Erde - Wasserversorgung

Erde - Erde - Lebensbedingungen
978-3-14-100391-8 | Seite 181 | Abb. 5

Zugang zu Toiletten oder Latrinen

Eines der im Jahr 2000 beschlossenen Milleniums-Entwicklungsziele war, dass bis 2015 drei Viertel der Weltbevölkerung nicht mehr ungeschützt im Freien ihr Geschäft verrichten müssen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Nach wie vor sind davon 900 Millionen Menschen betroffen. Weitere 1,4 Milliarden Menschen haben lediglich ein einfaches Loch für ihre Bedürfnisse zur Verfügung. 2,1 Milliarden Menschen benutzen eine Latrine, aber das Grundwasser wird wegen fehlender Kanalisation verunreinigt. Um auf diese Problematik hinzuweisen, wird seit dem Jahr 2013 immer am 19. November von den Vereinten Nationen der Welttoilettentag ausgerufen. Betroffen ist vor allem die ärmere Bevölkerung auf dem Land sowie in den Slums. In vielen Ländern, wie zum Beispiel Benin, Burkina Faso, Indien und Nepal, verrichten laut Unicef 95 Prozent der ärmsten Menschen ihre Notdurft im Freien. Die Menschen gehen statt auf eine Toilette hinter Büsche, Bahngleise und alte Schuppen – ohne danach ihre Hände waschen zu können. Allein in Indien haben rund 524 Millionen keine Toilette zur Verfügung, fast die Hälfte der Bevölkerung. Ohne Toiletten steigt die Gefahr zu erkranken. Durch Durchfallerkrankungen sterben mehr Kinder als an Aids, Tuberkulose und Malaria zusammen. Fast immer sind sie durch verschmutztes Wasser oder mangelnde Hygiene verursacht. Neben Durchfallerkrankungen kommt es auch zu Wurm-, Haut- und Augenerkrankungen. Wird die Notdurft im Freien verrichtet oder in einer Sickergrube, so gelangen die Fäkalien außerdem ins Grundwasser oder in Flüsse und Seen – und somit auch in das Wasser, das zum Waschen, Kochen und Trinken verwendet wird. Zudem kommt es in den betroffenen Ländern regelmäßig zu sexuellen Übergriffen auf Frauen und Mädchen, wenn diese versuchen, ungestört ihre Notdurft zu verrichten.

Zugang zu sauberem Trinkwasser

Trinkwasser ist nach der Definition der EU-Trinkwasserrichtlinie „Wasser für den menschlichen Gebrauch“, das bestimmte, rechtlich vorgegebene Güteeigenschaften aufweisen muss. Die wichtigsten Anforderungen sind die Genusstauglichkeit und die Freiheit von Krankheitserregern und anderen gesundheitsschädigenden Stoffen. Nur ein geringer Teil dieser knappen Ressource wird tatsächlich als Trinkwasser genutzt – allenfalls zwei bis drei Liter Wasser nimmt ein Mensch pro Tag zu sich –, eine weitaus größere Menge wird in Haushalten für die Zubereitung von Speisen und Getränken, für Wäsche und Reinigung sowie in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft verbraucht. Für die Herstellung von einem Glas Apfelsaft beispielsweise werden etwa 190 Liter Wasser benötigt, bei einer Jeans sind es bereits 5000 Liter, bei einem Auto können es sogar 450 000 Liter sein. Am günstigsten ist die Situation bei der Wasserversorgung in Europa (obwohl sich auch dort regional Probleme abzeichnen), Amerika (mit wenigen Ausnahmen), in Nord- und Südostasien sowie in Ozeanien. Eine unzureichende Verfügbarkeit von Wasser gibt es derzeit in fast ganz Afrika, in West-, Süd- und Zentralasien. Betroffen sind aber auch Teile Chinas, Mexikos, Australiens und der USA. Dabei gibt es rein rechnerisch auf der Erde genug Süßwasservorräte, selbst das Dreifache der gegenwärtigen Weltbevölkerung könnte hinreichend mit der lebenswichtigen Ressource versorgt werden. Allein die durchschnittlichen Jahresniederschläge in Afrika könnten nach einer Studie des UN-Umweltprogramms den Wasserbedarf von 9 Milliarden Menschen decken. Das Problem ist, ähnlich wie bei den Nahrungsmitteln, in erster Linie eines der Verteilung. Zum einen gibt es auf der Erde aride und semiaride Gebiete, in denen der Mangel an Wasser eine Folge der klimatischen und geographischen Gegebenheiten ist. Verschärft wird das Problem durch die starke Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre. In diesen Regionen haben oft mehr als 25 Prozent der Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Allerdings gibt es Länder, etwa auf der Arabischen Halbinsel, die ebenfalls ungünstige Naturvoraussetzungen haben, aber aufgrund ihres Reichtums im Hinblick auf den Wassermangel Handlungsoptionen besitzen. In welchem Maße das Problem der unzureichenden Wasserversorgung eines der Armut ist, belegt der Umstand, dass nach UN-Angaben derzeit mehr als 1,5 Milliarden Menschen in Erdregionen leben, in denen Wasser durchaus in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, in denen aber die notwendige Infrastruktur an Förderanlagen und Leitungsnetzen fehlt, um es der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Am schwersten betroffen von diesem Problem ist Afrika – auch in den immerfeuchten Tropen mit ganzjährig hohen Niederschlägen.

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