EU - Wirtschaftskraft der Regionen

Europa - Europäische Union
978-3-14-100770-1 | Seite 95 | Abb. 4| Maßstab 1 : 30000000

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Mit der Süd- und Osterweiterung der EU hat sich das Wohlstandsgefälle zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten vergrößert. In der Spitzengruppe lagen 2006 Luxemburg, Irland, die Niederlande und Österreich, während Polen mit den beiden jüngsten Mitgliedsländern, Rumänien und Bulgarien, die Schlussgruppe bildete. Deutschland, im Jahre 1991 noch auf Platz fünf, rutschte bis 2006 auf den zehnten Rang ab. Einen höheren Wohlstand als Deutschland verzeichnen die Beneluxstaaten, Irland und Großbritannien, Österreich sowie die nordischen Länder. Auch innerhalb der einzelnen Staaten bestehen erhebliche regionale Gegensätze hinsichtlich der wirtschaftlichen Produktivität und des Wohlstands der Bevölkerung. Es besteht zwischen der Wirtschaftsstruktur und dem interregionalen Wohlstandsgefälle ein enger Zusammenhang.
Das regionale Wohlstandsgefälle wird – trotz gewisser Einschränkungen bezüglich seiner Aussagefähigkeit und Vergleichbarkeit – durch das Bruttoinlandsprodukt erfasst. Letzteres bestimmt sich durch den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb einer festgelegten Zeitspanne in einer Region produziert wurden. Die Umrechnung des BIP in Kaufkraftstandards (KKS) bezieht regionale Preisunterschiede ein und ermittelt dadurch den regionalen Wohlstand noch etwas exakter. Intraregionale Einkommensdisparitäten werden jedoch nicht erfasst.
Abgesehen von einigen Ausnahmen, etwa Teilregionen Finnlands und Irlands, lässt sich ein deutliches Einkommensgefälle von den reichen Regionen in Zentraleuropa zu den weit ärmeren in der Randlage der EU erkennen. Weit geringer sind dagegen die Disparitäten innerhalb der einzelnen Staaten, doch auch hier gibt es Ausnahmen; so existiert beispielsweise in Italien und Irland ein ausgeprägtes Reichtumsgefälle zwischen Nord und Süd bzw. Süd und Nord. Fast überall in Europa weisen die jeweiligen Hauptstadtregionen hinsichtlich ihrer Produktivität und Kaufkraft ein höheres Niveau auf als die anderen Landesteile. In Deutschland gehen die Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern auf die unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung in den Jahren vor der Wiedervereinigung 1990 zurück.
Während die Wirtschaftskraft in den drei Beitrittsländern von 1995, Österreich, Schweden und Finnland, in etwa dem Durchschnitt entsprach, hat sich das Entwicklungsgefälle innerhalb der EU nach dem Beitritt der Länder Ostmittel- und Südosteuropas deutlich verstärkt. Die niedrigste Wirtschaftskraft weisen gegenwärtig die Länder in Osteuropa auf, nur gering höher ist die Kaufkraft in Portugal. Wie stark diese Differenzen zwischen armen und reichen Ländern sind, lässt ein Vergleich des Kaufkraftstandards erahnen: Spitzenreiter Luxemburg kam 2006 auf etwa den achtfachen Wert des Schlusslichtes Bulgarien.
Aus dem Vergleich der Anteile der drei Wirtschaftssektoren an der Erwerbstätigkeit und am BIP in den einzelnen EU-Staaten geht hervor, dass ein hoher Anteil von Beschäftigten in der Landwirtschaft in der Regel mit einem geringen BIP einhergeht, während in den Industrie- und Dienstleistungsregionen ein deutlich höheres Produktions- und Einkommensniveau herrscht.
H. Müller, F.-J. Kemper

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