Deutschland - Tourismus

Deutschland - Deutschland - Tourismus und Naturschutz
978-3-14-100391-8 | Seite 52 | Abb. 1

Überblick

Der Tourismus in Deutschland hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt, in einigen Regionen ist er sogar führend. Es lässt sich ein klares räumliches Verteilungsmuster erkennen: Der Großteil der Übernachtungen wird in peripheren Gebieten registriert. Vor allem in den Küstenregionen, Alpen und Mittelgebirgen gibt es zusammenhängende Tourismusregionen mit hoher Abhängigkeit vom Tourismus. In Tourismusgebieten wie Mecklenburg, der Lüneburger Heide oder dem Spreewald ist die Wirtschaftsstruktur zwar auch vom Tourismus bestimmt, aber nicht im selben Maße. Daneben gibt es einzelne, zum Teil aber auch sehr bedeutende Tourismusorte wie Rothenburg ob der Tauber oder Weimar. Überdies weisen fast alle großen deutschen Städte aus unterschiedlichen Gründen hohe Übernachtungszahlen auf. Ein Teil der Tourismusregionen profitiert von der naturräumlichen Eignung der Region, insbesondere im Umland der großen Nationalparks.

Touristische Destinationen

Die Ostseeküste (Holsteinische Schweiz, Darß, Rügen, Usedom), die Nordseeküste (vor allem Nord- und Ostfriesische Inseln) und die Alpenregion sind die wichtigsten Tourismusregionen in Deutschland. An der Küste dominieren Seebäder, im Alpenraum Luftkurorte, Heilbäder und Wintersportorte. Entsprechend unterschiedlich ist der Saisonverlauf. Gemeinsam ist allen Gebieten eine Sommersaison, die fast drei Monate lange Wintersaison ist aber nur in den Alpen ausgeprägt. Im Schwarzwald, dem Bayerischen Wald und den Mittelgebirgen zwischen Eifel und Erzgebirge gibt es neben Kurorten vor allem Heilbäder. In den höheren Lagen, insbesondere im Bayerischen Wald und Schwarzwald, liegen Wintersportorte. Auch in diesen Regionen gibt es meist eine ausgeprägte Wintersaison. Führend im Großstadttourismus sind die Millionenmetropolen Berlin, München und Hamburg, aber auch andere Städte erreichen hohe Übernachtungszahlen. Manche sind Messestädte wie Hannover, andere werden vornehmlich aufgrund ihrer historisch-kulturellen Bedeutung besucht (z. B. Dresden). Bedeutsame neuere Formen des Tourismus sind der Besuch von Musicals (v. a. Hamburg, Stuttgart, Rhein-Ruhrgebiet) oder großen Kultur- und Sportevents. Während Aufenthalte in peripheren Räumen meist länger sind, gibt es im Städtetourismus oft nur ein bis zwei Übernachtungen. Hinzu kommen allerdings viele Tagesgäste. Spitzenwerte werden zumeist anlässlich von Messen, Ausstellungen und Events erreicht. Die Objekte des touristischen Interesses sind unterschiedlicher Art. Sie reichen von historischen Stadtbildern (z. B. ehemalige Residenzen, Kaufmanns- und Domstädte), Museen und Sammlungen, kulturellen Veranstaltungen bis hin zum Shopping-Tourismus. Eine spezielle Form des Tourismus bedienen Freizeit- und Erlebnisparks, die nicht zwangsläufig in Tourismusregionen liegen müssen. Zwar gibt es auch solche (z. B. Hansa-Park in Sierksdorf), meist sind aber die verkehrsgünstige Lage und die Nähe zu Verdichtungsräumen entscheidend (z. B. Phantasialand bei Köln, Movie Park im nördlichen Ruhrgebiet). Auch die UNESCO-Welterbestätten sind Anziehungspunkte für den Tourismus. In Deutschland gab es 2018 42 Welterbestätten, davon 39 Weltkultur- und drei Weltnaturerbestätten. Mit der Ernennung von Welterbestätten soll ein Beitrag zum Schutz und Erhalt außergewöhnlicher Kultur- und Naturdenkmäler geleistet werden. Um als UNESCO-Welterbe anerkannt zu werden, müssen streng festgelegte Kriterien erfüllt werden.

Nachhaltiger Tourismus

Angesichts zunehmender Umweltbelastungen durch Reiseverkehr, Lärm, Müll, Ressourcen- und Landschaftsverbrauch, wie er zum Beispiel in einigen Wintersportorten in den Alpen zu beobachten ist, haben in den letzten Jahrzehnten landesweit Angebote für einen nachhaltigen Tourismus etwa in der Form von Fahrrad-, Wander- oder Ökotourismus stark zugenommen.

Prädikatisierung der Tourismusorte

Große Bedeutung besitzt in Deutschland die Prädikatisierung der Tourismusorte, das heißt die Anerkennung etwa als Kurort und Heilbad. Heilbäder sind in ihrer Lage in der Regel an natürliche Heilmittel gebunden, zum Beispiel an mineralreiches und/oder warmes Wasser oder Moore. Thermen oder kohlensaure Quellen sowie Schwefel- oder Mineralquellen treten beispielsweise an Verwerfungslinien des tieferen Untergrundes auf. So kommt es nicht selten zu einer linienhaften Anordnung von Heilbädern wie im Oberrheingraben (u. a. Baden-Baden). Solequellen setzen Salzgesteine voraus. Die Bezeichnung „Heilbad“ wird erst nach sorgfältiger Prüfung vergeben, die in Deutschland auf gesetzlicher Grundlage beruht. Sie umfasst Mindestanforderungen in Bezug auf Qualität und Menge des Heilmittels, klimatische Ausstattung und Infrastruktur (Kureinrichtungen). Alle zwei Jahre findet eine erneute Überprüfung der Merkmale statt. Bekannt für Solebäder sind zum Beispiel Baden-Baden, Wiesbaden und Bad Reichenhall. Schwefelbäder gibt es zum Beispiel in Aachen, Jod- und Brombäder in Bad Kreuznach, Bad Orb oder Bad Salzuflen. Seebäder müssen definitionsgemäß am Meer liegen und über ausreichende Bade- und Kureinrichtungen verfügen. Seeheilbäder haben darüber hinaus ein geregeltes Kurwesen mit medizinischer Betreuung aufzuweisen, außerdem muss ihre Heilwirkung überprüfbar sein. Weil die Wassertemperaturen in Deutschland nur im Sommer über 16 °C liegen, gibt es bei Seeheilbädern eine ausgeprägte Sommer-Saisonalität. Luftkurorte bilden eine heterogene Gruppe. In den höheren Lagen der Mittelgebirge oder Alpen zum Beispiel weisen sie ein Reizklima auf, das durch niedrigeren Luftdruck, geringeren Sauerstoffgehalt und kräftige Luftbewegung charakterisiert wird. Für die Prädikatisierung als Luftkurort müssen die klimatischen Voraussetzungen wissenschaftlich nachgewiesen sein. Außerdem müssen auch Lage und Umgebung eines solchen Ortes gewissen Anforderungen entsprechen.

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