Essen-Mülheim - Stadtklima

Deutschland - Deutschland - Klima
978-3-14-100800-5 | Seite 55 | Abb. 4| Maßstab 1 : 100000

Überblick

Auf der Karte werden die Stadtgebiete von Essen und Mülheim nach klimatischen Gesichtspunkten charakterisiert. Zu diesem Zweck wird das Gebiet nach der Klimabelastung in sogenannte Klimatope unterteilt, also in Teilräume mit vergleichbaren mikroklimatischen Verhältnissen. Überdies werden Zusatzmerkmale einzelner Klimatope anhand von Signaturen hervorgehoben. Auf der zweiten Ebene sind die für den Klimaausgleich bedeutsamen Bereiche (Flächensignaturen) und Prozesse (Pfeilsignaturen) dargestellt.

Als wichtige Grundlagen für die Zuordnung eines Gebietes zu einem Klimatop erweisen sich neben Klimadaten das Relief und die Flächennutzungsstrukturen. Innerhalb des Stadtgebiets ist in der Regel von vergleichbaren mikroklimatischen Bedingungen auszugehen, wenn ähnliche oder gleiche Flächennutzungsstrukturen bei gleichen oder ähnlichen Reliefeigenschaften vorliegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausprägung der Klimaeigenschaften der unterschiedlichen Flächennutzungstypen eng an bestimmte Wetterlagen gekoppelt ist. Nur bei geringer Bewölkung, hoher Einstrahlung am Tage und geringen Windgeschwindigkeiten stellen sich vor allem nachts deutliche Temperaturunterschiede zwischen Räumen mit verschiedenen Nutzungstypen ein. In den verdichteten Siedlungen bilden sich sogenannte Wärmeinseln aus.

Arten von Klimatopen

Freilandklimate stellen sich über den überwiegend landwirtschaftlich genutzten Außenbereichen ein und zeichnen sich durch ungestörte Tagesgänge von Temperatur und Feuchte sowie anthropogen nicht veränderte Windströmungen aus. Darüber hinaus handelt es sich um bedeutsame Frischluftgebiete mit einer hohen Ausgleichswirkung für die bioklimatisch belasteten Gebiete mit Wohnbebauung. Bei geeigneten Wetterlagen tragen landwirtschaftlich genutzte Flächen darüber hinaus zur Kaltluftbildung bei.

Flächen mit Waldklima erweisen sich aufgrund sehr geringer thermischer und bioklimatischer Belastungen als wertvolle Regenerations- und Erholungsräume. In der Regel sind Waldflächen darüber hinaus Frischluft- und Reinluftgebiete. Sie können jedoch aufgrund der hohen Rauigkeit im Gegensatz zu den unbewaldeten Freiflächen keine Luftleitfunktion übernehmen. Eine wichtige Eigenschaft von Waldflächen ist ihre Filterkapazität bei Luftschadstoffen. Durch Ad- und Absorption können Waldflächen gas- und partikelförmige Luftschadstoffe ausfiltern.

Die klimatischen Verhältnisse von Park- und Grünanlagen sind meist zwischen Freiland- und Waldklima einzustufen. Große Grünflächen wirken sich aufgrund der starken Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen und der damit einhergehenden Kaltluft- und Frischluftproduktion ausgleichend auf die bebaute und damit meist anthropogen erwärmte Umgebung aus. Der Stellenwert solcher wohnumfeldnaher Klimaoasen ist hoch.

In Bereichen mit einer lockeren Bebauung und einer relativ guten Durchgrünung herrscht Stadtrandklima. Charakteristisch ist hier eine nur schwache Ausprägung von Wärmeinseln.

Kennzeichnend für das Stadtklima hingegen ist eine überwiegend dichte, geschlossene Zeilen- und Blockbebauung mit meist hohen Baukörpern und engen Straßen. Während austauscharmer Strahlungsnächte kommt es aufgrund des hohen Versiegelungsgrades, der hohen Oberflächenrauigkeiten und der geringen Grünflächenanteile zu einer Überwärmung. Dies kann in den Sommermonaten Hitze und Schwüle hervorrufen, die eine starke Belastung für die Menschen sind.

Charakteristische Flächennutzungen in Innenstadtklimatopen sind Verwaltungs-, Geschäfts- und Wohngebäude mit vielgeschossigen Baublöcken. Weitere typische Merkmale sind ein sehr hoher Versiegelungsgrad und ein geringer Grünflächenanteil. Aufgrund dieser Eigenschaften weist das Innenstadtklima die stärksten mikroklimatischen Veränderungen im Stadtgebiet auf. Hierzu zählen neben dem Wärmeinseleffekt auch die starken Windfeldveränderungen, die sich in straßenparallelen Be- und Entlüftungssituationen äußern. Windturbulenzen machen sich häufig im Bereich von Straßenschluchten und offenen Plätzen bemerkbar. Häufig stellen Gebiete mit Innenstadtklima bioklimatische Belastungsräume dar.

Das Gewerbeklima entspricht im Wesentlichen dem Stadtklima und zeichnet sich durch einen ausgeprägten Wärmeinseleffekt, geringe Luftfeuchtigkeit und erhebliche Windfeldstörung aus. Prägend für das Mikroklima und die Luftqualität sind in diesem Bereich neben den ausgedehnten Zufahrtsstraßen und Stellplatzflächen vor allem die erhöhten Emissionen.

Das Industrieklima ist mit dem Innenstadtklima vergleichbar. Bedingt durch den hohen Versiegelungsgrad in Kombination mit erhöhten Emissionen kommt es verstärkt zu Belastungssituationen. Bei intensiver Aufheizung am Tage bildet sich auch nachts aufgrund der Ausdehnung versiegelter Flächen eine deutliche Wärmeinsel aus – dies bedeutet eine Erhöhung der bioklimatischen Belastung im Umfeld der Standorte.

Hauptverkehrsstraßen erweisen sich als lineare Emissionsbänder für Luftschadstoffe und Lärm. Aufgrund ihrer Breite und der geringen Rauigkeit sind sie häufig klimatisch belastete Luftgleitbahnen.

Das Windfeld in der Stadt wird durch Kanalisierung im Straßenraum oder durch Düsen- und Kanteneffekte stark modifiziert. Beim Vorkommen unterschiedlicher Bauformen sowie stark unterschiedlicher Höhen der Gebäude in Verbindung mit einem Nebeneinander von bebauten und unbebauten Flächen tritt eine starke Turbulenz des Windfeldes auf.

Stadtbelüftung

Einen hohen Stellenwert in der Stadtklimatologie nimmt der Luftaustausch zwischen den weniger belasteten Entlastungsräumen und den belasteten Räumen einer Stadt ein. Der kleinräumige Luftaustausch wird in der Klimakarte durch unterschiedliche Pfeilsignaturen dargestellt.

Luftgleitbahnen: Luftgleitbahnen sind dort wirksam, wo bei entsprechenden Wetterlagen durch geringe Reibungshindernisse ein Transport von Luftmassen aus dem Umland in die Stadt oder in angrenzende Stadtstrukturen stattfindet. Vor allem bei austauscharmen Wetterlagen sind Luftgleitbahnen klimarelevant, da sie in der Lage sind, weniger belastete Luftmassen in die Lasträume der Stadt zu transportieren.

Nächtlicher Kaltluftabfluss: Kaltluftabflüsse treten bevorzugt bei windschwachen Strahlungswetterlagen auf, wobei ihre Intensität und Dauer aus der Größe des Talquerschnitts und des Einzugsgebiets resultiert.

Frischluftzufuhr: Aus dem Umland werden bei entsprechenden Windrichtungen kühle und unbelastete Luftmassen zugeführt.

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