Hessen - Kleinstaaten vor 1789

Hessen und Kassel - Hessen - Territorialentwicklung und Stadtwachstum
978-3-14-100389-5 | Seite 26 | Abb. 1| Maßstab 1 : 2000000

Überblick

Die territoriale Situation vor der Französischen Revolution

Hessen, der geographische Raum zwischen den Flüssen Werra und Neckar, Lahn und Diemel, Main und Weser, hat seine heutige Gestalt erst nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten. In der Zeit vor der Französischen Revolution war Hessen ein historischer Durchgangsraum in der Mitte des losen Heiligen Römischen Reiches mit verschiedenen voneinander getrennten Territorien. Das Land teilte sich auf in eine Vielzahl kleiner Gebiete, die von Fürsten, Grafen und Bischöfen beherrscht wurden oder als freie Reichsstädte dem Kaiser unterstanden.

 

Die größeren Staaten waren die Landgrafschaft Hessen-Kassel mit der Residenzstadt Kassel sowie die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt mit der Residenzstadt Darmstadt, die durch Teilung der alten Landgrafschaft Hessen in der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden waren. Das wichtigste Herrscherhaus war das Haus Hessen mit einer Kasselaner und einer Darmstädter Linie. In Hessen-Kassel regierte das Haus Hessen bis 1866, in Hessen-Darmstadt sogar bis zur Novemberrevolution 1918.

 

Weitere Gebiete waren die Grafschaft Erbach und das Fürstentum Solms sowie die freien Reichsstädte Gelnhausen, Frankfurt am Main und Wetzlar, wo ab 1689 das Reichskammergericht als höchstes Gericht des Heiligen Römischen Reiches tagte. Hinzu kamen Herrschaftsgebiete, die nur zum Teil im Gebiet des heutigen Hessen liegen: u. a. große Teile des Herzogtums Nassau, des Fürstentums Waldeck sowie der Fürstbistümer Mainz und Fulda. Zugleich hatten die hessischen Herrscherhäuser Besitzungen in anderen Teilen Deutschlands, so etwa die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg. Die Eigenständigkeit der kleinen Territorien wurde vom Kaiser in Wien, der Reichskirche und dem Reichsadel garantiert.

Umbruch durch die Französische Revolution und die napoleonische Herrschaft

Im Gegensatz zu der territorialen Zersplitterung auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches gab es in Frankreich schon früher ein einheitliches Staatsgebiet. Diese Idee setzte sich in der Zeit der napoleonischen Herrschaft ab 1803 auch auf deutschem Gebiet durch. Nach den militärischen Niederlagen gegen Napoleon löste sich 1806 das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, das die alte Ordnung beschützt hatte, auf. Auf Druck Napoleons hin wurden die kleinen und kleinsten Gebiete aufgelöst und den größeren Territorien zugeschlagen (vgl. Karte 26.2 „Hessen – Teilstaaten im Deutschen Bund“). Verlierer der territorialen Neuordnung waren vor allem die geistlichen Gebiete der Fürstbistümer Köln, Mainz und Trier sowie die freien Reichsstädte Wetzlar und Gelnhausen, die ihre Unabhängigkeit verloren.

Schlagworte