Großraum Nürnberg - Phasen der Urbanisierung

Deutschland - Deutschland - Wandel ländlicher und städtischer Siedlungen
978-3-14-100800-5 | Seite 77 | Abb. 6

Überblick

Das Modell stellt Beziehungen her zwischen den Veränderungen im Verkehrswesen, dargestellt durch die Entfernungsleistung in Kilometern, und der Bevölkerungsveränderung in den einzelnen Teilen städtisch geprägter Räume in Mitteleuropa (City, Vororte, Verdichtungsraum insgesamt). Es werden vier typische Phasen unterschieden, die sich in mehr oder weniger ausgeprägter Form in vielen Großstädten beobachten lassen.

Als Urbanisierung wird die Verstädterung mit der Ausbreitung städtischer Lebensformen und den daraus resultierenden Prozessen und Raumstrukturen verstanden. Das Modell zeigt, dass die Zuwanderung auf die Kernstädte gerichtet ist, während das Umland an Bevölkerung verliert. Das hohe natürliche Bevölkerungswachstum führt zu einem Wachstum der Bevölkerung im Verdichtungsraum insgesamt. Diese Prozesse sind typisch für die Phase der Industrialisierung.

Mit der Gründerzeit setzt eine sprunghafte Entwicklung im Bereich der öffentlichen Verkehrsmittel ein. Straßen- und Stadtbahnlinien verbessern die Erreichbarkeit der Stadtränder. Entlang der Verkehrsstrecken als Leitlinien entstehen neue Wohngebiete für die rasch wachsende Bevölkerung. Es kommt zur Suburbanisierung der Vororte, für die ein Wachstum eingeleitet wird, das auch in der Folgeperiode anhält. Die Bedeutung der Kernstädte als Wohnort ist nach wie vor hoch, beginnt aber zu sinken. Die Suburbanisierung des Wohnens wird häufig von einer Suburbanisierung des Gewerbes gefolgt. Insgesamt ergibt sich ein rasches Flächenwachstum des geschlossen besiedelten Stadtgebiets.

In der dritten Phase verschiebt sich der räumliche Schwerpunkt der Suburbanisierung über die Vororte hinaus weit in das ländliche Umland der Kernstädte. Dies wird vor allem durch die allgemeine Verbreitung des Pkw als Verkehrsmittel ermöglicht und wird auch durch die daraus resultierenden Verkehrsprobleme nicht gemindert. Die Bevölkerungszahl in der Kernstadt stagniert oder beginnt sogar zu sinken. Die Vororte und das Umland erleben während dieser Phase ein anhaltendes starkes Bevölkerungswachstum. Ihre geschlossen besiedelte Fläche nimmt weiter zu. Damit einher geht ein Bedeutungsverlust der Kernstadt, der sich in starker Abwanderung äußert.

In zunehmend ausdifferenzierten pluralistischen Gesellschaften ist der Trend zur Suburbanisierung nicht ungebrochen. In Abhängigkeit von der Lebenssituation empfinden bestimmte Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel junge Menschen die Innenstadt als attraktiven Lebensort. Kulturelle und gastronomische Einrichtungen liegen dort unweit des Wohnorts, und die Wege zum Arbeitsplatz oder zu Bildungseinrichtungen sind kurz. Verstärkt durch eine gezielte Aufwertung innerstädtischer Räume setzt eine Rückwanderung in bestimmte Stadtquartiere ein, die zu einem Bedeutungsrückgang des suburbanen Raums und zu einem Bedeutungsgewinn der Kernstadt führen kann. Man spricht in solchen Fällen von einer Reurbanisierung. Sie ist in Phase 4 des Modells dargestellt.

Schlagworte