Jangtsekiang - Drei-Schluchten-Projekt
China
978-3-14-100782-4 | Seite 113 | Abb. 4 | Maßstab 1 : 1.800.000

Informationen
Der Jangtsekiang, der größte Strom Chinas, durchbricht die östliche Begrenzung des Beckens von Sichuan in einem 200 Kilometer langen, tief eingeschnittenen und weithin schluchtartigen Tal. Dessen engste Abschnitte sind die "Drei Schluchten" (Qutang, Wu und Xiling). Der Staudamm liegt auf halber Strecke der Xiling-Schlucht, etwa 40 Kilometer vor dem Austritt des Jangtsekiang aus dem Gebirge bei Yichang. 2003 wurde mit dem Aufstau begonnen, der 2009 175 Meter ü. NN erreichen soll. Die Staumauer ist 2310 Meter lang und 185 Meter hoch. Der Stausee ist 660 Kilometer lang und im Mittel 1,1 Kilometer breit (also doppelt so breit wie vor dem Aufstau). Die Funktionseinheiten und weitere Maße sind in der Nebenskizze zur Karte dargestellt.
Drei Hauptziele werden mit dem umstrittenen Projekt verfolgt:
Energiegewinnung in Wasserkraftwerken (18 000 MW),
Hochwasserschutz und Flussregulierungen für die Hälfte des jährlichen Gesamtabflusses (bei Yichang 480 Mrd. m³ , an der Mündung 960 Mrd. m³),
Verbesserung der Schiffbarkeit.
Als Vorstufe des Drei-Schluchten-Damms war in den 1950er- und 1960er-Jahren zunächst der deutlich kleinere Gezhouba-Staudamm errichtet worden (40 Kilometer flussabwärts, siehe Karte). Vorüberlegungen für einen Drei-Schluchten-Damm gab es bereits damals, sie wurden aber erst 1985 wieder aufgenommen und weiterverfolgt. 1994 wurde mit dem Bau begonnen, der nach Schätzungen bis zu 75 Mrd. US-$ kostete.
Der Aufstau und seine Folgen
Das Füllen des Stausees wird 2009 abgeschlossen sein. Dies führt an den steilen Hängen der Schluchten nur zu einer begrenzten Verbreiterung der Wasserfläche; oberhalb der Schluchten ist die Breitenzunahme bei geringerer Stauhöhe ebenfalls begrenzt.
Schiffe bis 10 000 t können nun bei deutlich verringerten Frachtkosten von Shanghai bis nach Chongqing, dem Zentrum Sichuans fahren. Seitenarme wie die "Kleinen Drei Schluchten" bei Wushan sind leichter und weiter befahrbar und werden dem Tourismus neu erschlossen.
Der Drei-Schluchten-Damm war von Beginn an in China umstritten und auch Anlass internationaler Proteste. Projektgegner schätzen die Gefahr eines Dammbruchs als nicht unerheblich ein und erinnern an die Katastrophe von 1975 in der Provinz Henan, bei der 230 000 Menschen ums Leben kamen, als zwei in den 1950er-Jahren gebaute Staudämme barsten. Der finanzielle Aufwand wird ebenso kritisch eingeschätzt wie die immensen ökologischen Auswirkungen und die sozialen Folgen der Umsiedlung. Verluste an Land und kulturellen Gütern (Tempel; s. Karte) schlagen ebenfalls negativ zu Buche.
Die Sedimentfracht ist — trotz des ähnlichen Anscheins der gelblichen Wasserfärbung — wesentlich geringer als beim Gelben Fluß (Schwebstoffkonzentration von 1,2 kg/m³ bzw. 37 kg/m³). Der "Fließcharakter" des Stausees ist wegen der geringen Breite und der hohen Wasserführung noch relativ günstig. Viele mitgeführte Schwebstoffe werden bei abnehmender Fließgeschwindigkeit schon im oberen Stauseebereich abgelagert. In die Staumauer wurden zusätzlich tief gelegene Durchlässe für sedimentführendes Wasser eingebaut. Es wird mit Ablagerungen im Stausee von 8 bis 9 Mio. Tonnen pro Jahr gerechnet. Der Abwasserzufluss in den Stausee wird derzeit mit rund 1,2 Mrd. Tonnen pro Jahr angegeben. Der Bau von Kläranlagen ist geplant, es sind aber keine zuverlässigen Angaben zu den fertiggestellten und auch betriebenen Anlagen verfügbar. Für den geplanten Süd-Nord-Wassertransfer ist die Wasserqualität sehr bedeutsam.
Der Staudammbau erweist sich über die direkten Folgen hinaus als Schlüsselprojekt einer weitergehenden umfassenden Regionalerschließung Sichuans. Zwischen Chongqing und dem Staudamm gab es vor dessen Bau keine einzige Brücke, 2006 schon mehr als 20. Weitere sind in Bau, darunter die enorm hohe Eisenbahnbrücke bei Wanzhou, über die Sichuan erstmals eine direkte Bahnverbindung nach Osten erhält. Hinzu kommen neue Straßen, Autobahnen und Wohnbauten.
W. Hassenpflug
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