Hohensaaten (Brandenburg) - Überalterung

Deutschland - Deutschland - Bevölkerungsstruktur und -dynamik
978-3-14-100800-5 | Seite 81 | Abb. 8| Maßstab 1 : 12500

Überblick

Hohensaaten, ein Dorf an der Grenze zu Polen, steht exemplarisch für Orte in Ostdeutschland, die durch einen hohen Anteil an Senioren gekennzeichnet sind. Dies ist zum einen eine Folge des massiven Geburtenrückgangs, zum anderen der hohen Abwanderung vor allem junger Menschen nach der Wiedervereinigung 1990.

Im Jahr 1989 lebten in Hohensaaten noch 922 Menschen, im Jahr 2000 waren es nur noch 859 und im Jahr 2012 noch 699 (ein Viertel weniger als 20 Jahre zuvor). Das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei über 50 Jahren (s. 80.4 ). Hohensaaten ist ein Ortsteil der Kleinstadt Bad Freienwalde.

Aufstieg und Niedergang

Schon vor Jahrhunderten waren die Böden Hohensaatens als „ganz schlecht und sandig“ bekannt. Nur ein sehr kleiner Anteil der Gemeindefläche wird heute landwirtschaftlich genutzt (s. Karte). Große Flächen in der Umgebung des Dorfes sind seit 1990 brach gefallen, da sie nicht wirtschaftlich genutzt werden können.

Die Oder bot der Bevölkerung lange Zeit die wichtigste Lebensgrundlage. Die Fischerei ermöglichte seit der Gründung eines ersten slawischen Fleckens im 10. Jahrhundert ein nicht üppiges, aber hinreichendes Einkommen. Die Lage der Fischer verschlechterte sich mit der Trockenlegung des Oderbruchs (1746–1753) zwar, doch war damit ein neuer Transportweg zwischen Pommern und Preußen entstanden. Daher siedelten sich einige Gewerbe an, 1754 wurde Hohensaaten zur Hauptzollstelle.

Die Blütezeit des Ortes begann mit der Reichsgründung 1871. Neue Industrie- und Handwerksbetriebe wurden gegründet. Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden zwei Schleusen und ein Wehr. Ab 1914 war Hohensaaten Endpunkt des Oder-Havel-Kanals, der die Oder mit Berlin verband. Um 1920 lagen über 30 Schiffe Hohensaatener Bürger im Hafen. Die Werftindustrie und der Ausflugstourismus erlebten einen Aufschwung. Nach 1945 geriet der Ort in eine periphere Lage, auch wenn die Werft als Reparaturwerft der ostdeutschen Binnenflotte fungierte und die Wasserstraße noch in den 1980er-Jahren modernisiert und ausgebaut wurde.

Das größte Manko nach der Wiedervereinigung 1990 war der Mangel an Arbeitsplätzen nicht nur in Hohensaaten, sondern auch in der gesamten Region. Dies war der Hauptauslöser der Abwanderung vor allem junger Menschen. Die Schule, der Kindergarten, die Post, das Freibad, die Lebensmittelläden, die Bank und die Arztpraxis mussten schließen, sodass heute – mit Ausnahme mobiler Händler – keine Grundversorgung mehr im Dorf möglich ist. Der öffentliche Nahverkehr ist auf wenige Abfahrten pro Tag (vor allem während der Schulzeit) beschränkt. Als doppeltes Hindernis erwies sich die periphere Lage, als Brandenburg seine Wirtschafts- und Regionalförderung auf 15 Wachstumskerne im Land konzentrierte.

Hoffnungen, das touristische Potenzial zu nutzen, beruhen heute …

• auf einer alten Kiesgrube nördlich des Ortes, die nach ihrer Umgestaltung zu einem See Touristen anlocken soll,

• auf der Lage am Rand des reizvollen Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin,

• auf dem Radtourismus, denn der beliebte Oder-Neiße-Radweg führt durch den Ort,

• auf dem Wassertourismus, für den in Brandenburg wegen der vielen Flüsse, Kanäle und Seen sehr gute Voraussetzungen bestehen und der seit dem EU-Beitritt Polens neue Impulse erhalten hat (Wegfall der Einschränkungen durch die Staatsgrenze).

Mit der Pension, der Gaststätte, dem Radweg, den Aktivitäten des Heimatvereins und der Bootstankstelle sind Ansatzpunkte einer touristischen Infrastruktur vorhanden.

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