Erde - Extrem- und Agrarklimate

Erde - Erde - Klimazonen
978-3-14-100803-6 | Seite 244 | Abb. 2| Maßstab 1 : 300000000

Klimaklassifikationen sind eine wichtige Basis geographischer Raumanalysen. In Form einer Karte dargestellt, zeigen sie systematisch die räumliche Verbreitung der klimatischen Verhältnisse auf der Erde. Sie bieten einen guten Überblick über die wichtigsten Klimacharakteristika einer Region. In Klimakarten können aber aus Gründen der inhaltlichen und didaktischen Reduktion nur einige wenige Klimaparameter berücksichtigt werden. Nur so ist jedoch möglich, trotz des an sich kontinuierlichen Wandels der klimatischen Gegebenheiten auf der Erde bestimmte Klimate zu abstrahieren, zu typisieren und zu klassifizieren.

Ausgangspunkt für die Klassifikation sind die drei Klimaelemente Temperatur, Niederschlag und potenzielle Landschaftsverdunstung. Durch den konsequenten Bezug darauf lässt sich jedes Klimat zweifelsfrei einer bestimmten Klimazone und einem spezifischen Klimatyp zuordnen.

Während die Karten 244.1–3 in besonders leicht zugänglicher Form Teilelemente der Klimaklassifikation darstellen bzw. Aussagen daraus zusammenfassen, zeigt die Karte 244.4 deren kartographische Umsetzung mit den drei Klimaschlüsseln, ergänzt um Darstellungen der Küstennebel und der Meeresströmungen.

Erster Klimaschlüssel: Thermische Klimazonen

Wärme- und Wasserhaushalt sind die wesentlichen Steuerungsgrößen der natur- und kulturräumlichen Gegebenheiten eines Raumes. Sie stehen deshalb im Mittelpunkt des Klassifikationsansatzes von Siegmund / Frankenberg. Daher bildet die Einteilung der Erde in fünf thermisch definierte Klimazonen (s. 244.1) die Basis der Klimaklassifikation (s. 244.4 ). Als einfaches und dennoch aussagekräftiges Einteilungskriterium dient dabei die Jahresdurchschnittstemperatur einer Klimastation. Abgekürzt werden die thermischen Klimazonen durch die Großbuchstaben A, C, D, E und F.

Über die Erde hinweg zeigt sich zunächst eine zonale Anordnung der thermischen Klimazonen A, C, D, E und F. Nahezu idealtypisch ist diese für die Polare und die Subpolare Zone sowie die Mittelbreiten der Südhalbkugel ausgeprägt. Dort verursachen nur die Südspitze Südamerikas, Tasmanien und Neuseeland geringfügige Ausbuchtungen.

Insbesondere über den großen Kontinenten verlaufen die Klimazonen dagegen oft nicht breitenkreisparallel. So zeigt sich zum Beispiel im südlichen Teil Afrikas eine Ausbuchtung der Tropen nach Süden, die durch die vergleichsweise stärkere Aufheizung der Landmassen gegenüber den Ozeanen verursacht wird. Gleichzeitig verläuft die Subtropenzone an der Westküste des südlichen Afrikas in einen schmalen, küstenparallelen Streifen relativ weit nach Norden. Ursache dafür ist der kalten Benguelastrom, der zur Ausbildung von Nebel und reduzierter Sonneneinstrahlung führt. Entsprechend führt zum Beispiel der Kalifornische Strom an der Pazifikküste Mittelamerikas zu einem Ausgreifen der Subtropenzone nach Süden.

In West- und Nordeuropa sowie an der Westküste Nordamerikas sorgen warme Meeresströmungen für ein Ausbuchten der Mittelbreiten bis weit nach Norden, sogar in Gebiete nördlich des Polarkreises. Sowohl Nordamerika als auch Eurasien zeigen daher einen Gegensatz zwischen der West- und der Ostseite des Kontinents.

Neben den fünf thermischen Klimazonen werden auf der Ebene des Ersten Klimaschlüssels zusätzlich die Trockenklimate aus den Zonen A, C und D ausgegliedert, zu einer eigenen Klimazonen zusammengefasst und kurz mit B bezeichnet. Zu Abgrenzung der Trockenklimate wird die 250-Millimeter-Isohyete der jährlichen Niederschlagsmenge genutzt. Dies gilt jedoch nur für die Tropen, Subtropen und die Mittelbreiten, um polare und subpolare Kältewüsten auszuschließen, wo zwar auch sehr geringe Niederschläge auftreten können, die entscheidenden naturräumlichen Grenzen aber vor allem durch die niedrigen Temperaturen gesetzt werden.

In der Klimaklassifikation 244.4 wird die oben beschriebene Zonierung zum einen durch die Höhenklimate weiter ausdifferenziert (siehe unten), zum anderen durch knappe Aussagen zur landwirtschaftlichen Nutzbarkeit ergänzt.

Höhenklimate

In der Klimakarte nach Siegmund / Frankenberg werden die Höhenklimate jeweils als gesonderter Klimatyp der entsprechenden Tieflandklimate ausgewiesen (Schraffur). Aus diesem Grund findet die Höhenlage einer Station Berücksichtigung, wobei vereinfachend von einem einheitlichen vertikalen Temperaturgradienten von 0,5 °C pro 100 Meter Höhenunterschied ausgegangen wird. Damit lässt sich die Jahresdurchschnittstemperatur der Station auf diejenige Temperatur umrechnen, die die Station bei einer Lage auf Meeresniveau hätte.

Extremklimate

Mithilfe der Jahresdurchschnittstemperaturen (< −10 °C) bzw. der Trockenklimate (Jahressumme des Niederschlags N < 250 mm) lassen sich in der Klimakarte bereits auf der Ersten Gliederungsebene grob jene Regionen der Erde abgrenzen, in denen eine besonders niedrige Temperatur oder der permanente bzw. periodische Wassermangel der Klimafaktor ist, der den Raum am stärksten prägt. Daraus lässt jeweils ableiten, dass ein solcher Raum landwirtschaftlich nicht intensiv genutzt werden kann (s. 244.2).

Zweiter Klimaschlüssel: Hygrische Klimatypen

Mithilfe der Anzahl humider Monate lassen sich vier Humiditäts- bzw. Ariditätsgrade unterscheiden: humid, semihumid, semiarid, arid. Sie bilden den zweiten Klimaschlüssel, abgekürzt durch die Kleinbuchstaben h, sh, sa bzw. a.

Die statistischen Angaben zum Wasserhaushalt basieren auf dem wissenschaftlich fundierten Humiditätsbegriff von Lauer/Frankenberg. Dieser setzt den monatlichen Niederschlägen (N) die entsprechende Summe der potenziellen Landschaftsverdunstung (pLV) als die eigentliche physikalische Gegengröße der Niederschläge gegenüber. Auf diese Weise kann der klimatische Wasserhaushalt eines Raumes genau quantifiziert werden. Die potenziellen Landschaftsverdunstung lässt sich dabei auf der Basis der potenziellen Verdunstung freier Wasserflächen (pV) und einem vom Vegetations- und Landnutzungstyp abhängigen Umrechnungsfaktor (Uf) nach der Gleichung pLV = pV · Uf berechnen. Erreicht oder übersteigt die Niederschlagsmenge eines Monats den entsprechenden Wert der potenziellen Landschaftsverdunstung (N ≥ pLV), so wird dieser als humid definiert, im umgekehrten Fall (N < pLV) als arid.

Dritter Klimaschlüssel: Wärmehaushalt / Kontinentalität

Auf der dritten Gliederungsebene des Klassifikationsansatzes nach Siegmund / Frankenberg kommt die thermische Kontinentalität zur Anwendung. Dieses statistische Maß basiert auf der Jahresamplitude der monatlichen Durchschnittstemperaturen (TA).

Mit ihrer Hilfe lassen sich im Rahmen der Klimaklassifikation vier Kontinentalitäts- bzw. Maritimitätsgrade unterscheiden, die mit Zahlen abgekürzt werden: hochmaritim (1), maritim (2), kontinental (3) und hochkontinental (4). Sie werden außerhalb der Tropen angewendet und sind in 244.3 separat dargestellt (graue Signaturen).

Innerhalb der Tropen sind die jährlichen Temperaturschwankungen zu gering, als dass sich mithilfe der Jahresamplitude der Temperatur eine sinnvolle Untergliederung erreichen ließe. Dort werden daher durch die 24 °C-Isotherme der Jahresdurchschnittstemperatur Warm- und Kalttropen voneinander unterschieden (Abkürzung: 5 bzw. 6), da unterhalb dieser Schwelle auch in den Tropen Fröste auftreten. In der Karte entspricht die Verbreitung der Kalttropen derjenigen der grafisch hervorgehobenen Höhenklimate innerhalb der tropischen Zone. In der Karte 244.3 sind die beiden Bereiche gelb bzw. rosa dargestellt.

Kombination der Klimaschlüssel

Durch die Kombination der drei beschriebenen Ebenen ergibt sich ein dreigliedriger Klimaschlüssel. Weite Teile Mitteleuropas liegen beispielsweise in einem semihumiden, maritimen Klima der Mittelbreiten, das mithilfe des Klimaschlüssels als Dsh2-Klimat abgekürzt werden kann. Indonesien liegt im Bereich der Tropen, der Wasserhaushalt ist humid oder semihumid. Im humiden Bereich kommen Warm- bzw. Kalttropen vor. Die drei resultierenden Klimate lassen sich abgekürzt als Ah5, Ash5 und Ah6 schreiben.

Zur Bewertung der klimatischen Gegebenheiten eines Ortes ist es jeweils sinnvoll, entsprechende Klimadiagramme bestimmten Klimazonen und Klimatypen zuzuordnen.

Meeresströmungen

Die Karte enthält eine detaillierte Darstellung der oberflächennahen Strömungen, unterschieden nach Temperatur und Geschwindigkeit. Eine Darstellung der Tiefenströmungen enthält die Karte 250.1. Meeresströmungen werden hauptsächlich durch die Schubkraft des Windes, unterschiedliche Dichten von Meerwasser und Ausgleichsbewegungen ausgelöst.

Zu den Klimadiagrammen

Die Klimadiagramme bauen sich aus drei Achsen auf. Die horizontale Achse gibt die einzelnen Monate des Jahres wieder. Auf der linken vertikalen Achse ist die Temperatur in Grad Celsius und auf der rechten vertikalen Achse der Niederschlag in Millimetern eingezeichnet. Ein Millimeter Niederschlagshöhe entspricht dabei einem Liter Niederschlagswasser pro Quadratmeter. An der rechten Achse ist außerdem auch die potenzielle Landschaftsverdunstung (pLV) abzulesen, die ebenfalls in Millimetern angegeben wird.

Damit die Klimadiagramme bei sehr hohen monatlichen Niederschlags- und Landschaftsverdunstungswerten überschaubar bleiben, ist deren Skala ab 100 Millimetern verkürzt. Bei den Niederschlagssäulen wird dieser Wertebereich durch eine dunkelblaue Farbgebung gekennzeichnet.

Als zusätzliche Information sind in den Diagrammen auch die jährlichen Durchschnittstemperaturen sowie die mittleren Jahressummen des Niederschlags und der potenziellen Landschaftsverdunstung der jeweiligen Station verzeichnet.

10 Grad Celsius auf der Temperaturachse entsprechen 20 Millimetern auf der Niederschlagsachse, 20 Grad Celsius entsprechen 40 Millimetern usw. Physikalisch korrekter ist es, den monatlichen Niederschlägen (N) direkt die entsprechenden Werte der potenziellen Landschaftsverdunstung (pLV) gegenüberzustellen. Auf diese Weise lassen sich humide und aride Zeiträume wesentlich exakter definieren.

Die dargestellte Auswahl an Klimadiagrammen umfasst die wichtigsten Klimate in 244.4. Die Standorte sind in der Karte markiert.

Schlagworte