Deutschland - Naturraum

Deutschland - Deutschland - Naturraum
978-3-14-100770-1 | Seite 54 | Abb. 1| Maßstab 1 : 3500000

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Überblick über die Großlandschaften – nördlicher Teil
Zur Nordseeküste zählen die vorgelagerten Inseln, Halligen und Platen, das Watt, die Marschen und die großen Flussmündungen. Die Landschaft wurde geprägt durch die Senkung des Nordseebeckens seit dem Tertiär, die mehrfache Eisbedeckung im Quartär und den nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieg. Im Kartenbild fallen zum einen Gebiete unterhalb des Meeresspiegels auf – etwa bei Emden (minus 2,3 Meter) Itzehoe (minus 3,5 Meter) und Oldenburg (minus 0,3 Meter) – zum anderen Landflächen mit veränderlicher Küstenlinie; zu diesen "Sanden" an der Nordseeküste zählen unter anderem Scharhörn, Trischen oder St. Peter Ording.
Die Ostseeküste umfasst sehr unterschiedliche Küstenformen mit Förden, Buchten, Ausgleichsküste, Bodden und Haff, die aber alle ihre Grundprägung während der Eiszeiten, vor allem der Weichseleiszeit, und durch den nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieg erhalten haben.
Die nacheiszeitliche Küstendynamik (z. B. die Exposition zu Meeresströmungen) hat wesentlich zur heutigen Gestalt der Küsten beigetragen.
Die Landschaften des Norddeutschen Tieflandes zwischen der Küstenregion und der Mittelgebirgsschwelle wurden während der Eiszeiten geformt. Sie gehören entweder zum Jung- bzw. Altmoränengebiet oder zu den nur periglazial beeinflussten Landschaften des Tieflandes. Die Jungmoränengebiete wurden während der letzten Eiszeit, der Weichseleiszeit, glazial umgeformt. Sie lassen sich grob in Grund- und Endmoränen, Sander sowie Urstromtäler bzw. Schmelzwasserabflussrinnen gliedern. Sie sind, wie die zahlreichen Seen im Kartenbild zeigen, sehr gewässerreich. Wichtige Teillandschaften sind die Insel Rügen, die flachen vorpommerschen Niederungen, der Norddeutsche Landrücken mit der Mecklenburgischen Seenplatte und die vorgelagerten Niederungen der Elbe und ihrer Nebenflüsse.
Die Altmoränengebiete wurden vor allem während der älteren Saaleeiszeit glazial geformt und während der jüngeren Weichselkaltzeit periglazial überformt. Die ehemals frischen glazialen Formen wurden später abgetragen und eingeebnet. Die Altmoränengebiete sind mit Ausnahme der großen Flüsse gewässerarm und enthalten mancherorts Lössablagerungen. Zu den im Kartenbild gut erkennbaren Teillandschaften zählen der Südliche Landrücken (Lausitz, Fläming, Altmark, Lüneburger Heide) die Geestlandschaften an der Nordsee, die großen Flusstäler und die heute stark vermoorten westniedersächsischen Niederungen.
Periglazial geprägt ist das Vorland der Mittelgebirgsschwelle. Eventuelle Spuren des glazialen Formenschatzes älterer Eiszeiten sind hier kaum noch erkennbar. Teillandschaften sind das Münsterland und der Niederrhein sowie Teile der Halle-Leipziger Tieflandsbucht.
(Zu den Mittelgebirgslandschaften im Kartenbild: vgl. Anmerkungen Zu Karte 18.)

Überblick über die Großlandschaften – mittlerer Teil
Geologisch gesehen weist der mittlere Teil Deutschlands vier wesentliche Bestandteile auf: das variszische Grundgebirge, das Deckgebirge aus den Sedimenten des Zechsteins und des Erdmittelalters, die jungen vulkanischen Gesteine sowie die jungen Sedimente der Erdneuzeit. In Abhängigkeit von der tektonischen Entwicklung (Art, Größe und Lage der Bruchschollen; Hebung/Senkung), der Beschaffenheit des Gesteins und dem Wechsel des Klimas wurden charakteristische Landschaften geformt.
Die Hochschollen wurden stark herausgehoben und ihr Deckgebirge abgetragen, wodurch das Grundgebirge hervortrat. Heute prägen weiträumige Einebnungsflächen einen Teil dieser Hochschollen wie Harz und Eifel. Andere Hochschollen haben eher den Charakter schmaler Gebirgskämme, etwa Hunsrück, Taunus und Thüringer Wald. Auch Fichtelgebirge, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald sind Hochschollen, sie bilden den Ostrand der Stufenlandschaften Süddeutschlands. Je nach ihrer Entstehung haben die Mittelgebirge markante Formen, etwa das Erzgebirge als sogenannte Pultscholle – mit einer relativ geringen Neigung nach Nordwesten und einem markanten Abbruch zum Tal der Eger im Südosten – oder die Horst-Strukturen beim Harz.
Die Tiefschollen wurden nicht so stark gehoben, zum Teil sanken sie sogar ab. Auf ihnen blieben die Sedimente des Deckgebirges weitgehend erhalten. Thüringer Becken und Wetterau sind typische Becken und Senken. Sie sind im Vergleich zu den Hochschollen reliefarm, ihre Ränder werden zum Teil durch Schichtstufen markiert.
Elbsandsteingebirge und Teile des Hessischen Berglandes sind hingegen Beispiele für stärker herausgehobene Tiefschollen, die Mittelgebirgscharakter haben; an manchen Stellen weisen sie einen markanten, gesteinsbedingten Formenschatz mit Spuren jüngerer vulkanischer Aktivitäten auf. Vogelsberg und Rhön etwa verdanken ihre Gestalt unter anderem auch vulkanischen Prozessen. Im Kartenbild deutet etwa der Laacher See in der Eifel, ein Maar, oder die Form des Vogelsberges darauf hin.
Die Stufenlandschaften Süddeutschlands sind durch den Gegensatz von weit gespannten, verhältnismäßig reliefarmen Landschaften und markanten Stufen charakterisiert. Das Deckgebirge blieb auch hier erhalten. Häufig wechselnde, unterschiedlich widerständige Gesteine, vor allem Sandstein und Muschelkalk, sowie anhaltende Abtragungsprozesse haben das heutige Relief geprägt; Beispiele hierfür liefern Pfälzer Wald, Hohenloher Ebene, Grabfeld, Frankenwald, Spessart und die Fränkische Alb. Besonders auffällig sind die markanten Schichtstufen.
Eine Sonderstellung nimmt der Oberrheingraben ein (vgl. 45).
Ein weiteres auffälliges Merkmal ist die Wechselbeziehung zwischen Relief und Gewässernetz, die sich insbesondere am Verlauf des Rheins nachvollziehen lässt. Während der Fluss – dem Oberrheingraben folgend – südlich von Mainz in einem breiten, weitgehend ebenen Tal verläuft, schneidet er nördlich von Mainz ein enges Flusstal mit Steilhängen in die Mittelgebirgsschwelle von Hunsrück bzw. Eifel im Westen und Taunus bzw. Westerwald im Osten. Viele Flüsse sind durch Regulierungen (Rhein, Elbe), Kanalisierungen (Regenz) oder Staustufen (Main, Mosel und Neckar) schiffbar gemacht. In den Mittelgebirgen liegen die meisten der deutschen Stauseen und Talsperren, etwa im Harz, im Rothaargebirge und im Sauerland.

Überblick über die Großlandschaften – südlicher Teil
Die Schwäbische Alb zählt zu den Stufenlandschaften Süddeutschlands. Sie geht im Bereich des Nördlinger Rieses, eines wegen seiner Form auffälligen, 14,4 Mio. Jahre alten Meteoritenkraters, in die Fränkische Alb über. Im Westen grenzt sie an den höhergelegenen Schwarzwald. In Teilen des Schwarzwaldes tritt, wie in den Hochschollen der Mittelgebirgsschwelle, das kristalline Grundgebirge zutage. Im Norden und im Westen ist das Deckgebirge erhalten.
Die Oberrheinische Tiefebene zwischen Basel und Mainz ist in der Karte besonders auffällig. Die stark nordsüdlich ausgerichtete Tiefebene folgt den im Tertiär entstandenen tektonischen Strukturen des Oberrheingrabens, der mit mächtigen jungen Sedimenten aufgefüllt ist.
Als Alpenvorland wird in Deutschland der Raum zwischen dem nördlichen Alpenrand und einem Bogen aus Schwäbischer Alb, südlicher Fränkischer Alb und Bayerischem Wald bezeichnet. Diesem markanten, auch im Kartenbild leicht zu verfolgenden Bogen folgt im Wesentlichen auch der Lauf der Donau. Das Alpenvorland ist als Außenzone der Alpen Ablagerungsgebiet des Abtragungsschuttes der Alpen. Nur ein Teil des Alpenvorlandes war während der letzten Eiszeiten vergletschert. Gut erkennbar sind die großen Seen, die Produkte der glazialen Formung sind. Tiefster See der Region ist der Bodensee mit 252 Metern Tiefe.
Die Lage der großen Seen markiert den Nordrand des Jungmoränengebietes, das sich auch in Österreich fortsetzt. Der Formenschatz dieser Gebiete ist zum Teil ein anderer als der des Norddeutschen Tieflandes (z. B. Schotterfelder im Alpenvorland, Sander in Norddeutschland als großflächige Aufschüttungen des Schmelzwassers). Das Gebiet nördlich der Linie Augsburg – Salzburg war nicht vergletschert. Im Kartenbild sind die Abdachung des Alpenvorlandes in Richtung Dungau und die Ausrichtung des Gewässernetzes auf die am Nordrand liegende Donau gut zu erkennen. Entlang der Flüsse fallen die Staustufenketten an Iller, Lech, Isar und Inn sowie am Rhein bis Basel auf, vielerorts sind auch Spuren der Flussregulierung deutlich sichtbar, etwa im Falle der rheinparallelen Kanäle zwischen Basel und Straßburg oder an der Altmühl unterhalb von Dietfurt.
Zwischen der Salzach und dem Bodensee hat Deutschland einen Anteil von 2,2 Prozent am Hochgebirge der Alpen. Die Alpen treten im Kartenbild durch die dunkelbraune Signatur hervor. Sie sind das Ergebnis intensiver Hebungsprozesse in jüngerer Zeit; auch die Bildung der Mittelgebirgsschwelle ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Intensive Abtragung (in Abhängigkeit vom Gestein) und glaziale Überformung gaben den Alpen ihr heutiges Aussehen. Markant sind die Quertäler des Inn und der Salzach.
M. Felsch

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