandungsprozess in der Vergangenheit durch Eingriffe der Stadt Venedig unterbrochen worden. Die Lagune gliedert sich in Verlandungsbereiche, die nur noch bei Sturmfluten vom Meer überflutet werden (laguna morta), und in die beständig überschwemmten Bereiche (laguna viva).

Verlagerung des Deltas in der Vergangenheit

Vor dem künstlichen Eingreifen des Menschen wurde die Ausdehnung des Deltas in Richtung Adria durch die Küstenströmung verzögert. In römischer Zeit lag das Mündungsgebiet des Po noch südlich von Comacchio (vgl. 134.1). Die Sedimente wurden zu dieser Zeit küstenparallel verfrachtet und dabei zu fünf bis sieben Meter hohen Strandwällen aufgeschüttet. Auf einem solchen Strandwall verläuft die Via Romea. Die dabei entstandenen Lagunen wurden – ebenso wie die durch Verdichtung und Absenkungen entstandenen Mulden – durch Flusssedimente allmählich aufgeschüttet. Wie die historischen Küstenlinien zeigen, rückte das Delta langsam und auf breiter Front vor (um etwa 450 Meter pro Jahrhundert).

Mit dem Beginn der Neuzeit veränderte sich die Deltaentwicklung. Durch die im Hinterland verstärkte Entwaldung und Landnutzung wuchs die Sedimentmenge des Po und seiner Nebenflüsse stark an; die Eindeichung des Flusses zum Schutz des Landes vor Überschwemmungen beschleunigte den Transport von Wasser und Material. Die Wachstumsrate betrug nun etwa sieben Kilometer pro Jahrhundert.

In der Gegenwart hat sich das Deltawachstum insgesamt verlangsamt, da die Sedimentfracht im Fluss geringer geworden ist. Die Konzentration des Po auf wenige Arme infolge wassertechnischer Baumaßnahmen führt dazu, dass das Delta seit den 1970er-Jahren nur noch im Bereich des Po della Pila und des Po di Goro wächst. In den anderen Bereichen geht die Küstenlinie heute sogar wieder zurück.

Umweltbelastung durch Industrialisierung

Die Lagune von Venedig ist die größte Lagune im Mittelmeerraum und eines der wichtigsten Schutzgebiete für Zugvögel in Europa. Die Vereinten Nationen haben die Lagune als Wattgebiet von internationaler Bedeutung anerkannt und schon 1987 in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen.

Die Verschmutzung der Lagune, vor allem durch die Industriebetriebe in Marghera, dem Festlandteil von Venedig, hat sich zwar in den letzten Jahren verringert, ungeachtet dessen werden noch immer große Mengen toxischer Stoffe, ölhaltiger Substanzen und Fäkalien in die Lagune eingeschwemmt. Überdies haben sich Schwermetalle im Laufe der Jahre in den Sedimenten der Lagune abgelagert; vielerorts ist der Muschelfang daher verboten.

Eine große Gefahr für das fragile Ökosystem der Lagune sind die Wellen, die infolge des dichten Schiffsverkehrs auf die flachen, grasbewachsenen Inselchen (Barene) einwirken. Viele Sumpfgebiete werden inzwischen mit Holzpfählen gegen Brandung und Wellenschlag geschützt. Die kommerziellen Interessen von Transportunternehmen, Wassertaxis und Tourismusbetrieben haben bislang aber eine nachhaltige Regulierung des Verkehrs verhindert.

Das Projekt Mose

Eine große Gefahr für das Ökosystem und die Bewohner der Lagune von Venedig sind die Hochwasser, die in den letzten Jahrzehnten immer zahlreicher geworden sind, insbesondere in den Wintermonaten (vgl. Diagramm). Die Hochwassergefahr wird dadurch verstärkt, dass der durchschnittliche Wasserpegel gegenwärtig 23 Zentimeter höher liegt als noch vor 100 Jahren, weil der Küstenbereich um Venedig absinkt.

Um die Hochwassergefahr einzudämmen, wurde 2003 nach fast 20-jähriger Planungszeit an der Einfahrt zum Porto di Lido mit dem Bau eines Stauwehrs begonnen; auch die beiden weiter südlich gelegenen Lagunen-Öffnungen bei Malamocco und Chioggia werden gegenwärtig auf diese Weise umgebaut. Bei Hochwassergefahr sollen die Wehre geschlossen werden und das Eindringen von Wasser aus der Adria in die Lagune verhindern. Damit soll Venedig vor den regelmäßig wiederkehrenden Überschwemmungen geschützt werden. Im Normalzustand sollen Wehre unsichtbar auf dem Meeresboden liegen. Im Jahr 2016 soll das fast 6 Mrd. Euro teure Schleusensystem betriebsbereit sein.

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Fotogalerie "Venedig und seine Lagune"
Foto 1: Holzstege am Markusplatz (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 2: Kreuzfahrtschiff beim Verlassen Venedigs (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 3: Am Kreuzfahrterminal in Venedig (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 4: Blick vom Markusplatz zum Kreuzfahrtterminal, im Hintergrund der Industriehafen Porto Marghera (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 5: Naturlandschaft in der Lagune (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 6: Künstliche Uferbefestigungen: Betonelemente verkeilen sich durch ihr Gewicht und brechen die Wellen (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 7: Ein Riss an einer Hauswand in der Altstadt von Venedig wird überwacht. (Foto: Yvonne Schleicher) Foto 8: Ein aufgegebener Hauseingang (Foto: Yvonne Schleicher)