Golf von Neapel - Leben am Vulkan

Europa - Südeuropa
978-3-14-100770-1 | Seite 124 | Abb. 1| Maßstab 1 : 300000

Informationen

Die Region um den Golf von Neapel besteht in geologischer Hinsicht einerseits aus älteren Kalkgebirgen wie dem Monti Lattari im Südosten, zum anderen aber auch aus jungen, überwiegend aus dem Quartär stammenden Ebenen rund um den Vesuv und an der Küste des Tyrrhenischen Meeres. Die geologisch eindrucksvollsten Gebiete um Neapel sind der Vesuv selbst, die Phlegräischen Felder im Westen der Stadt sowie die der Bucht vorgelagerten Inseln Procida und Ischia.

Vulkanismus in der Vesuvregion
Die Millionenstadt Neapel ist die größte Stadt in Süditalien, selbst ihre Vororte wie Torre del Greco mit rund 90 600 Einwohnern und Castellamare die Stabia mit etwa 65 000 Einwohnern haben bereits Stadtcharakter. Gemeinsam ist den Orten am Golf von Neapel, dass sie am Fuß eines der berühmtesten Vulkane der Erde liegen. Mit einer höchsten Erhebung von 1281 Metern ist der Vesuv zwar ein Zwerg im Vergleich zu anderen Riesenvulkanen, aber kaum ein anderer Vulkan ist so gut erforscht. Ebenso berühmt wie berüchtigt ist sein Ausbruch im Jahr 79 n. Chr., von dem – als Rest eines alten Vulkanbergs – der Ringwall des Monte Somma erhalten geblieben ist. Durch diese Eruption wurden die Gebäude der Stadt Pompeji, die zu diesem Zeitpunkt rund 10 000 Einwohner zählte, unter Bimsstein- und Aschemassen begraben; über die Ortschaft Herkulaneum mit ihren 5000 Einwohnern ergoss sich eine Glutlawine. Durch zahlreiche weitere Ausbrüche – vor allem in den Jahren 1631, 1767, 1872, 1906, 1925 und 1944 – wurden der heutige Kraterberg und sein Umland geformt. Spuren der Ausbrüche in der Umgebung sind Lavaströme, Asche, Tuffe und Lapilli.
Weitere Vulkangebiete sind die Phlegräischen Felder sowie die Inseln Procida und Ischia mit den angrenzenden Meeresbereichen. 27 ehemalige Vulkane wurden allein auf dem Festland gezählt; viele davon waren noch bis in geschichtliche Zeit hinein tätig. So brachen zum Beispiel der Vulkan Solfatara bei der Hafenstadt Pozzuoli im Jahre 1198 und der Epomeo auf Ischia 1302 zum letzten Mal aus. Erdbeben wie 1982 und 1983 im Raum von Pozzuoli, Hebungs- und Senkungsvorgänge und verschiedene postvulkanische Erscheinungen zeigen, dass das Gebiet auch heute noch nicht zur Ruhe gekommen ist.
Zu den postvulkanischen Erscheinungen gehören heiße gashaltige Dampfquellen, die als Fumarolen bezeichnet werden, sowie vergleichsweise kühle Aushauchungen von Kohlendioxid unter 100 °C, sogenannte Mofette. Bekannt sind die Mofette in der Hundsgrotte bei Neapel und die Fumarolen des Kraters Solfatara bei Pozzuoli, die als schwefelwasserstoffhaltige "Solfataren" bei Temperaturen von 100 bis 300 °C austreten. Die Möglichkeiten der Nutzung vulkanischer Dämpfe zur Energiegewinnung wird an verschiedenen Stellen des Kartengebietes durch Prospektionsbohrungen erforscht.
Zu einem vollkommen anderen Landschaftstyp gehören hingegen die Halbinsel von Sorrent und die ihr vorgelagerte Insel Capri. Als Fortsetzung der Kalkketten des Neapolitanischen Apennins ragen die Monti Lattaria bis zu einer Höhe von 1443 Metern auf.

Besiedlung und Landnutzung
Das mediterrane Klima und die über weite Flächen äußerst fruchtbaren Böden auf vulkanischen Aschen und Tuffen haben in der Region einen vielfältigen Anbau auch anspruchsvoller Obst- und Gemüsepflanzen und natürlich von Wein ermöglicht. Nicht zuletzt deshalb zählt der Raum um den Golf von Neapel zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Erde. In der Provinz Neapel, die in etwa der auf der Karte dargestellten Fläche entspricht, leben auf 1171 km² annähernd 3 Mio. Menschen, das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 2500 Einwohnern pro Quadratkilometer.
Bereits im Altertum gab es in dieser Region zahlreiche Siedlungen, Villen und Landgüter. Auch in der Gegenwart gibt es im näheren Umfeld der Millionenstadt Neapel noch immer eine Vielzahl meist städtischer Siedlungen. Die Schönheit der Landschaft, Spuren der Geschichte und vielfältige Möglichkeiten zur Erholung und Heilung haben aus dem Golf von Neapel überdies ein bedeutendes Tourismusgebiet gemacht.
W. Grau

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