Erde - Desertifikation (Wüstenbildung)

Erde - Erde - Desertifikation
978-3-14-100800-5 | Seite 257 | Abb. 3| Maßstab 1 : 180000000

Überblick

Als Desertifikation wird ein Prozess der fortschreitenden Degradation der Produktionsfähigkeit von symbiotischen Natur-Mensch-Systemen bezeichnet, die vor allem durch einen hohen Grad der Anpassung an aride und semiaride Bedingungen gekennzeichnet sind. Sie führt im Endzustand zur Entstehung von „Man-Made-Deserts“. Hauptursachen der Desertifikation sind die Bodenausblasung in Gebieten mit lockeren Böden, die Bodenabschwemmung und -skelettierung in Gebirgsregionen und schließlich die Bodenversalzung in Gebieten mit übermäßiger Bewässerung und mangelhafter Entwässerung bzw. mit nicht angepassten Bewässerungsmethoden.

Ein globales Phänomen

Die Atlaskarte zeigt, dass inzwischen alle bewohnten Kontinente vom Phänomen der Desertifikation betroffen sind, insbesondere Afrika, die Arabische Halbinsel, Zentralasien, Australien und der Westen Nord- und Südamerikas.

Als gefährdet werden in der Karte die klimatisch günstigeren semiariden Gebiete bezeichnet, in denen der Druck des Menschen auf die Landschaft derzeit wächst, aber noch nicht übermäßig stark ist. Zu den von der Desertifikation bereits betroffenen Gebieten zählen praktisch alle Wüstenrandgebiete wie Halbwüsten, Steppen und Dornstrauchsavannen, in denen die Zerstörung von Boden und Pflanzenwelt nicht mehr durch die natürliche Regeneration ausgeglichen werden kann.

Bei den stark betroffenen Gebieten handelt es sich zum Teil um naturräumlich günstigere Gebiete wie beispielsweise die südliche Sahelzone, die von Menschen intensiver genutzt wird als die Regionen nördlich davon. Solche Gebiete werden heute durch Überweidung, Überkultivierung und übermäßige Abholzung stark beeinträchtigt. Da die Chancen für eine erfolgreiche Bekämpfung der Desertifikation in Entwicklungsländern aufgrund des dortigen Kapitalmangels allenfalls gering bis mäßig sind, müssen viele Prozesse als faktisch irreversibel betrachtet werden. In extrem ariden Gebieten herrschen natürliche Wüsten vor. Innerhalb solcher klimatisch bedingter Wüsten kann Desertifikation durch Bodenversalzung und durch Sandanwehungen in Oasen stattfinden.

Anthropogene Ursachen

Im Hinblick auf die Desertifikation ist der Mensch sowohl Hauptverursacher als auch Geschädigter. Einige Definitionen, die lediglich die Degradation der biologischen Produktivität betonen, vernachlässigen die verschiedenen menschlichen Gesellschaften, denen in den Ökosystemen der ariden und semiariden Gebiete im Laufe vieler Jahrhunderte eine ähnliche kulturelle Anpassung gelungen ist, wie sie die Pflanzen- und Tiergesellschaften dieser Regionen auf biologischer Ebene vollziehen mussten.

Die Desertifikation ist ein komplexes, von Menschen verursachtes Phänomen, das unter anderem durch natürliche Einflüsse wie Niederschlagsvariabilität und Dürren beschleunigt werden kann. Die dauerhafte Übernutzung der begrenzten Ressourcen kann aber auch, wie etwa in der Sahelzone, in erster Linie eine Folge des ungünstigen Zusammenspiels von verstärktem Bevölkerungsdruck, unangepasster Landwirtschaft und ausbleibenden Regenfällen sein.

Einmal begonnen, entwickelt der Desertifikationsprozess oft eine eigene, sich selbst verstärkende Dynamik. Die zuerst auftretenden Folgen sind ökologisch-physikalischer Natur und äußern sich in verschiedenen Formen der Bodenschädigung und der biologischen Degradation. Daraus kann sich letztlich eine Reihe gravierender sozialer, ökonomischer und politischer Konsequenzen ergeben, von verheerenden Hungerkatastrophen bis zu politischen Unruhen.

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