Küstenformen
Küstenlandschaften/Küstenformen
978-3-14-100700-8 | Seite 29 | Abb. 1 | Maßstab 1 : 6.000.000

Informationen
Die gelbe Tönung des südlichen und die rötliche Tönung des nördlichen Kartenteils liefern bereits einen Hinweis auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Küstenbildung: Die skandinavische Halbinsel mit ihren vorherrschenden Gneisen und Graniten gehört zum Baltischen Schild, einer der ältesten Landmassen in Europa. Typisch für sie sind buchtenreiche Felsküsten. Zur Eiszeit flossen hier die Gletscher in die Hohlform der Ostsee und weiter nach Süden. Der südliche Küstenbereich ist vor allem durch glaziale (eiszeitliche) Sedimente gekennzeichnet. Hier finden sich die von den Urlaubern als typisch empfundenen langen Sandstrände. An der Nordseeküste fällt der Gegensatz von Wattenküste im deutschen und Ausgleichsküste im dänischen Bereich auf. Der Begriff der Wattenküste gilt streng genommen nur für die Innen- und Zwischenküste; die Außenküste ist sandig und ähnelt der westjütischen Küste. Die auffällige grüne Linie im Kartenbild markiert die Grenze, die das Landsenkungsgebiet im Süden vom Raum der postglazialen, noch andauernden Landhebung im Norden trennt.
Die skandinavische Küste
Die Schärenküste ist vor allem am oberen rechten Bildrand zu erkennen. Schären sind aus dem Meer aufragende Kuppen einer ehemals vom Eis überfahrenen, flach meerwärts geneigten Felsenlandschaft. Im Bottnischen Meerbusen kommen auch Schären aus Geschiebematerial vor. Eine Ansammlung von Schären wird als Schärenhof bezeichnet. So spricht man z. B. vom Stockholmer und vom Åland-Schärenhof.
Fjorde haben sich vor allem an der steilen Westabdachung des skandinavischen Gebirges gebildet. Aufgrund der weit nach Westen versetzten Wasserscheide bestand hier eine sehr hohe Reliefenergie, d. h. die Flüsse schnitten sich einst tief in den Gesteinskörper des kaledonisch gefalteten Gebirges ein. In der Eiszeit wurden die Kerbtäler der Flüsse durch die Gletscher zu Trogtälern ausgeschürft. Der nacheiszeitliche Meeresspiegelanstieg überflutete diese Täler bis weit ins Landesinnere. So sind die Fjorde heute tiefe, steilwandige Buchten von einzigartigem landschaftlichen Reiz. Die Fjord-Schären-Küste ist eine Mischform zwischen der Fjord- und der Schärenküste, bei der sich die den (zumeist kurzen) Fjord umgebenden Steilhänge meerwärts in Schären-Inseln auflösen.
Die Kliffküsten zwischen Öland und der estnischen Küste sind nur die höchstaufragenden Teile einer sonst ertrunkenen Schichtstufenlandschaft, deren Traufseite nach Nordwesten exponiert ist. Neben diesen strukturell bedingten Kliffküsten gibt es tektonisch bedingte (d. h. verwerfungsbedingte), die als Horst herausgehoben sind (Bornholm, Schonen). Ein allgemeines Merkmal der Felsküsten gegenüber den Lockergesteinsküsten liegt in der ungleich größeren Beständigkeit des Felsmaterials gegenüber der marinen Abrasion, sodass sich die küstenformenden Prozesse erheblich langsamer vollziehen.
Unter den Lockergesteinsküsten findet man in der Karte die Moränenkliffküste an der Ostseite Jütlands, aber auch an der Südspitze der skandinavischen Halbinsel sowie an der sanft geneigten Seite des Schichtstufenzuges. Die Moränenkliffküste ist eng verwandt mit der Fördenküste.
Die südliche Ostseeküste
Die Fördenküste an der schleswig-holsteinischen Ostküste ist gleichsam das Lockergesteins-"Gegenstück" zur Fjordküste, handelt es sich doch um von Gletscherzungen ausgeschürfte Hohl-formen oder auch um unter dem Eis entstandene ehemalige Tunneltäler. Sie sind nachträglich durch das Meer überflutet worden.
Die Boddenküsten Mecklenburg-Vorpommerns (29.2 25.2) sowie der dänischen Inseln sind nichts anderes als ertrunkene Grundmoränenlandschaften (oder auch flache Endmoränenlandschaften). Ursache für die Überflutung war der nacheiszeitliche Meeresspiegelanstieg, der bis heute fortdauert. Die höheren Geländeteile ragen inselartig aus dem Meer. Die Bodden sind die seichten, vielgestaltigen Wasserflächen dieser reizvollen Küstenlandschaften. Im Endzustand wird die Boddenküste ebenso wie die Fördenküste aufgrund des die Küstenlinien verkürzenden strandparallelen Küstenversatzes eine Ausgleichsküste sein.
Drei ausgedehnte Strecken mit Ausgleichsküsten sind auf dem Kartenbild zu sehen. Die westlichste wird von der Nordsee geformt. Eine nahezu vollendete Ausgleichsküste erstreckt sich ostwärts der Oder. Die günstige Exposition der Küste gegenüber der vorherrschenden Westwindrichtung (Oberflächenströmung) hat die glazial bedingten Vorsprünge besonders gründlich abgetragen und die Buchten abgeschnürt, wodurch hinter den Hakenbildungen ausgesüßte Strandseen entstanden. Wo größere Flüsse wie Nogat, Pregel und Memel einmünden, bleibt eine natürliche Verbindung zum Meer, die die Entwicklung zum Strandsee unter-bindet. Wir sprechen dann von einer Nehrungs-/Haffküste, wie sie im Osten Polens ausgebildet ist.
Mit dem anschaulichen Begriff der Meeresbodenküste schließlich wird die Wattenküste bezeichnet. Voraussetzung für die Bildung einer Wattenküste mit ihrer täglich zweimaligen Überflutung ist ein nennenswerter Tidenhub (mehr als ein Meter vertikaler Unterschied von Hoch- und Niedrigwasser). Dadurch wird es dem Ebbestrom möglich, ständig ein Tief oder Gat gegenüber dem strandparallel wirkenden Küstenversatz freizuhalten. Eine geschlossene Ausgleichsküste kann sich daher nicht bilden.
Die Meeressediment-Hebungsküste ist ebenfalls eine Meeresbodenküste. Sie besteht aus späteiszeitlichen Meerestonen und Sanden, die einst unter dem Meeresspiegel lagen und erst durch die natürliche Landhebung an die Oberfläche kamen. Sie kann nur bei sehr gering geneigter Schorre (Abrasionsplattform) entstehen und bildet daher eine flache Küstenebene aus.
J. Newig
Graphiken




Bild
Die Glaziale Serie
Aufeinanderfolge von Oberflächenformen, die als Ergebnis der Tätigkeit des Inlandeises und seiner Schmelzwässer im Eiszeitalter entstanden sind. Dazu gehören Grundmoräne, Endmoräne, Sander und Urstromtal.
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