Europa - Tourismus

Europa - Europa - Tourismus
978-3-14-100384-0 | Seite 84 | Abb. 1

Überblick

Zielgebiete des Tourismus in Europa sind in erster Linie die Küsten, insbesondere diejenigen der Mittelmeerländer und Mittelmeerinseln (siehe auch Karte 85.2 „Balearen (Spanien) – Tourismus“). Weitere Schwerpunkte sind die Hochgebirge und einige Großstädte – manche zählen zu den meistbesuchten Tourismuszielen der Erde.

Badetourismus

Wichtige Gunstfaktoren für den Badetourismus an den Küsten der Mittelmeerländer und -inseln sind das sonnige Klima, die Strände, eine abwechslungsreiche Landschaft, die gute Erreichbarkeit und die ausgebaute Infrastruktur. Erste Orte für den Badetourismus entstanden ab Mitte des 18. Jahrhunderts an der französischen und italienischen Riviera sowie in Istrien. Bis zum Ersten Weltkrieg entwickelte sich auch der Golf von Neapel mit Capri und Ischia zu einer Fremdenverkehrs-region für die Oberschicht. Die Entwicklung zum Massentourismus wurde durch Faktoren wie ein höheres Einkommen, eine größere Zahl von Urlaubstagen, die Motorisierung breiter Bevölkerungsschichten und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ermöglicht. Ab Mitte der 1950er-Jahre setzte auf breiter Basis der Zug in den „sonnigen Süden“ ein. Ziele waren vor allem die Strände an der Mittelmeerküste, etwa die an der italienischen Adria. Weiter entfernte Zielgebiete wie die Costa del Sol oder Sizilien wurden erst mit der Ausweitung des Flugverkehrs touristisch erschlossen. Ab den 1960er- und 1970er-Jahren wurden auch die französische und spanische Mittelmeerküste, die Balearen, die Algarve und die tunesische Küste zum Ziel von Touristen. Ab den 1980er-Jahren folgten die türkische Mittelmeerküste, hauptsächlich um Antalya, und die marokkanische Atlantikküste. Heute wird die touristische Infrastruktur der ersten Generation vielerorts ersetzt oder grundlegend modernisiert, um veränderten Bedürfnissen gerecht zu werden. In Marokko ist der Tourismus nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig, in Tunesien dagegen erreichte er um 2010 einen Höhepunkt, erlebte dann aber, ähnlich wie in Ägypten, durch innenpolitische Unruhen und islamistische Terrorattentate einen schweren Einbruch, von dem er sich noch nicht vollständig erholen konnte.

Mittel- und Hochgebirge

Die Mittel- und Hochgebirge dienen in unterschiedlichem Maße der Sommer- und Wintererholung. Für den Wintersport sind ausreichende Schneesicherheit, leichte Erreichbarkeit und eine entsprechende Infrastruktur – etwa in Form von Skiliften, planierten Skipisten und Beschneiungsanlagen – notwendige Voraussetzungen. Das mit Abstand wichtigste Zielgebiet dieser Art sind die Alpen. Gerade der umsatzstarke Wintertourismus ist hier vielfach stärker ausgeprägt als der Sommerreiseverkehr. In bestimmten Regionen, etwa in Tirol (außerhalb des Inntals), hat er sogar die Funktion einer Leitökonomie. Weniger bedeutende Zielgebiete für den Wintertourismus liegen inselartig in den skandinavischen Gebirgen, im Riesengebirge und der Hohen Tatra, in den Pyrenäen, der Sierra Nevada, dem Dinarischen Gebirge und den Rhodopen. Im Sommer werden die Gebirge im Mittelmeerraum traditionell als Sommerfrische genutzt, um der großen Hitze im Tiefland zu entfliehen (z. B. Abruzzen bei Rom, Cevennen in Südfrankreich, Sierra de Guadarrama bei Madrid). Auch in West-, Mittel- und Nordeuropa gibt es Sommertourismus in den Gebirgen. Insbesondere die Mittelgebirge und ihre Täler werden bevorzugt von Wanderern und Fahrradtouristen frequentiert.

Pilgertourismus, Heilbäder und Kurorte

Zu den ältesten Reiseformen überhaupt zählt der Pilgertourismus. Wallfahrts- und Pilgerorte finden sich in Ländern Europas mit vorwiegend katholischer und griechisch-orthodoxer Bevölkerung. Die Lage der Heilbäder und Kurorte folgt vielfach geologischen Leitlinien wie Bruchzonen und Verwerfungen. In Gebieten ehemaliger vulkanischer Aktivität wie dem französischen Zentralmassiv lässt sich ebenfalls eine Konzentration von Heilbädern erkennen. Auch ein günstiges Bioklima, etwa Reizstärke oder besonders reine Luft, kann hier die Standortwahl bestimmen.

Städtereisen

Städtereisen sind eines der stärksten Marktsegmente im Tourismus – nicht zuletzt aufgrund der Billigflug-Anbieter. Im Städtetourismus überwiegen Kurzreisen mit maximal vier Übernachtungen. Anziehungspunkte sind zum einen historische Orte und Baudenkmäler, kulturelle Zentren, aber auch Einkaufs- und Unterhaltungsmöglichkeiten. Zu beobachten ist überdies ein Trend zum Eventtourismus, bei dem zeitlich befristete Großereignisse, zum Beispiel Fußballeuropa- oder -weltmeisterschaften, Kunstausstellungen oder Musikwochen, große Anziehungskraft ausüben. Zum Städtetourismus zählen auch der beruflich motivierte Geschäfts-, Messe- und Kongressreiseverkehr. Insgesamt weisen die Großstädte die geringsten saisonalen Schwankungen und die höchsten Besucherzahlen auf.

Kreuzfahrten

Ein weiteres Wachstumssegment der letzten Jahre waren Kreuzfahrten von ein bis zwei Wochen. Die Küstenstädte des nördlichen Mittelmeeres werden von zahlreichen Kreuzfahrtschiffen angelaufen. Ein relativ neues Marktsegment sind Club-Kreuzfahrten, mit denen jüngere Reisende angesprochen werden. Nordlandfahrten während des Sommers sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts aufgrund der besonderen Landschaftserlebnisse, der Mitternachtssonne und des Polarlichts beliebt. Von Mai bis September sind die Küstenstädte an der Ostsee ein beliebtes Kreuzfahrtziel. Flusskreuzfahrten konzentrieren sich auf die seit der Romantik touristisch erschlossenen Flusstäler, allen voran auf den Rhein. Besonders hervorzuheben ist das von Ausflugsschiffen stark befahrene obere Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz. Beliebt sind des Weiteren die Donau, die Mosel sowie Rhône und Wolga.

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