Kilimandscharo und Meru (Nord-Tansania) - Natur- und Kulturlandschaft

Afrika - Afrika - Landwirtschaft
978-3-14-100770-1 | Seite 177 | Abb. 3| Maßstab 1 : 500000

Informationen

Die Karte zeigt die Höhenstufen der Naturlandschaft und der Landnutzung im Gebiet des Kilimandscharos im Norden Tansanias. Die historische Raumentwicklung schlägt sich in den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Betriebstypen nieder. In den Ebenen dominiert die (halb-)nomadische Weidewirtschaft, an den Gebirgshängen überwiegen hingegen die Kleinbauern, die Kaffee- und Sisalplantagen und die Staatsfarmen. Unterschiede in der Raumentwicklung zeigen sich auch im Siedlungsbild – etwa in der Verteilung von Einzelhöfen, Unterzentren und Städten –, in der Besiedlungsdichte und der Verkehrsinfrastruktur (Wege, Pfade, Allwetterstraßen, Bahnlinien, Flugplätze). Die vergleichsweise hohe Siedlungsdichte, die sich – relativ gesehen – auch in den Trockengebieten konstatieren lässt, macht Konflikte zwischen der intensiven Nutzung und der ökologischen Belastbarkeit des Bodens nahezu unausweichlich.

Zur Landnutzung
Dank der großen naturräumlichen Vielfalt auf engem Raum, der fruchtbaren vulkanischen Böden, der abgestuften Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse und nicht zuletzt auch der reichen Pflanzen- und Tierwelt hat die Region um den Kilimandscharo und den benachbarten Meru ein hohes agrar-, forst- und wasserwirtschaftliches und touristisches Potenzial. Zum Schutz der einmaligen Flora und Fauna wurden die Bergregionen des Kilimandscharo oberhalb von 2000 Metern sowie der Ngurdoto-Krater und Teile seines Umlandes zu Schutzzonen erklärt. Der Arusha-Nationalpark existiert seit 1960, der Kilimandscharo-Nationalpark seit 1973.
Die Schnee- und Eisregion des Kibo und der Gürtel des tropischen Berg- und Nebelwaldes haben infolge der ganzjährig relativ gleichmäßigen Abflussspende eine lebenswichtige Funktion als Trink- und Brauchwasserspeicher für die gesamte tiefere Hang- und Fußregion. Außerdem ist der Berg- und Nebelwald ein unentbehrliches Brenn-, Nutzholz- und Stallfutterreservoir. Große Teile des natürlichen unteren Bergwaldes sind in den letzten Jahrzehnten durch monotone Forste aus schnellwüchsigen Eukalypten und Nadelhölzern für Schnitt- und Bauholz und die Zündholzindustrie ersetzt worden. Auch die vermutlich edaphisch bedingten großen Waldlichtungen (Glades) im Berg- und Nebelwald, die bis vor zwei Jahrzehnten für den Anbau von Pyrethrum genutzt wurden, sind inzwischen aufgeforstet worden.
Im Gegensatz zu den – bislang noch – weitgehend naturgeprägten Höhenstufen und den dünn besiedelten oder unbewohnten Trockengebieten der Gebirgsfußzone weisen die Kaffee-Bananen-Stufe und die feuchten Teile der Trockensavanne an den Südhängen der Bergriesen sowie am Ostabhang des Kilimandscharo eine dichte kleinbäuerliche Besiedlung in Form von Einzelhöfen auf.

Schwerpunkte des Anbaus
Am dünn besiedelten West- und Südwestfuß des Kilimandscharo sowie am West- und Nordabfall des Meru dominieren mechanisierte staatliche Großbetriebe die landwirtschaftliche Bodennutzung. Seit der "Arusha-Deklaration" des damaligen Staatspräsidenten Nyerere wurden bis 1973 sowohl die Sisal- und Kaffeeplantagen als auch die Farmen europäischer Besitzer ausnahmslos enteignet und verstaatlicht. Eine Aufteilung an afrikanische Bauern stand im Widerspruch zu den Absichten des tansanischen (Ujamaa-)Sozialismus. Die Besitzzersplitterung der vorhandenen kleinbäuerlichen Betriebe, die Bodenzerstörung durch Überbeanspruchung und damit die Vermehrung der Armut in den ländlichen Gebieten schritten weiter fort. Die beiden Regionalhauptstädte Arusha und Moshi konnten mit ihrem unzureichenden Arbeitsplatzangebot die starke Zuwanderung nicht auffangen, zumal Strukturanpassungsmaßnahmen von IWF und Weltbank seit 1986 zu einer Verringerung des staatlichen Arbeitsplatzangebots geführt haben.

Bevölkerungswachstum und Urbanisierung
Heute gehören die Siedlungsgebiete der Chagga und Arusha mit mehr als 500 Einwohnern pro Quadratkilometer zu den am dichtesten bevölkerten Agrarlandschaften Afrikas. Landmangel infolge des Bevölkerungswachstums und der Realerbteilung zwingt immer mehr junge Menschen zur Abwanderung in die Städte oder in weniger bevölkerte Siedlungsgebiete in anderen Landesteilen. Ein weiteres Vordringen der ackerbaulichen Nutzung und Besiedlung in die Trockengebiete der Gras- und Dornsavanne ist nicht möglich: Zum einen ist die Ackernutzung aufgrund der hohen ökologischen Sensibilität zu risikoreich – man denken an Dürren und die drohende Erosionsgefahr –, zum anderen käme es zu gravierenden Nutzungskonflikten mit den Massai, die Wanderwirtschaft treiben. Die hohe Besiedlungsdichte und Übernutzung haben ohnehin schon in allen agrarisch genutzten Höhenstufen zu besorgniserregenden ökologischen Schäden geführt. An vorderster Stelle zu nennen sind hier die Vegetationszerstörung, die Wasser- und Winderosion – besonders an Steilhängen und in Trockengebieten –, die Grundwasserabsenkung sowie die Bodenvergiftung durch die Anwendung von Agrarchemikalien.
B. Wiese

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