Europa - Das Zeitalter Napoleons um 1812

Geschichte - Geschichte - Vom Barock zum Napoleonischen Zeitalter
978-3-14-100389-5 | Seite 207 | Abb. 4

Überblick

Das Jahr 1812 brachte mit dem verlustreichen Russlandfeldzug den Wendepunkt der napoleonischen Herrschaft, die sich über fast ganz Europa erstreckte. Napoleons Aufstieg begann 1796, als ein schlecht ausgerüstetes Heer unter seinem Oberbefehl einen triumphalen Italienfeldzug durchführte. Auf seinen Ruhm gestützt, machte er sich 1799 per Staatsstreich zunächst zum 1.?Konsul, wenig später zum Konsul auf Lebenszeit und 1804 zum erblichen Kaiser der Franzosen. In dieser Zeit hatte er sich im 2.?Koalitionskrieg erfolgreich gegen Österreich, Russland, Großbritannien und deren Verbündete behauptet und innenpolitisch eine stabile Ordnung geschaffen. Auch den 3.?Koalitionskrieg konnte Napoleon 1805 in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz zu seinen Gunsten entscheiden. Im 4. Koalitionskrieg 1806/07 wurde das preußische Heer in der Schlacht von Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen. Bereits 1806 hatte er die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erzwungen und den Rheinbund gegründet, der alle deutschen Territorien außer Preußen und Österreich vereinigte. Ebenfalls 1806 verfügte er die Kontinentalsperre gegen England, 1807 folgte das Bündnis mit Alexander I. von Russland. 1810 annektierte Napoleon die Niederlande und setzte seinen Bruder Louis dort als König ein. Seine Brüder Joseph und Jérôme beherrschten die Königreiche Spanien und Westphalen, sein Schwager Murat das Königreich Neapel. Allerdings war es schon 1808 in Spanien zu einer Volkserhebung gekommen, die Unterstützung durch England erhielt. Es begann ein langer und zermürbender Krieg, zugleich sah sich Napoleon zu einem weiteren Feldzug gegen Österreich gezwungen. Noch einmal setzte er sich an beiden Fronten durch. Das änderte sich, als er sich 1812 zum Feldzug gegen Russland entschloss, der mit verheerenden Verlusten endete. Auf dem Rückzug konnten sich seine Truppen zunächst noch behaupten, unterlagen aber in der Völkerschlacht bei Leipzig den Koalitionsarmeen. Im März 1814 besetzten die Verbündeten Paris, Napoleon wurde zur Abdankung gezwungen. Sein Versuch, 1815 noch einmal nach der Macht zu greifen, endete nach 100 Tagen bei Waterloo.

Staatsreformen unter Napoleon

Napoleon reorganisierte in den ersten Jahren seiner Regentschaft nicht nur die Armee, sondern auch den Staat. Durch höhere Steuereinnahmen konnte er die Finanzen sanieren und die Staatsschulden begleichen. Noch wichtiger war die soziale Stabilisierung, die ihm durch die Einführung des „Code civil“, eines bürgerlichen Gesetzbuches, gelang. Der „Code civil“ galt in allen von ihm regierten oder abhängigen Staaten, übte großen Einfluss auf die europäische Gesetzgebung aus und gilt in Frankreich trotz zahlreicher Änderungen noch heute. Der Gesetzentwurf war einerseits revolutionär und bestätigte die Prinzipien von 1789. Es galt die Gleichheit aller vor dem Gesetz, die Freiheit der Person, die Gewissensfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat. In den Augen Europas wurde er deshalb zum Symbol der Revolution und hat wichtige Grundsätze des modernen Rechtsstaats durchgesetzt. Zugleich war er aber von „bourgeoiser Gesinnung“, insofern er das Eigentum als ein Naturrecht definierte, welches jeder Gesellschaft vorausgehe. Der während der Revolution vom Adel angeeignete Besitz von Bürgern und Bauern wurde legalisiert.

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