Europa - Wirtschaft

Europa - Europa - Wirtschaft
978-3-14-100800-5 | Seite 98 | Abb. 1| Maßstab 1 : 16000000

Zum Aufbau der Übersichtskarte

Die Karte zeigt den Wirtschaftsraum Europa im Überblick.

Im Hintergrund zeigen Flächensignaturen die Intensität der menschlichen Raumnutzung an. Entsprechend dem Konzept des „Human Footprint“ („ökologischer Fußabdruck“), wurden für dessen Ermittlung räumliche Ebenen zu den Faktoren Bevölkerung, Verkehr, Transport, Bergbau und Landnutzung überlagert.

Hinter einer Kategorie können sich dabei unterschiedliche Raumtypen verbergen. So zählen zu den naturnahen Landschaften die Tundren Nordosteuropas ebenso wie die Gebirgszüge der Alpen und Karpaten, die Halbwüsten und Wüsten Kasachstans sowie weite Teile Kleinasiens. Als dicht besiedelte und intensiv genutzte Verdichtungsräume werden neben den großen Agglomerationen wie Randstad und Rhein-Ruhr auch die Poebene in Oberitalien und weite Teile der intensiv agrarisch und touristisch genutzten spanischen Mittelmeerküste dargestellt. Zu den Gebieten intensiver Nutzung gehören neben Deutschland – mit Ausnahme einiger Mittelgebirge – auch so gegensätzliche ländliche Räume wie die Bretagne, weite Teile Tschechiens und die Schwarzerdezone in der Ukraine. Darüber hinaus sind Räume mit weniger intensiver Nutzung ausgewiesen, zum Beispiel weite Teile Irlands oder Spaniens. Dort wurde die Naturlandschaft durch Eingriffe des Menschen gegenwärtig oder in historischen Zeiträumen stark verändert und überformt, die Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung ist dort heute niedriger als in anderen Agrarräumen des Kontinents.

Um die Wirtschaftszentren charakterisieren zu können, wird zunächst deren Ausrichtung hinsichtlich der ansässigen Industrien und der prägenden Dienstleistungen betrachtet. Da manche Wirtschaftszentren eher industriell, andere eher durch hochrangige Dienstleistungen geprägt sind, wird eine Zwillingssignatur verwendet. So kann ein bedeutendes Wirtschaftszentrum mit maximal drei Industrie- und drei Dienstleistungsschwerpunkten verzeichnet sein (siehe Paris).

Neben der Branchenstruktur wird auch seine Bedeutung in der globalen Städtehierarchie, also seine räumliche Ausstrahlung, dargestellt. In vier Abstufungen zeigt die Karte, ob einem Wirtschaftszentrum eine globale oder kontinentale Bedeutung zukommt, ob es zumindest für mehrere Staaten bedeutsam ist oder ob ihm nur eine nationale wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Ein Lesebeispiel zu München (s. Legende unten links) führt in die Kartenaussagen zu den Wirtschaftszentren ein.

Durch diese beiden Kategorisierungen von Wirtschaftszentren –also Ausrichtung hinsichtlich Industrie und Dienstleistungen sowie räumliche Ausstrahlung – kann ein Standort wie Zürich schnell als kontinental bedeutendes Zentrum mit vielfältiger Branchenstruktur sowohl der Industrie (Schwerindustrie, Hightech-Industrie) als auch der Dienstleistungen (Finanzen, unternehmensnahe Dienstleistungen, politisch-kulturelles Zentrum) eingeordnet werden, das am Übergang zwischen intensiv genutzten und naturnahen Landschaften (Alpen) liegt.

Außerhalb der Wirtschaftszentren sind in der Überblickskarte außerdem Tourismusstandorte und Bergbauzentren, die jeweils in peripheren Räumen oft raumprägend sind, ausgewiesen. In der Regel beziehen sich diese Kennzeichnungen auf Regionen, nicht auf einzelne Städte oderStandorte. Beispiele sind die deutschen Nordseeinseln (s. 63.2) oder die Balearen (s.105.4) als Tourismusstandorte bzw. das Niederrheinische Braunkohlenrevier (s.67.2-5), Fördergebiete für Erdöl und Erdgas in der Nordsee (s. 120.1) und die Osttürkei (Erze, Kohle, Erdöl) als Bergbauzentren.

Raumstrukturen in Europa

Die Raumstrukturen in Europa sind durch folgende Faktoren und Raumtypen besonders geprägt:

die überwiegend naturnahen Landschaften im Norden sowie im äußersten Osten mit nur einzelnen städtischen Zentren,

die dicht besiedelten Verdichtungsräume West- und Mitteleuropas,

das patchworkartige Muster im Mittelmeerraum mit Verdichtungsräumen wie der Poebene, Metropolen wie Barcelona oder Istanbul, dicht besiedelten, intensiv genutzten Küsten sowie weniger intensiv genutzten Räumen, vor allem in deren Hinterland,

die dominierende wirtschaftliche Stellung der EU und ihres Zentralraumes zwischen London/Paris und Oberitalien,

die global bedeutenden Zentren London und Paris,

die räumlichen Disparitäten zum einen innerhalb Europas und zum anderen in den großen Flächenstaaten selbst (etwa Italien).

Die Zwillingssignaturen für Industrie / Dienstleistung lassen ein hierarchisch gegliedertes Netz von Zentren hervortreten, in denen die wesentlichen Entscheidungen in Politik und Wirtschaft fallen. Sie sind durch eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur miteinander verbunden.

Innerhalb Europas sind Deutschland und Polen Beispiele für Staaten mit einer polyzentrischen Raumstruktur, bei denen zwischen den Wirtschaftszentren jeweils eine Aufgabenteilung zu beobachten ist. Eine eindeutig monozentrische Raumstruktur weisen zum Beispiel Frankreich, Dänemark und Ungarn auf – hier hat jeweils die Hauptstadtregion eine überragende wirtschaftliche und politische Bedeutung.

Es sind immer auch aktuelle Prozesse der sich dynamisch entwickelnden Wirtschaft zu beachten. So wird die Raumentwicklung in Irland, Portugal, Spanien und insbesondere Griechenland seit 2009 stark durch die Euro- bzw. Schuldenkrise beeinflusst. Zwischen Teilregionen des Kontinents bestehen Grenzen mit stark abschottender Wirkung, zum Beispiel gehören einige Staaten auf dem Balkan zur EU, andere nicht; mitten durch die Region verläuft die EU-Außengrenze. Es können schwerwiegende Konflikte auftreten, die den wirtschaftlichen Austausch behindern oder sogar verhindern (zum Beispiel die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine, die 2014 begannen).

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