Europa - Sprachen

Europa - Europa - Staaten
978-3-14-100800-5 | Seite 84 | Abb. 3| Maßstab 1 : 36000000

Überblick

Die Mehrzahl der europäischen Sprachen zählt zum indogermanischen Sprachstamm und verwendet die lateinischen Schriftzeichen. Das Ursprungsgebiet dieser großen Sprachenfamilie ist vermutlich der Raum zwischen Mitteleuropa und dem Ural. Ob die Träger einem einheitlichen indogermanischen „Urvolk“ zuzurechnen sind, ist stark umstritten. Die wesentlichen Sprachzweige in Europa sind die germanischen, romanischen und slawischen Sprachen. Türkisch, Ungarisch, Finnisch und Estnisch weisen keinerlei Verwandtschaft zur indoeuropäischen Sprachfamilie auf.

Ausgehend von einem Zentrum zwischen Mitteleuropa und dem Ural haben sich die Indogermanen um 2000 v. Chr. in expandierende Völkerschaften aufgelöst. Während die eine Stoßrichtung auf den indischen Subkontinent und nach Vorderasien zielte, ging die andere Bewegung nach Europa hinein. Die Entstehung der indoeuropäischen Einzelsprachen hat sich dabei sowohl durch Abspaltung als auch durch Vermischung mit autochthonen Sprachelementen ergeben.

Bei den germanischen Sprachen unterscheidet man zwei Gruppen: die westgermanischen (Englisch, Deutsch, Niederländisch, Friesisch) und die nordgermanischen Sprachen (Schwedisch, Dänisch, Norwegisch, Isländisch).

Die slawischen Sprachen zerfallen in Ostslawisch (Russisch, Ukrainisch, Weißrussisch; kyrillische Schrift), Westslawisch (Tschechisch, Slowakisch, Sorbisch, Polnisch, Kaschubisch; lateinische Schrift) und Südslawisch (Südostslawisch = Bulgarisch, Makedonisch in kyrillischer Schrift; Südwestslawisch = Slowenisch, Kroatisch, Bosnisch in lateinischer Schrift sowie Serbisch und Montenegrinisch in kyrillischer und lateinischer Schrift). Die romanischen Sprachen – die alle aus dem Lateinischen hervorgingen, das durch die Expansion des Römischen Reiches weite Teile Europas erreichte und auch nachhaltig beeinflusste – werden nicht weiter unterteilt.

Durch kriegerische und friedliche Expansion der europäischen Völker kam es im Laufe der Jahrtausende zu Rückzugsgebieten und Inselbildungen von Sprachen. Beispiele hierfür liefern die keltischen Sprachen in Wales, der Bretagne und in Irland, das Katalanische und Galicische in Spanien, die slawisch-sorbische Sprachinsel in Mitteldeutschland oder das Rätoromanische in der Schweiz. Zu diesen Rückzugssprachen zählen auch das Baskische in Spanien und Frankreich oder das Kurdische im Vierländereck Türkei, Syrien, Irak und Iran. Einige der Volksgruppen, die diese Sprachen sprechen, pochen auf ihre sprachliche, kulturelle und ethnische Identität und fordern nationale Autonomie oder Selbstständigkeit.

Estnisch, Finnisch und Ungarisch zählen zur uralischen Sprachfamilie, deren Ursprungsgebiet an der Wolga und im Ural zu suchen ist. Während das finnische Hauptvolk der Suomi bereits um 1000 v. Chr. seine heutigen Wohnsitze erreichte, gelangten die Ungarn erst um das Jahr 900 n.?Chr. in die Ebenen zwischen Theiß und Donau.

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