Erfurt - Historische Stadtentwicklung - um 1620

Thüringen - Thüringen - Geschichte und Verwaltung
978-3-14-100385-7 | Seite 27 | Abb. 4

Überblick

Eine günstige naturräumliche Lage inmitten des fruchtbaren Thüringer Beckens begünstigte den frühen Aufstieg Erfurts zum wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum Thüringens. Das an einer Furt über die Gera gelegene Gebiet lag am Schnittpunkt dreier wichtiger Fernverbindungen. Ab dem 6. und 7. Jahrhundert häufen sich Besiedlungsspuren. Eine erste Burg wurde vermutlich auf der Höhe des Petersberges im Westen der Siedlung errichtet. Von hohem Alter sind der Hauptmarkt (Platz westlich vor Dom- und Petersberg) sowie die Märkte im Gebiet bis hin zur Kaufmännerkirche. Nur wenig jünger ist das Rathaus (1275). Die Mauer von ca. 1168 umschloss anscheinend schon das gesamte mittelalterliche Stadtareal bis an die Wilde Gera (ca. 130 Hektar), einschließlich Peters- und Domberg. Bereits 1156 wird die mit Marktbuden besetzte Krämerbrücke genannt. Die Krämerbrücke ist heute das älteste nicht kirchliche Bauwerk Erfurts und zählt zu den bekanntesten Wahrzeichen der Stadt. Die Brückenbebauung mit Fachwerkhäusern ist nördlich der Alpen einmalig. Im 12. und 13. Jahrhundert nutzten die staufischen Könige Erfurt als einen ihrer Hauptstützpunkte. Im Kampf um die Selbstverwaltungsrechte gelang um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Etablierung eines weitgehend unabhängigen Rates. Bündnisse mit dem Adel und den Reichsstädten Mühlhausen und Nordhausen zeigten die Stadt im 14. Jahrhundert auf der Höhe ihrer Macht. Erfurt entwickelte sich mit seinen 18 000–20 000 Einwohnern zu einem überregionalen Zentrum. Nur Köln, Nürnberg und Magdeburg hatten damals mehr Einwohner. Rückgrat der Wirtschaft war der Handel mit Waid (das wichtigste Blaufärbemittel für Wolle und Leinen im Mittelalter). Die Stadt besaß hier ein Einkaufsmonopol. Bedeutung gewann auch der Tuch-, Getreide- und Kramhandel. Außerdem wuchs Erfurt seit dem 13. Jahrhundert zu einem bedeutsamen Bildungszentrum heran. 1392 entstand hier die dritte Universität auf deutschem Boden. Mit der Besetzung des Erzbistumsstuhls im Jahr 1482 durch ihre sächsischen Konkurrenten, die Wettiner, geriet Erfurt in politische und wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die territorialpolitischen Auseinandersetzungen mit Mainz und Kursachsen führten um 1500 zu einer enormen Verschuldung und zu einer wirtschaftlichen und sozialen Krise, die die Waidproduktion und den Handel für Jahrzehnte erheblich in Mitleidenschaft zog. Die sächsischen Landesherren angrenzender Gebiete belagerten die Stadt mehrmals erfolglos. Dabei sperrten sie die Straßen, sodass der Erfurter Handel empfindliche Einbußen hinnehmen musste. Erfurt wurde dadurch wirtschaftlich in die Knie gezwungen und musste einen Schutzvertrag abschließen, der eine hohe jährliche Zahlung beinhaltete.

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